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Love, Simon

Glücklicherweise leben wir nicht mehr in einer Welt, in der Homosexualität verpönt wird oder ein Problem darstellt. Gut, einige Idioten gibt es immer, aber zum Glück sind diese mittlerweile in der Unterzahl - sexuell darf man sich ausleben, einfach sein, wie man ist. Gerade junge Menschen, die sich noch in einer gewissen Orientierungsphase befinden, haben trotz der Offenheit unserer Welt jedoch noch immer Probleme damit, zu ihrer eigenen Sexualität zu stehen... vielleicht auch, weil sie schlechte Erfahrungen mit einem Outing gemacht haben. Unter anderem geht das darum in dem gestern in Deutschland gestarteten "Love, Simon"...

LOVE, SIMON


Im Grunde führt Simon Spier (Nick Robinson) ein ganz normales Highschool-Leben: Seine Familie liebt ihn, er hat gute Freunde und schlägt sich so durch... nur weiß niemand in seinem Umkreis, dass er schwul ist. Als er Mail-Verkehr mit dem unbekannten "Blue", der sich anonym im Netz geoutet hat und offenbar ebenfalls auf Simons Schule geht, aufnimmt, fühlt er sich endlich verstanden. Doch dann fallen die privaten Mails durch eine Unachtsamkeit Simons Mitschüler Martin Addison (Logan Miller) in die Hände und damit beginnen die Scherereien. Um nicht vor der ganzen Schule unfreiwillig geoutet zu werden, muss Simon nun einige Dinge tun, die ihm missfallen...

Es ist eine noch recht kurze, aber bereits außerordentlich interessante Filmografie, die sich Hauptdarsteller Nick Robinson hier aufgebaut hat: Er spielte sowohl im üblichen Blockbuster-Kino, wo er keinen großartigen Eindruck hinterließ... aber auch in dem feinen, kleinen Werk "Being Charlie", wo er schauspielerisch wesentlich mehr von sich zeigen konnte. Dieser Linie scheint er nun mit "Love, Simon" noch treuer zu bleiben, mit dem kleinen Unterschied, dass der Film, in dem er nun spielt, nicht mehr nur gut ist - er ist großartig. Natürlich liegt das zu einem Teil auch an Robinson selbst, der seinen Simon Spier offensichtlich sehr mit sich hadernd anlegt. Die einen werden das als überfordertes Schauspiel ansehen und sicherlich ist es auch noch zu früh, Robinson in eine Reihe mit solch brillanten Nachwuchsdarstellern wie Taron Egerton oder Tom Holland zu stellen... aber wie er die enorme Unsicherheit, den Stress und auch den jugendlichen Charme und die Bissigkeit seiner Figur nach außen und innen transportiert, das ist schon mehr als sehenswert. 
Das hervorragend geschriebene Drehbuch spielt Robinson, und nebenbei auch all den anderen in diesem sehr bunten Cast, dahingehend perfekt in die Karten, dass es ungemein lebendige Figuren erschafft. Klischees werden im perfekten Highschool-Genre zwar gegeben, aber beinahe durchgehend auf so entwaffnende und niemals spaßig-aufdringliche Art und Weise gebrochen, dass alleine dieser Teil des Films bereits sein Eintrittsgeld wert ist. Die Dialoge sind wie gepfeffert, wirken in all ihrer entwaffnenden Intelligenz aber auch niemals dümmlich geskriptet - es ist ein Dialogfeuerwerk, welches echt und ungemein charmant wirkt. Die Charaktere wirken, auch wenn in manchen Fällen überzeichnet, durchaus echt und meistens durchgehend sympathisch, wobei auch die menschlichen Konflikte an Brennstoff gewinnen. 
Es geht hier schließlich auch um sehr menschliche Themen, die ausgehandelt werden müssen: Freundschaft, Familie, der eigene Ruf, Liebe... und natürlich Akzeptanz und Toleranz. Dass man die damit hineingeschleppten Klischees akzeptiert, um sie in grandiosen und bewegenden Einzelszenen immer wieder auf so wunderbare Weise zu brechen, ist wohl das größte Lob, was man "Love, Simon" machen kann - er ist auf dieser Seite erfrischend witzig und schlagfertig, gleichzeitig aber auch ungemein ehrlich und trifft tief ins Herz, ohne dabei kitschig zu werden. 
Genau auf diesem Tempo schleicht sich auch die sehr bildhafte und flotte Inszenierung von Regisseur Greg Berlanti ein, der einige herrliche Ideen mitbringt: Eines der Highlights ist dabei eine Rumdrehung des Themas Outing, die komödiantisch zum Besten gehört, was dieses Kinojahr bislang so hervorgebracht hat. Und auch darüber hinaus beweist Berlanti mit einem tollen Soundtrack, einem schönen Gespür für unaufdringlichen und dennoch gewichtigen Schnitt und einigen herzlichen Bildern sehr viel Verve und nähert sich dem jugendlichen Thema beinahe selbst aus der Sicht eines Jugendlichen an. Einzig ein paar kleine Längen und ein doch etwas vorhersehbarer "Wer ist es denn nun?"-Plot kann man diesem wunderbaren Drama ankreiden, wobei auch diese Fehlerchen schnell vergessen sind, da der ganze Rest so wunderbar funktioniert. Wer also für dieses Wochenende noch nichts geplant hat, sollte rasch eine Kinokarte für "Love, Simon" lösen, sonst könnte ihm oder ihr eines der schönsten und herzlichsten Erlebnisse dieses an Highlights bereits nicht armen Kinojahres entgehen.

Fazit: Ungemein charmanter, herzlicher, witziger und ehrlicher Blick in das Leben eines verunsicherten Teenagers. Toll gespielt, mit viel Schwung inszeniert, Klischees brechend. Einer der schönsten und zugleich aufrüttelndsten Filme des bisherigen Kinojahres.

Note: 2+








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