Nun habe ich dieses Jahr tatsächlich wieder die Nacht durchgemacht und mich durch einen folgenden, müden Tag gekämpft, um mir die Oscar-Verleihung anzusehen. Große Überraschungen waren zwar nicht dabei, aber immerhin hat Leonardo DiCaprio endlich seine goldene Statue. Nachdem die Verleihung mit der Auszeichnung für "Spotlight" als bester Film über die Bühne gegangen war, beschloss ich, den Streifen, der passend direkt am vergangenen Donnerstag in den Kinos angelaufen war, direkt zu sehen. Das letztendliche Fazit, welches ich dem Drama gebe, hat dabei klare Ähnlichkeiten zu dem von "12 Years a Slave" ergeben...
SPOTLIGHT
Im Jahr 2001 stößt der Journalist Marty Baron (Liev Schreiber) neu zu der Tageszeitung "Boston Globe" und auch zu der vierköpfigen Truppe "Spotlight", ein hauseigenes Investigativ-Team, welches aus den Journalisten Michael Rezendes (Mark Ruffalo), Walter Robinson (Michael Keaton), Sacha Pfeiffer (Rachel McAdams) und Matt Carroll (Brian d'Arcy James) besteht. Diese stoßen durch genauere Recherchen und durch einen Wink mit dem Zaunpfahl von Baron auf einen eventuellen Skandal. Mit der Zeit stoßen die fünf auf etliche Fälle, in denen sich Priester der katholischen Kirche in Boston an Kindern vergangen haben sollen. Als "Spotlight" näher nachforscht, bringen sie dabei eine ganze Menge erschütternden Dreck ans Tageslicht...
Wieso der Vergleich zu "12 Years a Slave" im Intro? Ganz einfach: Beide Filme gewannen nun die höchste Auszeichnung, die man im Filmbusiness so bekommen kann, beide setzen sich mit einem heftigen, unschönen und dennoch geschichtlich sehr relevanten Thema auseinander... und in beiden Fällen scheint es so, als hätte die Academy hier leicht geblendet lieber eben dieses Thema ausgezeichnet als den Film an sich. Schon damals, im Jahr 2014, gaben mehrere Jury-Mitglieder zu, das Drama über einen misshandelten Sklaven nicht gesehen zu haben und dennoch für ihn gestimmt zu haben... eben wegen des Themas. Dass dies hier nun ähnlich gelaufen sein könnte, ist zwar nicht ganz so wahrscheinlich, dennoch drängt sich dieser Vergleich hier auf. "Spotlight" ist dabei ebenso wenig wie das Drama von Regisseur Steve McQueen ein schlechter Film, bei weitem nicht. Es ist ebenso ein sehr, sehr wichtiger Film, der sich eines extrem wichtigen Themas annimmt, welches keinesfalls unter den Teppich gekehrt werden darf und alleine deswegen hat das Werk schon seine große Daseinsberechtigung. Und keine Frage, "Spotlight" schafft es immer wieder, uns mit den leider realen Fakten zu schockieren und so einige brutale Wahrheiten wieder ins Gedächtnis zu rufen. So ist das also alles gewesen? Nicht wenige dürften mit einem sehr flauen Gefühl in der Magengegend den Kinosaal verlassen haben. Dass der Film sich diesem Thema aber mit jeglicher Härte widmen würde, war klar, nun muss sich die Frage stellen, ob er denn auch als Film an sich überzeugt. Und hier lautet das strenge Urteil meinerseits: nicht ganz. Es ist mutig und löblich, "Spotlight" eben als genau das zu inszenieren, was er eigentlich ist: Akribische, kleinkarierte Recherche-Arbeit, langwierige Suchen nach neuen Puzzlestücken, das Befragen von Zeugen, die nicht reden wollen, die Angst, dass all diese Straftaten nicht mehr geahndet werden. Für viele dürfte der Film daher schon recht früh blass, unspannend und trocken sein. Und trocken ist er ab und an, das stimmt. Auch lässt sich nicht leugnen, dass sich "Spotlight" in seinem recht langen Mittelteil das ein ums andere Mal im Kreis dreht. Das ist aber halb so schlimm, viel gewichtiger ist die Tatsache, dass das Werk von Regisseur Tom McCarthy uns emotional nicht wirklich packen möchte, da der Film einen zu einfachen Weg geht: Er schockt uns mit bekannten, schrecklichen Fakten, knallt uns diese ungeschönt vor die Stirn... aber mehr tut er nicht. Die Figuren werden nicht über den Stand ihrer Arbeit hinaus charakterisiert, Spannung will nicht aufkommen und im Grunde tut "Spotlight" eben nichts weiter als uns immer wieder die böse Realität vor Augen zu führen, was auf Dauer dann doch ein wenig ermüdend ist. Dass die Besetzung dabei Gutes leistet und besonders Mark Ruffalo in einer elektrisierenden Performance heraussticht, kann die Begeisterung nur teilweise wieder erwecken. Leider muss man hier dann eben, auch wenn man hier auf einigermaßen hohem Niveau jammert, ein ähnliches Fazit wie bei dem zwei Jahre zuvor prämierten "12 Years a Slave" ziehen: "Spotlight" ist ein wichtiger Film, er hat ein wichtiges Thema, er rüttelt auf und zeigt Wahrheiten. Aber es ist sicher nicht der beste Film des vergangenen Jahres, denn dafür ist er zu kalkuliert und auch irgendwie überbewertet. Ein sehenswertes Werk sicherlich, aber das Thema an sich ist interessanter und gewichtiger als der Film dazu.
Note: 3
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