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Tote Mädchen lügen nicht - Die zweite Staffel

Die erste Staffel der kritischen Drama-Serie "13 Reasons Why" entfachte einen gigantischen Hype bezüglich der Themen Suizid, Mobbing und sexuelle Belästigung und auch wenn die Show die Qualität nicht über dreizehn Folgen halten konnte, kommt man nicht umhin zu sagen, dass dieser gerechtfertigt war. Die Serie war spannend, bewegend und öffnete die Augen für Themen, die zuvor gerne unter den Teppich gekehrt wurden. Etliche Fragen blieben am Ende offen, sodass eine Fortsetzung des Plots im Grunde außer Frage stand... nur wie? Eine Buchvorlage gibt es dafür nicht mehr, die Serienautoren konnten also diesmal ganz frei mit den Charakteren umgehen. Das ruft erst einmal Skepsis wach, dennoch war ich neugierig, ob man die Qualität der ersten Season halten oder gar steigern würde.

TOTE MÄDCHEN LÜGEN NICHT - STAFFEL 2


Fünf Monate sind nach dem schockierenden Selbstmord Hannah Bakers (Katherine Langford) vergangen und an der Liberty High School ist der Alltag wieder eingekehrt. Erneuter Aufruhr wird nur durch den Prozess verursacht, der nun anläuft und sich mit den Gründen, die Hannah in den Suizid trieben, beschäftigt. Clay Jensen (Dylan Minnette) will sich aus diesem Thema mittlerweile heraushalten, doch kann er Hannah, so sehr er auch möchte, nicht erfolgreich aus seinem Kopf vertreiben, will Gerechtigkeit. Insbesondere dem Vergewaltiger Bryce Walker (Justin Prentice) will er seine gerechte Strafe zukommen lassen, doch dieser verdrehte die Geschichte und scheint seinen Kopf womöglich aus der Schlinge ziehen zu können. Clay braucht daher Hilfe... und könnte diese vielleicht von unerwarteter Seite erhalten.

