Es begann als engagiertes Projekt, ging weiter als atmosphärisch dichter Thriller mit vielversprechender Prämisse und blieb schließlich auf dem Höhepunkt in seltsamen Wirren aus überzeichneten und konstruierten Plotpoints, arg durchschnittlichen Darstellerleistungen und zu vielen Promi-Gaststars hängen. Eigentlich hatte "Wishlist" seinen Bogen mit dem Ende der zweiten Staffel bereits überspannt - diese verschiedenen Fäden schienen kaum noch entwirrt zu können. Doch geklickt wurde diese Webserie, die immer noch besser war als all der mainstreamige YouTube-Kram, zuhauf und irgendwie auch zurecht, denn wenn sich schon mal jemand wirklich Mühe gibt und eben auf hohem, künstlerischen Niveau scheitert, muss man dem zumindest Respekt zollen. Mehr als Respekt darf man den Beteiligten dann dafür geben, dass sie mit mehr Budget, Erfahrung und Möglichkeiten eine zweite Staffel ihres Herzensprojektes ermöglichen konnten, um die vorherigen Cliffhanger aufzuklären... und diesmal haben sie die Steilvorlage gleich mal so gut genutzt, dass man glatt vermuten möchte, dass das doch nicht von den selben Leuten stammen kann.
WISHLIST 2.0
Dustin (Marcel Becker-Neu) ist auf der Flucht, nachdem er, um seine Aufgabe zu erfüllen, einen Mann erschossen hat. Dabei trifft er in einem Restaurant scheinbar zufällig auf eine mysteriöse, junge Frau namens Norma (Yvonne Yung Hee Bormann), die ihn unter ihre Fittiche nimmt - Dustin ahnt noch nicht, dass ihn diese Frau viel näher an die Lüftung der Geheimnisse rund um "Wishlist" nimmt, als ihm lieb ist. Dustins Freunde Mira (Vita Tepel), Janina (Jeanne Goursaud), Kim (Yung Ngo) und Casper (Michael Glantschnig) haben derweil ganz andere Schwierigkeiten. Eigentlich wollen sie sowohl nach Dustin suchen als auch den geheimnisvollen Laptop entschlüsseln... mit einer Leiche im Schlepptau begeben sich die vier jedoch alsbald in große Gefahr.
Die erste Staffel von "Wishlist" war besonders innerhalb der YouTube-Community ein großer Erfolg und das ist auch gut so. Nicht, weil die ersten zehn Folgen, obwohl endlich mal erfrischend und kreativ, besonders gut waren, sondern weil durch diesen Erfolg Türen geöffnet wurden, die eine zweite Staffel in schier ganz neuem Rahmen ermöglichten. Die erste Staffel war ein sehr herzliches Projekt, welches aber in allen Bereichen an seine Grenzen kam - da haperte es eben hin und wieder am Budget, an einer fokussierten Handlung und auch an der Schauspielführung. In all diesen Bereichen kann die zweite Season nun, da endlich mehr Geld, Erfahrung und Zeit da waren, ordentlich aufstocken.
Die Folgen sind mittlerweile beinahe solang wie handelsübliche Serienepisoden und "Wishlist" kann endlich zum ersten Mal atmen. Sich Zeit nehmen, damit einzelne Szenen Luft und Atmosphäre bekommen. Es ist kein hohes Tempo mehr notwendig, man kann sich viel leichter auf einzelne Figuren und Szenarien konzentrieren. Die Folge: Das Tempo ist niedriger, die Atmosphäre angesichts der diesmal tatsächlich filmähnlichen Inszenierung, die sich auch noch einmal enorm gesteigert hat, wesentlich dichter und packender. Endlich ist Zeit für längere Dialogsequnzen, wo die zuvor eingestreuten Gespräche ja eher Mittel zum Zweck waren und "Wishlist" macht den Eindruck einer kreativen, gar nicht mal so simplen Serie, die weit über den deutschen Markt hinausschielen möchte... und dort sogar bestehen könnte, wenn sie denn eine Chance erhält.
