Es gibt verschiedene Wege, bezüglich des Marketings für einen Film mit dem Tod eines der tragenden Schauspieler umzugehen. "The Dark Knight" oder "Furious 7" stellten die Tatsache, dass Heath Ledger oder Paul Walker nach bzw. während des Drehs verstarben, niemals in den Fokus und warben auch nicht mit einem letzten Auftritt der Schauspieler, was definitiv als löblich angesehen werden muss. Den entgegengesetzten Weg ging das Drama "Boulevard", welches klar mit dem letzten Kinoauftritt von Robin Williams wirbt. Ob man das geschmackvoll finden kann oder nicht, sei jedem selbst überlassen. Klar ist jedoch, dass Williams der größte Trumpf in einem ohnehin guten Film ist.
BOULEVARD
Nolan Mack (Robin Williams) ist mehr als unzufrieden, wie sein Leben verlaufen ist: Seit fast sechsundzwanzig Jahren arbeitet er in der gleichen Filliale einer Bank und ebenso lange ist er auch mit seiner Frau Joy (Kathy Baker) verheiratet. Nolan ist sechzig Jahre alt und hat das Gefühl, sein Leben verschenkt zu haben... bis er auf der Heimfahrt an einem Straßenstrich vorbeifährt und dabei den Prostituierten Leo (Roberto Aguire) kennenlernt. Von Anfang an ist Nolan von dem Jungen fasziniert und nachdem er tatsächlich Gefühle für ihn entwickelt hat, versucht er, ihn aus seinem Tief herauszuholen und ihm neue Chancen im Leben zu ermöglichen.
Eine tragische Note hat "Boulevard" ungewollt ohnehin schon mal. Mit dem Tod seines Hauptdarstellers nur wenige Monate nach Abschluss der Dreharbeiten legte sich natürlich ein Schatten über den Film und man denkt darüber nach, wie viel Energie der Schauspieler wohl noch in diese sehr tiefgreifende Rolle gesteckt hat. Anscheinend jede Menge, denn ganz gleich, ob man hier einiges von Williams' realer Verzweiflung sieht oder er dies einfach nur sehr gut gespielt hat... wir kleben an ihm. Robin Williams war ein Mime, der sicherlich auch in seinen schlechteren Filmen immer gut war und es ist auch in "Boulevard" wohl nicht seine beste Leistung, aber sicherlich eine, die unter seine stärksten fallen wird. Zurückgenommen, sensibel und voller Melancholie spielt er diesen bemitleidenswerten und in seinem Leben unzufriedenen, letztendlich auch überforderten Nolan Mack, mit dem wohl keiner von uns tauschen mag... denn so richtig gut spielt ihm das Leben trotz sicherem Job, langer Ehe und einem guten Freund nicht mit. Williams vermag es, jegliche Gefühlslage dieses interessanten Charakters oft nur alleine durch Blicke preiszugeben, was dem Film eine wunderbare, intensive Tiefe verleiht. Davon lebt dann auch die im Mittelpunkt stehende Beziehung zwischen Nolan und dem Prostituierten Leo. Mit wie viel schüchterner Hingabe, mit wie viel Mut beide Darsteller bei diesem doch recht schwierigen Thema (welches sogar in den Trailern verschwiegen wurde, wohl um das popcornmampfende Standardpublikum nicht zu verschrecken und die Neugier auf den Film hochzuhalten) agieren, das verdient absolute Bewunderung. Bewundernd kann man die Story des Films an sich dann aber nicht mehr benennen, denn wo "Boulevard" in seiner ersten Hälfte noch ein sehr ruhiges, einfühlsames und interessant-homogenes Drama ist, tappt es nach der Halbzeit dann doch in einige Klischees, die mit etwas mehr Wagemut locker hätten umschifft werden können. Wie das Stück ausgeht, ist schnell relativ klar und mit großen Überraschungen will der Film eh nicht trumpfen, da ist es dann schon schade, dass sich das Werk auf den Schritten zum Finale einigem unnötigem Kitsch hingibt. Zuvor haben wir dafür aber einige sehr intensive Szenen gesehen, die besonders von ihrem Hauptdarsteller und dem Nachwuchs-Mimen Roberto Aguire leben. Da vergessen wir dann sogar mal "Breaking Bad"-Star Bob Odenkirk in einer größeren und sogar prägnanten Nebenrolle als Nolans bester Freund Winston. Fazit: Voll und ganz auf seinen großartigen Hauptdarsteller zugeschnittenes Drama, welches nicht alle Klischees umschifft und deswegen später an Tempo verliert, zuvor aber mit viel Tiefe, Mut und Sensibilität überzeugt.
Note: 3+
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