Auf dem Filmmarkt hat Netflix finanziell zwar schon richtig Fuß gegriffen und durfte mit dem positiv aufgenommenen "Auslöschung" sogar schon ein Werk auf dem eigenen Streaming-Portal veröffentlichen, welches zuvor eigentlich fürs Kino gedacht war. Wenn Netflix selbst Hand an solcherlei Produktionen legt und nicht nur das Studio mimt, dann wird es aber immer wieder ein bisschen peinlich. "Bright" war vergangenen Dezember nicht so schlecht, wie es allerorts von den Dächern schallte, aber sicherlich auch nicht gut und zuvor hatte man sich mit Filmen wie "War Machine", "The Discovery" und dieses Jahr bereits mit "The Cloverfield Paradox" recht deutlich in den Sand gesetzt. Und auch "Mute" bildet dabei keine Ausnahme, der sogar in den Genuss kommt, vielleicht die bisher schlechteste Netflix-Produktion zu sein...
MUTE
2052: Der stumme Barkeeper Leo Beiler (Alexander Skarsgard) fristet im Berlin der Zukunft ein ruhiges Leben - das einzige, wirkliche Licht ist seine feste Freundin Naadirah (Seyneb Saleh), mit welcher er auch zusammenarbeitet. Als diese eines Tages spurlos verschwindet, bricht für Leo, der seine Freundin zuvor auch bereits vor ungehobelten Gästen verteidigt hatte, eine Welt zusammen. Ungeachtet der Gefahren macht er sich auf, sie zu finden. Dabei legt er sich auch mit dem skrupellosen Geschäftsmann Cactus Bill (Paul Rudd) an, der bereits eigene Probleme hat, indem er seine Tochter umsorgen und sich mit seinem Freund und Kollegen Duck Teddington (Justin Theroux), der pädophile Neigungen offenbart, herumschlagen muss...
Mister Duncan Jones, was wollen Sie mir hier eigentlich erzählen? Jones war definitiv (oder ist es vielleicht noch immer, man will ihn ja nicht gleich ganz abschreiben) ein sehr versierter Filmemacher - mir gefielen sowohl "Source Code" als auch "Warcraft" und in Teilen auch "Moon". Was er hier nun aber gemeinsam mit Streaming-Gigant Netflix abliefert, kommt einer Totalpleite verdammt nah. Sie bewegen sich im Deutschland einer weiter entfernten Zukunft, wobei der Handlungsort allerdings bis auf den auftretenden deutschen Jungdarsteller Jannies Niewöhner (unter anderem bekannt aus "Jugend ohne Gott") keinerlei Rolle spielt. Optisch hat man sich dabei ganz offensichtlich von einem Klassiker des Genres beeinflussen lassen und schien diesen auch atmosphärisch nachahmen zu wollen - dass es keine gute Idee ist, einen "Blade Runner" optisch kopieren zu wollen, ohne dabei eigene Ansätze auszuprobieren und hinzuzufügen, hat Jones aber offenbar niemand gesagt. So verspielt eine solide Optik ihre Reize schnell in kargen und düsteren Gängen, Kellern und Bars und wirkt dabei billiger als sie es wohl sein sollte.
Doch die Optik ist bei diesem Machwerk sicherlich noch das geringste Problem, denn im Gegensatz zu dem katastrophalen Drehbuch kommt diese einer Meisterleistung gleich. Jones stopft alles hinzu, was man sich nur denken kann: Sozialkritik, absurde und krankhafte Taten der Charaktere, Liebe, Verlust, Zukunftsvision, schräger Witz, Thrill... man konnte sich offenbar nicht entscheiden, was für eine Art Film man machen möchte, weswegen hier einfach alles seinen Platz findet, ohne dass sich diese verschiedenen Genres auch nur ansatzweise rund finden wollen. Dies führt dazu, dass "Mute" im Grunde über zwei qualvoll lange Stunden seltsam vor sich mäandert, seine Charaktere auf irgendeine Art Reise schickt, die aber nur von einem Orts-Hopping zum nächsten führt, wobei sämtliche Belange, persönliche Reize und besonders die Beziehungen der Figuren untereinander zurückstecken oder eben auch gar nicht thematisiert werden, frei nach dem Motto, dass die Optik es schon irgendwie reißen wird.
So interessiert den Zuschauer die komplizierte Bindung zwischen Cactus Bill und seinem Compadre Duck im Grunde gleich null, da das Drehbuch zwar viel Konfliktpotenzial vorgibt, dieses aber auch nur auf der Behauptungsebene funktioniert - der Film verpasst es, solcherlei Probleme glaubhaft zu vermitteln. Ebenso sieht es in der Liebesbeziehung zwischen Leo und Naadirah aus, die vollkommen blutleer bleibt und nicht einmal auch nur ansatzweise Funken sprüht. Diese vier Figuren und auch noch ein paar weitere quasseln sich nun mit leeren Phrasen und manch einem brutalen Ausreißer durch ein seltsam-wirres Nichts an Handlung. Keine Aussage trifft, es gibt kaum ein richtiges Ziel, die Handlung schleppt sich ratlos vor sich hin.
Dabei trifft weder die Zukunftsvision, die wie schlecht kopiert wirkt und ansonsten eigentlich kaum Schlüsse für die Geschichte übrig hat, noch der kleine Funken an absurdem Humor, der bemerkenswert peinlich gerät. Einzig Paul "Ant-Man" Rudd und "Girl on the Train"-Star Justin Theroux versuchen mit schrillen Leistungen den Karren aus dem Dreck zu ziehen, doch angesichts dessen, dass ihnen das miese Skript immer wieder riesige Steine in den Weg wirft, um auch ihre Figuren zu undurchsichtigen, schwach beleuchteten Abziehbildern zu machen, können auch diese talentierten Mimen wenig ausrichten. Hauptdarsteller Alexander Skarsgard, bekannt als Titelheld in der letzten "Tarzan"-Realverfilmung, bleibt dabei dann auch gleich vollkommen blass.
Fazit: Katastrophales Netflix-Original, ein wirrer Genre-Hopper mit blasser Handlung. Schlecht kopiert, vollkommen unnütz in seinen verqueren Aussagen, unglaublich zäh und mit einem Skript gesegnet, welches mehr wie ein schlechter Scherz denn ein ernster Versuch für einen überzeugenden Film wirkt.
Note: 5-
Kommentare
Kommentar veröffentlichen