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Sneaky Pete - Die erste Staffel

"Sneaky Pete" wollte ich mir schon beim Start der ersten Staffel ansehen, da man im Grunde nur Gutes von dem Amazon-Original hörte und der Stoff nach einem spannenden Thriller klang. Allerdings fahre ich gerade momentan die Linie, mich erstmal nur noch abgeschlossenen Serien zu widmen - die Zahl an Shows, die ich in den folgenden Jahren immer noch weitergucken muss, ist schließlich bereits jetzt zu groß. Nun erfuhr ich, dass "Sneaky Pete" tatsächlich nach der dritten Season beendet wurde... also war es kein Problem, mich dem Thriller endlich zu widmen und dabei hoffentlich Giovanni Ribisi und Bryan Cranston in gewohnter Top-Form zu sehen. Nach den ersten zehn Episoden fällt das Urteil nun auch recht deutlich aus.

SNEAKY PETE - STAFFEL 1


Der Trickbetrüger Marius Josipovic (Giovanni Ribisi) wird endlich aus dem Gefängnis entlassen, kann jedoch trotzdem nicht in seinen Wohnort zurückkehren, da dort der gefährliche Gangster und Geschäftsmann Vince (Bryan Cranston) auf ihn wartet. Dem schulden Marius und sein Bruder Eddie (Michael Drayer) nämlich noch rund 100.000 Dollar... Geld, dass keiner von beiden besitzt. Um der Gefahr zu entkommen, gibt sich Marius nach der Entlassung als sein Mitgefangener Pete (Ethan Embry) aus und kommt sogar bei dessen Familie unter. Diese haben ihren echten Enkel und Bruder seit zwanzig Jahren und somit dessen Kindheit nicht gesehen, weswegen Marius erst nicht droht, aufzufliegen. Als er jedoch erneut dank Petes Bruder Taylor (Shane McRae), einem Polizisten, und dessen Schwester Julia (Marin Ireland), einer Kautionsagentin, in Gefahr gerät, glaubt Marius, vom Regen in die Traufe gerutscht zu sein...

Zuerst fällt auf, was für eine grandiose Besetzung Amazon sich für dieses Original zusammengesucht hat. An vorderster Front wäre da natürlich "Gangster Squad"-Star Giovanni Ribisi, einer der unterschätztesten Nebendarsteller des Kinos, der hier die Hauptrolle gibt und darin gewohnt genial agiert. Wie er dabei in kleinen Gesten zwischen ehrlichem Herz, Angst und Überforderung bis hin zum ruhigen Betrug wechselt, das muss man einfach gesehen haben. Als Gegenspieler sehen wir Bryan Cranston, der nach "Breaking Bad" hier erneut ins Serienfach wechselt und offenbar sehr viel Freude hat, mal wieder richtig fies sein - seine Monologe gehören dabei zum Intensivsten, was man in den letzten Jahren in der TV-Landschaft so gesehen hat.
Und auch die restliche Besetzung liest sich ebenso gut wie sie sich hier macht: Mit Margo Martindale und C.S. Lee sind gleich zwei Stars aus der grandiosen Crime-Serie "Dexter" dabei, zudem sehen wir bekannte Gesichter wie Michael Drayer, Marin Ireland und sogar Victor Williams, den TV-Fans noch aus der Sitcom "King of Queens" als Dougs IPS-Kumpel Deacon Palmer kennen. Es ist also ein sehr erfrischender und bunter Cast, der sich bis in die Nebenrollen hinein hervorragend schlägt und zeigt, wieso gerade das Fernsehen noch durchaus gemacht sein kann für schauspielerisch herausragende Glanzmomente.
Darüber hinaus hat man sich bei Amazon auch einen ausgefeilten Plot ausgedacht, der zumindest in seiner Ausgangssituation sehr originell daherkommt. Im Kern geht es eben um einen Trickbetrüger, einen großen Coup, Heimlichtuerei, zwischenmenschliche Beziehungen und den Kampf gegen einen fiesen Gangster. Nichts dabei, was man nicht irgendwo anders schon mal gesehen hat und über einen weiten Teil der Staffel verläuft der Plot dann auch in recht erwartbaren Bahnen (was nicht heißt, dass das Gezeigte nicht packend wäre). Insgesamt zieht man sich hier aber dank der lebensechten, originell geschriebenen Charaktere, die aus ihren reinen Schemata und Klischees ausbrechen und tatsächlich das Gefühl geben, wir hätten es hier mit echten Menschen zu tun, noch wirklich achtsam aus der Affäre.
Hin und wieder wirkt der Plot in seinem Bemühen, Marius alias Pete immer und immer wieder ein neues Hindernis vor die Füße zu werfen, zwar etwas konstruiert, manchmal gar bemüht und im Mittelteil der Staffel zerfasert die Handlung auch ein wenig und der Unterschied zwischen mehr und weniger spannenden Storylines wird deutlicher. Insgesamt ist das aber, gerade da die Gratwanderung zwischen leichtfüßiger Comedy, herzlichem Familiendrama und intensivem Thriller so brillant genommen wird und sich die einzelnen Genres dabei nie störend auf die Füße treten, noch sehr starke TV-Unterhaltung, die im weiteren Verlauf ihre Qualität hält und schließlich in einem hochspannenden und ungemein cleveren Finale mündet.
Bei all den Wendungen verliert die Show aber auch nie ihr Herz, achtet tunlichst auf die so sauber geschriebenen Figuren und verrät diese nicht für irgendeinen effekthascherischen Mindfuck. Da man hier also nicht ganz groß klotzt, wirken einige der ruhigen Momente etwas zu ausgeladen, aber immerhin bewahrt man sich die Glaubwürdigkeit hinsichtlich einer ansonsten ja reichlich skurillen Ausgangssituation. Ich freue mich jedenfalls schon auf die zweite Staffel, die am Ende der zehnten Episode mit einem netten Cliffhanger und einem weiteren "Dexter"-Star angeteasert wird - ich bin gespannt, wie sich die Geschichte nun weiterentwickeln wird.

Fazit: In einer unterhaltsamen Gratwanderung aus Drama, Thriller und Comedy glänzt eine bunte, hervorragend aufgelegte Besetzung in eine Plot, der manchmal etwas zu bemüht agiert, aber im Kern stets packend bleibt. Eine sehr sympathische Serie mit Herz und Köpfchen, durchaus empfehlenswert!

Note: 3+







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