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Peppermint: Angel of Vengeance

Ich gehe sehr oft ins Kino und versuche dabei, möglichst allen Werken, die in meinem Stamm-Lichtspielhaus laufen, eine ehrliche Chance zu geben - oftmals entdeckt man gerade bei den Filmen eine echte Perle, bei der man es eben vorab nicht erwartet. Aber manchmal ist mir die Zeit auch irgendwie zu schade, wenn ich vorab beinahe vollkommen überzeugt davon bin, dass das Ding einfach nichts für mich ist. Deswegen spare ich mir zumindest im Kino Filme wie die "Fifty Shades of Grey"-Werke oder den neuen "Benjamin Blümchen", weil... nun gut, das muss ich jetzt hoffentlich nicht weiter ausführen. Die miesen Kritiken hielten mich auch bei "Peppermint" von einem Kinobesuch ab, als es den Film aber für 99 Cent bei Amazon zu leihen gab, schlug ich zu, um mir noch eine eigene Meinung bilden zu können... dies kann ich nun.

PEPPERMINT: ANGEL OF VENGEANCE


Vor fünf Jahren wurde Riley North (Jennifer Garner) sowohl Zeugin als auch Opfer eines grausamen Verbrechens, als ihr Mann Chris (Jeff Hephner) und ihre gemeinsame Tochter Carly (Cailey Fleming) erschossen wurden - aus einem fahrenden Auto heraus. Riley kam schwer verletzt ins Krankenhaus und musste kurz darauf mitansehen, wie die drei Täter wieder freigelassen wurden. Seitdem schwört sie auf Rache und hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Schützen und alle, die mit dem Vorfall in Zusammenhang stehen, aufzuspüren und zu töten. Dies bringt selbstverstdändlich die Polizei auf ihre Spur, die sich von dem Racheengel, der von der zivilen Bevölkerung bewundert wird, nicht blenden lassen und diesen deswegen auf seiner blutigen Spur verfolgen...

Die erste halbe Stunde von "Peppermint", der mit seinem Plot klar auf der Tonalität von harten Action-Thrillern wie "96 Hours" und "Gesetz der Rache" fährt, ist noch bemerkenswert intensiv geraten. Mit einer sanften Einführung der Hauptfigur und dem schließlichen Schock, der die Handlung erst ins Rollen bringt, befindet sich "From Paris with Love"-Regisseur Pierre Morel offenbar in seinem Metier. Hier gelingt ihm der schwierige Spagat zwischen einnehmendem Drama und knalligem Actioner ziemlich gut und wenn die drei Täter tatsächlich dank eines voreingenommenen Richters und eines gekauften Verteidigers freigesprochen werden, bleibt nicht nur Riley North die Spucke weg. Natürlich ist das filmtechnisch reichlich überzeichnet und ein Richter wie dieser, der drei mutmaßliche Mörder mit einem Hammerklopfen und grinsend aus dem Saal entlässt, würde anschließend einen solchen wohl nur noch von innen sehen, wenn er selbst in Handschellen auf der Bank sitzt. 
Emotional gesehen trifft Morel dabei aber den richtigen Ton und lässt uns mit der psychisch nun vollkommen neben sich stehenden Riley mitfühlen. Nebenbei gibt es auch noch einen interessanten, wenn auch im weiteren Verlauf eher überraschungsarmen Subplot rund um die Polizeiarbeit in Los Angeles, die unsicher zwischen Verteidigung und Verurteilung der armen Frau schwanken - dabei kommen sogar ein paar starke Dialogzeilen rum. Sobald der Rachefeldzug, der nun eben das Hauptargument dieses reinrassigen Actionthrillers ist, ab der Halbzeit so richtig losgeht, fällt der Film jedoch in ein Loch und schafft es anschließend auch nicht mehr, sich noch aus diesem zu erheben. Sicher, die langen und versiert geschnittenen Actionszenen sind knallig inszeniert, angemessen brutal und anschaulich choreographiert - hier geht einiges zu Bruch und dementsprechend gibt es auch eine ganze Menge zu sehen. 
Auch "Operation: Kingdom"-Star Jennifer Garner, welcher der Sprung in die A-Liste Hollywoods irgendwie nie ganz gelungen ist, macht hier physisch eine beeindruckende Figur. Ob aus ihr nun noch ein echter Actionstar wird, mag angesichts des überschaubaren Erfolges dieses Films bezweifelt werden (und im direkten Vergleich reicht sie Charlize Theron, Scarlett Johansson und Gal Gadot auch noch nicht das Wasser), trotzdem scheint sie hier Spaß daran gehabt zu haben, mal so richtig auszuteilen. Retten tut das einen Film, der in Sachen Handlung anschließend äußerst fahrig reagiert, streckenweise sogar ein paar miese Messages verteilt und im Grunde nur noch zu einem farblosen Dauerfeuer mutiert, aber leider nicht. Die Löcher im plot werden immer größer, besonders, wenn es um die dummdreist agierenden Cops geht, die sich hier mehr als einmal furchtbar vorführen lassen. 
Eine Wendung im letzten Drittel kommt in diesem Drehbuchgepinsel dann auch nur deswegen so überraschend, weil sie eben ziemlich blöd ist - niemand rechnet mit solch einem schnöden Einfall, der schlichtweg keinen erzählerischen Mehrwert mitbringt und noch dazu keinerlei innere Logik besitzt. Und dann bleibt einem das Staunen angesichts einiger Taten, die Garner's Riley North hier vollzieht, auch noch im Halse stecken: Dass sie die bösen Buben jagt, ist nachvollziehbar, dass sie aber auch vollkommen Unschuldigen eine Waffe unter die Nase hält und sie psychisch terrorisiert, ist eine Spur zu viel und macht die knallharte Witwe im weiteren Verlauf immer unsympathischer. Irgendwo ab der Halbzeit verliert "Peppermint" also seinen kompletten Drive, den er vorher definitiv noch hatte. Und das ist durchaus schade, beweist Pierre Morel doch zum wiederholten Male, dass er intensive Action inszenieren kann und dass er auch ein emotionales Muster vorlegen kann... schade, dass er dieses dann einfach für ein solch mieses Skript hat liegen lassen. Chance vertan.

Fazit: Nach einem intensiven Beginn verrennt sich "Peppermint" alsbald in stilsicher inszenierte, aber eben auch stoische und überlange Actionszenen. Der Plot, der ebenfalls sehr vielversprechend begann, weist ab diesem Zeitpunkt herbe Löcher auf und schafft es abgesehen von der starken Leistung seiner Hauptdarstellerin nicht mehr, das Interesse wachzuhalten.

Note: 4+






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