Welche Filme würden sich eigentlich mal richtig gut oder gar noch besser als Serie machen? Diese Frage dürfte etlichen Produzenten mittlerweile im Kopf herumschwirren, geht der Tonus doch deutlich in diese Richtung. Das Marvel Cinematic Universe wird somit ab nächstem Jahr neue Abenteuer in Serienform abliefern, unter anderem zum Winter Soldier und zu Wanda Maximoff. Außerdem erwartet uns eine Serie zu "Der Herr der Ringe", im Gespräch sind auch neue Stoffe zu "Die Chroniken von Narnia" und "Star Wars". Auch die Geschichte rund um "Hanna" wurde kürzlich durch Amazon Prime als Serie vermarktet, dabei hatte man fast vergessen, dass im Jahr 2011 bereits ein Film zu dem Stoff in die Kinos gekommen sind. Diesen habe ich nun zum zweiten Mal gesehen und musste feststellen, dass dieser ziemlich ernüchternd gewesen ist...
WER IST HANNA?
Seit Jahren ist der abtrünnig gewordene, ehemalige Agent Erik Heller (Eric Bana) untergetaucht und lebt mittlerweile mit seiner Tochter Hanna (Saoirse Ronan) in einer Hütte in einem abgelegenen Wald. Über eine zukünftige Mission wissend und ahnend, dass die Organisation nach ihm suchen und ihn wegen seines Wissens ausschalten wollen wird, bildet er das Mädchen nach allen Regeln der Kunst aus. Als es schließlich soweit ist und Erik die Sicherheit aufgibt, trennen sich Vater und Tochter und Hanna macht sich auf, die Feinde durch ihre Anwesenheit und durch eine gespielte Identität zu verwirren. Dabei haben sie die Rechnung aber nicht mit Agentin Marissa Wiegler (Cate Blanchett) gemacht, die droht, all die Vorkehrungen zu durchschauen...
Die erste Überraschung sitzt hier gleich auf dem Regiestuhl, denn mit Joe Wright wurde der Action-Thriller, der zu weiten Teilen in Deutschland gedreht wurde, von einem Mann inszeniert, der in vorigen Jahren eher mit Charakterdramen wie "Abbitte" oder Kostümfilmen wie "Stolz und Vorurteil" auf sich aufmerksam machte. 2011 hat er also einen waschechten Actionfilm gedreht und für diesen gleich Saoirse Ronan wieder an den Start gebracht - beide drehten vier Jahre zuvor auch "Abbitte" miteinander, wofür Ronan für einen Nebendarsteller-Oscar nominiert wurde. Die beiden scheinen also ein durch und durch eingespieltes Team zu sein und an den Fähigkeiten beider gibt es nun auch bei "Wer ist Hanna?" rein gar nichts auszusetzen. Ronan beherrscht den Film mit einem Talent, welches sie auch in jungen Jahren bereits en masse besaß und hält sowohl physisch in den rasanten und teils sehr harten Actionszenen als auch in den ruhigeren, persönlicheren Momenten die Fahne hoch.
Dabei zeigt sie auch ihren erfahreneren Kollegen deutlich die lange Nase: "Aviator"-Star Cate Blanchett spielt die unnahbare Bösewichtin von der Stange, Eric Bana wird im Grunde nur von Plotpoint zu Plotpoint gehetzt und der damalige Jungstar Jessica Barden nervt schon nach kurzer Zeit. Der einzige, der neben Ronan noch so etwas wie dauerhafte Präsenz aufbauen kann, obwohl dessen Charakter sowohl überzeichnet als auch vom Drehbuch sträflich unterbeschäftigt wird, ist "Fluch der Karibik"-Bösewicht Tom Hollander. Der hat zwar auch nicht viel mehr zu tun, als die Titelheldin nach Strich und Faden zu jagen, kann dabei aber immerhin mit bedrohlicher Präsenz aufwarten... und wie er zum Takt der Musik mit einer Eisenstange jongliert, ist schlicht unfassbar cool.
Mit der Besetzung hat es also nur so halbwegs geklappt, immerhin kann Joe Wright dem aber in den meisten Momenten eine stilsichere Inszenierung entgegensetzen. Manchmal etwas hektisch, generell aber gut auf den Punkt und mit einigen schönen Aufnahmen bestückt, wobei er zumeist ganz nah an seinen Darstellern dranbleibt. Diese Sicherheit bringt aber wenig, wenn der Plot nicht zieht und genau das ist das größte Problem eines Films, der besonders sein will, dabei aber eben eine Handlung vorweist, die genau das nicht ist. Im Grunde ist der Plot ein reines Flickenwerk, der nicht nur keinerlei Überraschungen bietet, sondern darüber hinaus auch nicht zu packen weiß.
Zu Beginn glaubt man noch, sich in einem atmosphärischen, ruhigen Thriller zu wähnen, doch sobald die farblosen und klischeehaften Antagonisten die Bühne betreten, startet im Grunde nur noch ein Actionfeuerwerk, dem im Mittelteil das Tempo durch eine ziemlich kühle und fehlplatzierte Familiengeschichte geraubt wird. Man kann nachvollziehen, dass Wright in dieser die Persönlichkeit eines jungen Mädchens, welches nie in der wirklichen Zivilisation gelebt hat, nach außen tragen wollte und in einzelnen Szenen gelingt ihm dies vortrefflich - so zum Beispiel, wenn er Hanna mit elektrischem Strom und etlichen Lichtschaltern konfrontiert, was sie vollkommen aus der Bahn wirft. In den schlechteren Momenten wirkt das aber eben auch wie eine abgehalfterte Komödie, in welcher zwischendrin plötzlich Pistolen gezogen und Männer mit Brechstangen erschlagen werden. Ein rundes Bild ergibt dieser wirre und ziellose Plot, der auch noch enorm plötzlich endet, nicht und hält dabei den Zuschauer durch ein Sammelsurium an Eindrücken, die nicht passend Hand in Hand gehen wollen, nicht bei der Stange.
Fazit: Saoirse Ronan glänzt in der Hauptrolle, die Actionszenen sind virtuos inszeniert. Leider ist der blasse Plot ein absolutes Flickenwerk, der mühselig zwischen halbgarer Komödie, hartem Thriller und leisem Familiendrama tänzelt - diese Genres vereinen sich hier niemals zu einer stimmigen Einheit.
Note: 4
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