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Hectors Reise oder die Suche nach dem Glück

Was ist Glück eigentlich? Diese Frage kann wohl niemals allgemein oder gar wissenschaftlich beantwortet werden, ist diese im Kern doch für jeden Menschen etwas anderes. Für die einen ist es das Reisen und das Erkunden von Orten auf der Welt, für andere das Zusammensein mit anderen Menschen oder auch die Einsamkeit. Das Ausleben von Hobbys, das Verfolgen eines Ziels, finanzieller Erfolg, Sex, Liebe, Familie... im Grunde ist alles, was wir kennen, eine Möglichkeit des Glücks. In dem Film "Hectors Reise oder die Suche nach dem Glück" versucht die Titelfigur herauszufinden, was genau es mit dem Glück auf sich hat, weil er sein eigenes nicht finden kann. Leider ist daraus ein eher kitschiger und naiver als ein wirklich erhellender Streifen herausgekommen.

HECTORS REISE ODER DIE SUCHE NACH DEM GLÜCK


Hector (Simon Pegg) steht erfolgreich in seinem Job als Psychiater, kann sich eine schöne, zentrale Wohnung leisten und wird von seiner übereifrigen Freundin Clara (Rosamund Pike) rundum versorgt. Trotzdem ist Hector nicht glücklich - er glaubt, dass in seinem Leben entweder etwas fehlt oder das etwas, was er bereits hat, darin falsch am Platz ist. Schließlich fasst er den Entschluss, eine Weltreise anzutreten, auf welcher er herausfinden will, was genau Glück ist. Bewaffnet mit einem kleinen Taschenbuch, dem Segen seiner Freundin und seiner unerbittlichen Neugier steigt er ins Flugzeug und begibt sich nach China. Dort trifft er den Geschäftsmann Edward (Stellan Skarsgard) und wird abseits der kulturellen Eigenarten dieses ihm so fremden Landes aber auch mit den dunklen Seiten der Welt konfrontiert...

Die Klischees findet man hier schon in den Grundzügen der Handlung. Dass sich ein Mann, der im Grunde nichts mit seinem Leben anzufangen weiß, auf eine kopflose Reise begibt und in dieser das Leben an sich zu schätzen beginnt und unglaublich viele Lehren zieht, indem er andere Kontinente und Kulturen besucht, ist ein alter Hut. Nichts desto trotz kann in einer solchen Geschichte auch sehr viel Wahrheit liegen - leider ist es "Den Sternen so nah"-Regisseur Peter Chelsom aber nicht gelungen, aus der populären Buchvorlage des französischen Schriftstellers Francois Lelord auch ein anspruchsvolles Filmchen zu machen. Chelsom geht hier in den Grundzügen, aber auch in den einzelnen Episoden viel zu verkitscht und vorhersehbar vor, traut sich offenbar nicht, die Straßen zu verlassen und am Wegesrand nach Neuheiten zu suchen. 
So verwundert es nicht, dass Hector auf seiner Reise sowohl mit positiven als auch mit negativen Seiten der Welt konfrontiert wird, eben daraus seine Lehren zieht und am Ende genau zu wissen scheint, was ihm nun im Leben fehlte und worauf er sich dann fokussieren will. Durch die Episodenhaftigkeit des Films gibt es am Ende kein rundes Ergebnis und erwartungsgemäß funktionieren einige Episoden weit besser als andere. So ist Hectors erstes Reiseziel in China, wo er auf den stinkreichen Geschäftsmann Edward trifft, ungemein unterhaltsam, während die Episoden in Afrika mit schweren Klischees zu kämpfen haben - da gerät sogar eine ungemein düstere Entführungsszene zu einem seltsamen Mischmasch aus hektischem Humor und düsterer Gesellschaftskritik. 
"Hectors Reise" findet dabei nie einen echten Standpunkt und schafft es nicht, über den Rand hinauszuschauen. Die Charaktere bleiben, so sympathisch sie sich hier auch geben, weitestgehend Abziehbilder, die im Vorbeigehen Glückskeks-Weisheiten weitergeben. Die Wahrheit dieser Weisheiten, die Hector durchgehend in seinem kleinen Büchlein niederschreibt, will man hier so gar nicht in Frage stellen - die Art, wie diese mit dem Holzhammer präsentiert werden, damit sich ja niemand auf den Schlips getreten fühlt, wirkt aber schon seltsam. Und hier und da kann der Film auch nicht verhehlen, dass er in der Beobachtung anderer Kulturen etwas überspitzt vorgeht. So konzentriert man sich in Afrika fast nur auf die Reise in ärmliche Gefilde, wo alle glücklich sind und gemeinsam Eintopf essen. Daneben gibt es dann nur noch die absolute Kehrseite der Medaille: Terroristen, Entführer und brutale Verbrecher. In China geht es da ähnlich zu und man kann nicht umhin zu sagen, dass sich "Hectors Reise" wohl nur auf die Extrembeispiele stützt. Da ist es mit der echten Wahrheit eben doch wieder ein wenig her und man fragt sich, welche Lehren man als Zuschauer nun daraus ziehen soll. 
Vielleicht ja die, sich hin und wieder einfach unterhalten zu lassen, beispielsweise von den komödiantisch sehr wertvollen Szenen, in denen "New York für Anfänger"-Star Simon Pegg auf einen herrlich aufgelegten Stellan Skarsgard trifft. Oder sich auch mal bewegen zu lassen, wenn Hector an Bord einer First-Class-Maschine dafür sorgt, dass es einer Krebspatientin zumindest während des Flugs besser geht. Leider gelingt es dem Film über solcherlei herausstechende Szenen hinaus nicht, als ganzes Werk zu packen, weswegen einzelne Messages in ihrer Oberflächlichkeit verpuffen. Der Grundgedanke ist ein schöner, die Umsetzung hapert dabei aber deutlich.

Fazit: Der in Episoden unterteilte Film ist in seinen Einzelszenen teilweise unterhaltsam und bewegend, findet im Kern aber keine echte Richtung, bleibt oberflächlich und klischeehaft. Es ist kein verlogenes Werk, aber ein reichlich unentschlossenes, welches trotz spielfreudiger Darsteller nur ein laues und reichlich kitschiges Lüftchen bleibt.

Note: 4+




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