Mit dem Tennissport konnte ich bislang wenig bis gar nichts anfangen. Selbst gespielt habe ich nie, doch wurde ich als Kind zu einigen größeren Spielen mitgenommen. Damals weiß ich noch, dass man mir einige Züge und Regeln erklärte, bis heute hat sich dieses Wissen aber nicht gehalten... vielleicht auch, weil ich damals eher zum Besuch beim Tennisturnier gezwungen wurde und übehaupt kein weiteres Interesse daran hatte. Faszinierend finde ich diesen Sport heute dennoch und noch dazu ist es einer, der sich ganz hervorragend ins Medium Film etablieren lässt, wenn man die Sache richtig anpackt - ein weitestgehend positives Beispiel ist "Battle of the Sexes" aus dem Jahr 2017, der neben einigen krachenden Matches auch noch einen richtig guten Plot mitbringt. Auch "Wimbledon" ist ein durchaus unterhaltsamer Vertreter des Sportfilms, der besonders durch den Charme seiner Hauptdarsteller lebt...
WIMBLEDON
Der zweiunddreißigjährige Peter Colt (Paul Bettany) hat als Tennisprofi seinen Zenit eigentlich erreicht, befindet sich nur noch auf Platz 119 der Weltrangliste. Trotzdem nimmt der Brite am Wimbledon-Turnier teil, ohne sich darin jedoch Hoffnungen auf eine hohe Endplatzierung zu machen und das Turnier als Finale seiner Karriere zu nutzen, will er anschließend doch seinen Rücktritt vom Profisport bekanntgeben. Seine Pläne scheinen sich jedoch zu ändern, als er im Hotel die jüngere Profispielerin Lizzie Bradbury (Kirsten Dunst) kennenlernt. Zwischen beiden sprühen schnell die Funken und angespornt von der Romanze spielt Colt plötzlich viel besser als gedacht. Lizzies Vater Dennis (Sam Neill) befürchtet durch die Liebelei jedoch, dass seine Tochter sich nicht mehr genug auf das wichtige Turnier konzentrieren könnte...
Einen packenden Sportfilm sollten Tennis-Fans hier erst einmal nicht erwarten. Das titelgebende Tennisturnier, welches in der Weltgeschichte ja schon einen beinahe magischen Stand hat, hält hier zwar als Location da, wirklich etwas über seine besondere Geschichte erfahren wir derweil aber nicht - da wirkt dann auch der bärbeißige Willen der Spieler, wenn diese sich mit zusammengebissenen Zähnen ans Netz stellen, etwas mühselig, wenn eben diese zuvor noch eine Nacht durchgefeiert haben. Mit der Glaubwürdigkeit sollte man es hier also nicht zu genau nehmen und wenn selbst ich, der vom Tennis ungefähr so viel Ahnung hat wie ein Dreijähriger von höherer Mathematik, solcherlei Patzer entdeckt, dürften echte Profis und Fans hier wohl das ein ums andere Mal die Hände vorm Gesicht zusammenschlagen.
Die Tennismatches als solche fallen dabei auch zwiegespalten aus, denn wo diese in der ersten Hälfte des Films nur kurz angeschnitten werden und keinerlei Esprit entwickeln, fährt Regisseur Richard Loncraine zum Finale plötzlich wuchtig auf. Die enormen Zeitlupen wirken mit den mittlerweile überholten Special Effects aber ziemlich überzeichnet, weswegen es eine Freude ist, wenn er sich lieber auf die ungeschnittenen, rasanten Ballwechsel verlässt - und von denen gibt es dann doch noch einige, die auch mal einen "Wow"-Effekt auslösen. Ein wenig unsicher stagniert der Film also in seiner etwas unentschlossenen Inszenierung, die mal viel zu überragend, dann aber auch etwas zu weich angegangen wird.
Der Kern der Geschichte bleibt aber eben auch immer noch die Lovestory und hier bietet "Wimbledon" im Grunde keinerlei Überraschungen, was dem Film so aber nicht zum Nachteil ausgelegt werden kann. Er fährt seine geradlinige Tour, inklusive recht klischeehafter Nebencharaktere, aber er ist dabei über weite Strecken sehr unterhaltsam und gerade im Fokus seiner Liebesgeschichte schier entwaffnend charmant. Zwischen "Margin Call"-Star Paul Bettany, dem man hier zweifelsohne auch den Tennisstar abnimmt, und einer herrlich präsenten Kirsten Dunst, sprühen tatsächlich die Funken und besonders die Dialogsalven, die beide sich in der ersten, noch deutlich spaßigeren und frischeren Filmhälfte entgegenschleudern, machen viel Freude.
Später versiegt dieser durchaus freche Ton etwas und man rudert besonders im letzten Drittel in viel zu brave, dementsprechend auch vorhersehbare Plotmuster. Das ist bezüglich der simplen Dramaturgie nachvollziehbar, einige arg kitschige Momente hätte man sich dabei aber auch sparen können, da man den Figuren somit jede Doppelbödigkeit und gar jeden Konflikt nimmt. Man macht es sich hier also etwas zu einfach, dass im Kern aber immer noch eine sehr spaßige RomCom mit hohem Tempo, spaßigen Schlagabtauschen und spielfreudigen Schauspielern wartet, lässt sich nicht übersehen. Hätte man den Esprit der ersten dreißig Minuten durchgehalten und auf den Rest des Werks übertragen, wäre die Note definitiv höher ausgefallen, aber auch so macht "Wimbledon" trotz deutlicher Schwächen genug Spaß, um sehr solide zu unterhalten.
Fazit: In der ersten Hälfte sorgen freche Dialogsalven, charmante Hauptdarsteller und sympathischer Witz für großartige Unterhaltung - später gibt man solcherlei Spaß aber für ein recht bieder-braves und überzeichnetes Finale auf, wobei man aber dank des hohen Tempos die Bindung zum Zuschauer nie ganz verliert.
Note: 3+
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