Schauspielerisch war nun besonders ein Neuzugang ein absoluter Glücksgriff: Von der ersten Folge der zweiten Staffel beherrscht Yvonne Bormann in einer ebenso frischen wie packenden Rolle die ganze Show. Ihr Charakter bringt nicht nur den Plot auf ein neues Level, Bormanns Darstellung ist darüber hinaus auch so mutig und extravagant, dass sie all ihren Co-Stars dank enormer Präsenz, Spielfreude und latenter Verrücktheit die lange Nase zeigt. Und das war eigentlich auch nicht so einfach, denn die altbekannten Schauspieler haben sich ebenfalls durchweg weiterentwickelt. Marcel Becker-Neu und Michael Glantschnig wirkten zuvor gar fahrig, agieren hier immerhin sehr solide, teils sogar richtig gut.
Vita Tepel ist in der Hauptrolle besser als je zuvor, hat offenbar einen stärkeren Zugang zum Stoff gefunden und ist in ihren besten Momenten schlichtweg energiegeladen. Zurücktreten muss nur Yung Ngo, der nicht nur weniger Zeit bekommt, sondern darüber hinaus auch etwas blass bleibt, wenn er über den reinen Sidekick hinaus definiert wird. Und dann gibt es mit Jeanne Goursaud auch noch eine Umbesetzung zu vermelden, die der Rolle der zuvor recht klischeehaften Janina ebenfalls gut tut: Goursaud findet einen menschlicheren, glaubwürdigeren Zugang und tut dem Cast somit ebenfalls sehr gut. Daneben darf auch gelobt werden, dass man diesmal auf die peinlichen Gastauftritte von irgendwelchen YouTube-Sternchen verzichtet hat, sich vollkommen auf die eigene Geschichte konzentriert, ohne irgendwelchen laschen Fanservice, den die Serie auch zuvor schon nicht nötig hatte.
Bei all dieser Freude bezüglich der enormen Weiterentwicklung, die "Wishlist" hier durchlaufen hat, muss man aber natürlich auch ein wenig kritisieren. Denn das enorme Zeitlassen und Schwelgen in (verdammt gut geschriebenen) Dialogszenen zeichnet ab der Hälfte nicht immer darüber hinweg, dass hier trotz mehr Zeit auch immer weniger passiert. Atmosphärisch ist das fast durchweg stark, stellenweise gar hochspannend, auf den reinen Plot bezogen aber immer noch etwas geflickt. Da treten teilweise immer noch arge Löcher auf und spätestens während eines wirren Finales, wo es nur noch trashig knallt, wird klar, dass die Macher die Gratwanderung zwischen leisem Thriller und überzeichneter Hatz nicht immer bestehen. Eine dritte Staffel steht indes noch in den Sternen, wird nach dem Cliffhanger aber gebraucht... wobei dies letztendlich, wie immer, auch eine Entscheidung des Marktes sein wird. Sollte diese Fortsetzung nicht kommen, würde ich mich aber über weitere Projekte der Macher freuen, denn wenn diese sich immer weiter steigern, dürften sie noch viel Potenzial auf dem deutschen Serienmarkt besitzen. Ich bin gespannt.
Fazit: Eine Weiterentwicklung, wie man sie nie erwartet hätte. Dank mehr Zeit, Geld und Finesse entwickelt sich "Wishlist" zu einem zwar später recht zähen und löchrigen, aber atmosphärisch aufgeladenen, gut gespielten und teils hochspannenden Thriller. Keine Spur mehr vom Stolpern der ersten Staffel, hin zu einer bemerkenswert inszenierten, kraftvollen Webserie. Mehr davon!
Note: 3+
Die erste Staffel von "Wishlist" war besonders innerhalb der YouTube-Community ein großer Erfolg und das ist auch gut so. Nicht, weil die ersten zehn Folgen, obwohl endlich mal erfrischend und kreativ, besonders gut waren, sondern weil durch diesen Erfolg Türen geöffnet wurden, die eine zweite Staffel in schier ganz neuem Rahmen ermöglichten. Die erste Staffel war ein sehr herzliches Projekt, welches aber in allen Bereichen an seine Grenzen kam - da haperte es eben hin und wieder am Budget, an einer fokussierten Handlung und auch an der Schauspielführung. In all diesen Bereichen kann die zweite Season nun, da endlich mehr Geld, Erfahrung und Zeit da waren, ordentlich aufstocken.
