Direkt zum Hauptbereich

Spiel mir das Lied vom Tod

Ich hasse es, wenn mir Klassiker, die ansonsten weithin als Meisterwerke angesehen werden, nicht gefallen. Ich fühle mich dann stets so, als hätte ich das Werk nur nicht verstanden, als wäre ich vielleicht ein Kunstbanause, der den Film nicht zu schätzen weiß. Aber wie dem auch sei, ich muss meine Meinung unverfälscht kundtun und nur weil ein Film ungebrochen zu den Klassikern der Filmgeschichte gehört, muss er einem natürlich nicht gleich gefallen. "Spiel mir das Lied vom Tod" ist dafür ein Paradebeispiel, denn so sehr ich mich gezwungen habe, den Film auf Teufel komm raus gut zu finden... es wollte mir nicht gelingen.

SPIEL MIR DAS LIED VOM TOD


Als die frisch verheiratete Jill McBain (Claudia Cardinale) von New Orleans zu ihrem Mann in den Westen reist, findet sie ihn und seine drei Kinder ermordet vor. Der Verantwortliche ist der Cowboy Frank (Henry Fonda), welcher somit einen Auftragsmord begang... aus noch unklaren Motiven. In einer Bar trifft Jill schließlich auf einen schweigsamen Cowboy (Charles Bronson) mit einer Mundharmonika, dem der Mord an der Familie McBain in die Schule geschoben werden soll, der jedoch noch eigene Pläne mit den Killern hat und daher beschließt, die junge Frau zu beschützen.

Nein, ein schlechter Film ist das hier natürlich keineswegs, denn dafür ist er viel zu gut inszeniert. Die klar beherrschende, intensive und eindringliche Musik von dem großen Ennio Morricone, der hier einige der bekanntesten Kompositionen der Filmgeschichte erschuf und gerade mit den Klängen einer einsamen Mundharmonika für Gänsehaut sorgt, ist fantastisch, ebenso wie das beeindruckende Set-Design und die graziöse Kamera, welche Bilder erschafft, die noch heute für Staunen sorgen. Generell fällt auf, wie gut "Spiel mir das Lied vom Tod" gealtert ist. Klar sieht man dem Film seine bald fünfzig Jahre an, aber alles wirkt noch immer taufrisch... das könnte allerdings daran liegen, dass ich mir die auf der Blu-Ray befindliche restaurierte Version angesehen habe und nicht die originale Kinoversion, die dann vermutlich noch ein wenig verstaubter und älter ausgesehen hätte. Dass Sergio Leone ein Meister seines Fachs ist, merkt man, wie akribisch er einzelne Szenen durchchoreographiert und dabei auf jedes winzige Detail achtet. Leone war eben schlichtweg so gut, dass sich sogar ein Quentin Tarantino bis heute von ihm und seinen Werken inspirieren lässt und das will schon etwas heißen. Doch ein guter Film steht und fällt eben auch mit seinem Drehbuch und das ist hier dann leider (und ja, ich rechne mit heftigen Ausschreitungen) mau geraten. Ich habe mich weder für die Charaktere noch für das Fortschreiten der Handlung interessiert, da mit die gesamte Geschichte zu flach und auch viel zu langatmig erzählt worden war. Bis alle handlungstragenden Charaktere vorgestellt wurden, ist schon eine Stunde rum und es dauert dann noch einmal eine ganze, lange Weile bis wirklich klar wird, wer hier gerade nach wem und warum auf der Jagd ist. Das ganze "Warum" ist dann aber schlussendlich so willkürlich und so vorhersehbar, dass das ganze Brimborium zu Beginn und das Aufziehen der Geschichte als großes Western-Epos so sicher nicht nötig gewesen wäre. Die Figuren bleiben seltsam schablonenhaft, da hilft es wenig, dass sie alle mit den damaligen Stars des Genres grandios besetzt sind und vor allem Charles Bronson mit eiskaltem Blick die perfekte Verkörperung des Mundharmonika spielenden, schweigsamen Mannes darstellt, der eine schwere Vergangenheit nach sich zieht. In dem ansonsten meist recht wortkargen und von langen Bildern ohne Schnitt durchzogenen Film passiert ansonsten aber nicht wirklich viel. Die Geschichte nimmt keinerlei Wendungen und braucht sehr, sehr lange, um wirklich mal in Fahrt zu kommen, hat dann am Ende aber eben auch nicht wirklich viel zu erzählen, sodass das epische Duell der beiden verfeindeten Parteien am Ende nur noch eine Pflichtszene darstellt, die eben in einen guten Western gehört. Es liegt vielleicht an meiner generellen Abneigung dem Genre gegenüber, mit dem ich ja noch nie richtig warm geworden bin, doch auch in diesen Klassiker kam ich irgendwie nicht wirklich rein. Fazit: Inszenatorisch meisterhaft bietet "Spiel mir das Lied vom Tod" eine leider sehr abgedroschene und extrem in die Länge gezogene Geschichte, welche keine 165 Minuten rechtfertigt und außer den tollen Bildern und dem fantastischen Soundtrack schockierend wenig zu bieten hat und kaum Substanz aufweist.

Note: 4+


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se