Viele lose Fäden blieben am Ende der ersten Staffel zurück und die zweite Season nimmt sich dieser nun an, um sie zu ihrem Abschluss zu bringen. Die brennendste Frage war da natürlich, ob dies gelingen und man den offengelassenen Plots ein passendes Ende spendieren würde. Erhält Bryce noch seine Abrechnung? Wie geht Vertrauenslehrer Kevin Porter mit seinen Schuldgefühlen um? Was hat Tyler vor? Kann Clay in sein richtiges Leben zurückfinden? Und, und, und... und nun? Das Ende der dreizehnten Folge der zweiten Staffel lässt einen dabei in vielerlei Hinsicht ratlos zurück und das liegt an einer Tatsache: Es ist nicht das Ende. Ich habe eigentlich mit einem sauberen Abschluss gerechnet, besonders da eine dritte Staffel bislang auch noch nicht offiziell angekündigt ist und Hauptdarstellerin Katherine Langford bereits aussagte, dass sie nicht erneut zurückkehren wolle. Gut, diese wird nun tatsächlich nicht mehr gebraucht, trotzdem macht sich das ungute Gefühl breit, dass man das Hype-Thema einfach noch weiter ausschlachten möchte... und das, obwohl man nach zwei Staffeln bereits passend zu einem Ende hätte kommen können.
Diesem verweigern sich die Macher allerdings und das spürt man: Es dauert, bis sich wichtige Entwicklungen geben und die Autoren und Regisseure nutzen klischeehafte Mittel der Serienproduktion, um die Handlung passend für dreizehn Folgen zu strecken. Geheimnisse werden angedeutet, aber eben nicht wirklich gelüftet; die Protagonisten sehen etwas, schauen schockiert drein, doch dem Zuschauer wird nicht gezeigt, was sie denn nun so aus der Fassung bringt - auf die Auflösung muss man dabei stets mehrere Füllerfolgen lang warten. Man merkt der zweiten Staffel, noch ein bisschen mehr als der ersten gar, an, dass man sich die schockierenden Enthüllungen bis zum Schluss, bis zu den letzten drei oder vier Folgen aufsparen wollte, weswegen die Show zu Beginn und auch im mal wieder zähen Mittelteil spürbar durchhängt.
Sicher, es gibt sie immer wieder, die emotional ergreifenden Einzelszenen, die diesmal besonders durch das Zusammenspiel der einzelnen Charaktere funktionieren - da wird mehrmals die Loyalität gewechselt, ganze Lebensumstände werden überdacht, neue Freund- und auch Feindschaften entstehen. Die Macher haben ein Händchen dafür, diese doppelbödigen Figuren anständig zu schreiben und miteinander agieren zu lassen, sie brauchen aber auch zu lange, um sie wirklich aus ihrer Komfortzone zu holen und in den Ring steigen zu lassen. Die Macher wissen ganz genau, dass jeder Zuschauer auf die erneute Begegnung zwischen Jessica, Bryce und Justin warten und sie halten das Publikum dementsprechend hin... das gelingt dabei aber leider nicht immer auf galante Art und Weise.
Schwierig ist dabei auch der Versuch, Katherine Langford alias Hannah Baker, die ja den Dreh- und Angelpunkt der ganzen Geschichte darstellt, zurückzubringen. In erneuten Rückblenden entdecken wir weitere Puzzleteile, die manchmal neue schockierende Enthüllungen ans Tageslicht bringen. Nicht immer funktioniert das, an manchen Stellen spürt man einfach, dass manche Szenen zuvor so nicht gedacht waren und man eigentlich als gesetzt gesehene Infos aus der Vorgänger-Season abändert, um den Charakteren noch mehr Leben abzugewinnen - insbesondere der Handlungsstrang um Sportler-Ass Zach verliert dabei deutlich an Drive und Schwärze. Und über das Klischee, Hauptfigur Clay nun in seinem Kopf mit seiner verstorbenen Freundin reden zu lassen, sollte man lieber gänzlich den Mantel des Schweigens ausbreiten - das funktioniert im Grunde nie und sorgt für etliche, störende Längen.
Im Endeffekt klingt das härter, als es ist: Die Schauspieler agieren großartig und gegen Ende entfaltet die Serie, trotz einer etwas enttäuschenden, weil viel zu viele Handlungsbögen offenlassenden Finalfolge, wieder mal intensive Wucht. Das ist oftmals hart und schwer verdaulich, nicht verschönert, schonungslos ehrlich. Man hätte es aber flotter erzählen können, gar müssen, um den Zuschauer noch etwas härter zu treffen. Eine dritte Staffel wird also wahrscheinlich kommen - man kann dann aber nur hoffen, dass es danach zu Ende geht und wieder etwas mehr Tempo Einzug hält, um uns erneut unvermittelt zu erwischen.

Fazit: Die Macher brauchen zu lange, um emotionale Fallhöhen auszutarieren, sie halten den Zuschauer mehrfach durch klischeehafte Plotelemente hin. Dagegen stehen großartige Jungdarsteller, einige emotional grandios funktionierende Elemente und Szenen und Charaktere, die mittlerweile fantastisch harmonieren. Das reicht nicht für eine gute Serie, aber man ist immerhin noch drin.

Note: 3






Kommentare

  1. Toller Beitrag ! Ich finde es auch schade, dass die 2 Staffel nicht zum Ende geführt hat, weil es sich einfach so perfekt angeboten hätte, dennoch sind die etlichen Cliffhanger auch sehr packend und machen mich sehr neugierig. Ich finde es Interessant, wie sehr auf jeden einzelnen Charakter eingeganngen wird, wodurh man sie näher kennenlert. Das wird auch hoffentlich in der 3 Staffel weitergeführt... Ich habe nur etwas bange, ob die 3 nicht zu viel des Guten ist und sich einfach nur wie Kaugummi ziehen wird. Zudem ist Hannah Baker so wichtig in dieser Serie, und der Grund weshalb diese Serie überhaupt exestiert, weshalb ich mir vorstellen kann, dass in der 3 Staffel die Wichtigen Themen, weshalb es eigentlich 13 Reasons Why gibt, verloren gehen.... LG

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