Die Folgen sind mittlerweile beinahe solang wie handelsübliche Serienepisoden und "Wishlist" kann endlich zum ersten Mal atmen. Sich Zeit nehmen, damit einzelne Szenen Luft und Atmosphäre bekommen. Es ist kein hohes Tempo mehr notwendig, man kann sich viel leichter auf einzelne Figuren und Szenarien konzentrieren. Die Folge: Das Tempo ist niedriger, die Atmosphäre angesichts der diesmal tatsächlich filmähnlichen Inszenierung, die sich auch noch einmal enorm gesteigert hat, wesentlich dichter und packender. Endlich ist Zeit für längere Dialogsequnzen, wo die zuvor eingestreuten Gespräche ja eher Mittel zum Zweck waren und "Wishlist" macht den Eindruck einer kreativen, gar nicht mal so simplen Serie, die weit über den deutschen Markt hinausschielen möchte... und dort sogar bestehen könnte, wenn sie denn eine Chance erhält.
Schauspielerisch war nun besonders ein Neuzugang ein absoluter Glücksgriff: Von der ersten Folge der zweiten Staffel beherrscht Yvonne Bormann in einer ebenso frischen wie packenden Rolle die ganze Show. Ihr Charakter bringt nicht nur den Plot auf ein neues Level, Bormanns Darstellung ist darüber hinaus auch so mutig und extravagant, dass sie all ihren Co-Stars dank enormer Präsenz, Spielfreude und latenter Verrücktheit die lange Nase zeigt. Und das war eigentlich auch nicht so einfach, denn die altbekannten Schauspieler haben sich ebenfalls durchweg weiterentwickelt. Marcel Becker-Neu und Michael Glantschnig wirkten zuvor gar fahrig, agieren hier immerhin sehr solide, teils sogar richtig gut.
Vita Tepel ist in der Hauptrolle besser als je zuvor, hat offenbar einen stärkeren Zugang zum Stoff gefunden und ist in ihren besten Momenten schlichtweg energiegeladen. Zurücktreten muss nur Yung Ngo, der nicht nur weniger Zeit bekommt, sondern darüber hinaus auch etwas blass bleibt, wenn er über den reinen Sidekick hinaus definiert wird. Und dann gibt es mit Jeanne Goursaud auch noch eine Umbesetzung zu vermelden, die der Rolle der zuvor recht klischeehaften Janina ebenfalls gut tut: Goursaud findet einen menschlicheren, glaubwürdigeren Zugang und tut dem Cast somit ebenfalls sehr gut. Daneben darf auch gelobt werden, dass man diesmal auf die peinlichen Gastauftritte von irgendwelchen YouTube-Sternchen verzichtet hat, sich vollkommen auf die eigene Geschichte konzentriert, ohne irgendwelchen laschen Fanservice, den die Serie auch zuvor schon nicht nötig hatte.
Bei all dieser Freude bezüglich der enormen Weiterentwicklung, die "Wishlist" hier durchlaufen hat, muss man aber natürlich auch ein wenig kritisieren. Denn das enorme Zeitlassen und Schwelgen in (verdammt gut geschriebenen) Dialogszenen zeichnet ab der Hälfte nicht immer darüber hinweg, dass hier trotz mehr Zeit auch immer weniger passiert. Atmosphärisch ist das fast durchweg stark, stellenweise gar hochspannend, auf den reinen Plot bezogen aber immer noch etwas geflickt. Da treten teilweise immer noch arge Löcher auf und spätestens während eines wirren Finales, wo es nur noch trashig knallt, wird klar, dass die Macher die Gratwanderung zwischen leisem Thriller und überzeichneter Hatz nicht immer bestehen. Eine dritte Staffel steht indes noch in den Sternen, wird nach dem Cliffhanger aber gebraucht... wobei dies letztendlich, wie immer, auch eine Entscheidung des Marktes sein wird. Sollte diese Fortsetzung nicht kommen, würde ich mich aber über weitere Projekte der Macher freuen, denn wenn diese sich immer weiter steigern, dürften sie noch viel Potenzial auf dem deutschen Serienmarkt besitzen. Ich bin gespannt.
Fazit: Eine Weiterentwicklung, wie man sie nie erwartet hätte. Dank mehr Zeit, Geld und Finesse entwickelt sich "Wishlist" zu einem zwar später recht zähen und löchrigen, aber atmosphärisch aufgeladenen, gut gespielten und teils hochspannenden Thriller. Keine Spur mehr vom Stolpern der ersten Staffel, hin zu einer bemerkenswert inszenierten, kraftvollen Webserie. Mehr davon!
Note: 3+
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