Im Jahr 1977 lernen sich Harry Burns (Billy Crystal) und Sally Albright (Meg Ryan) während einer gemeinsamen Autofahrt nach New York kennen. Sie tun sich, nachdem sie beide unabhängig voneinander ihren Abschluss an der University of Chicago gemacht haben, zu einer Fahrgemeinschaft zusammen und finden nicht recht zueinander, nachdem Harry Sally auf unkonventionelle Art und Weise angemacht hat. Fünf Jahre später treffen sich beide zufällig wieder und erinnern sich an die gemeinsame Fahrt. Noch sollen sie nicht ahnen, dass das Schicksal beide dazu auserkoren hat, sich noch viel öfter zu sehen, als es ihnen anfangs lieb ist...
HARRY UND SALLY
Selbst die, die "Harry und Sally" niemals gesehen haben, kennen zumindest eine Szene aus der romantischen Komödie von Regisseur Rob Reiner aus dem Jahr 1989. So auch ich: Ich habe den Klassiker nun zum ersten Mal gesehen, doch die Szene im Restaurant, als Meg Ryan vor mehreren überraschten Zuhörern plötzlich einen Orgasmus vortäuscht, um dem sprachlosen Billy Crystal ihr Gegenüber eins auszuwischen, ist mittlerweile absolut Kult und wurde etliche Male zitiert oder in diverse Top-100-Listen der besten Filmszenen gewählt. Und dieser eine Moment, der ungefähr zur Halbzeit des Films kommt, ist dann auch ein ganz Besonderer, war er doch auf eine gewisse Art und Weise ein Novum in der damaligen Filmgeschichte.
Doch ist der Film, der auch darüber hinaus als Klassiker des Genres gilt, denn auch über diese eine Szene hinweg wirklich so gut, wie er überall gemacht wird? Meine Meinung dürfte da vielen anderen entgegenstehen, denn mich hat "Harry und Sally" eher gestresst denn wirklich unterhalten. Regisseur Reiner hat ein feines Gespür für süffisante Dialog-Komik und offensichtlich viel Spaß daran, seine beiden Hauptdarsteller in feurigen Wortgefechten immer wieder aufeinanderprallen zu lassen. Das sprüht streckenweise regelrecht Funken und auch Crystal und vor allem Ryan ist es zu verdanken, dass diese Texte auf dem Bildschirm lebendig werden. Beide spielen so dermaßen energetisch und ekstatisch, ohne dabei genregetreu zu überzeichnen, dasss man ihnen fast ewig zuschauen könnte... wenn denn das Drumherum noch etwas besser funktionieren würde.
Denn über 95 Minuten hinweg ist dieses ewige Hin und Her, die gestelzten Dialoge, eine neue Trennung und Versöhnung und ein weiterer Streit, irgendwann beinahe etwas redundant. "Harry und Sally" spielt mit den herkömmlichen Klischees des Genres, bricht diese allerdings nicht und tappt hin und wieder in die Falle, doch etwas zu brav und vorhersehbar zu agieren. Das muss vielleicht in gewisser Weise so sein, doch werden die zuvor noch so bravourös und lebensecht geschriebenen Charaktere zugunsten eines ziemlich rosaroten Happyends dann doch in eine Richtung geschoben, die ein wenig unglaubwürdig daherkommt. Der Schwung, den insbesondere die erste halbe Stunde mit sich bringt, geht mit der Zeit etwas verloren und im Mittelteil empfand ich den Film in seinen ewigen, sich alsbald auch im Kreis drehenden Dialogen über Beziehungen, unmögliche Freundschaften und Sex als Zeitvertreib gar als anstrengend.
"Harry und Sally" wirkt rund und hat mit seiner interessanten Prämisse, dass die beiden Protagonisten ungefähr im Fünf-Jahres-Rhytmus aufeinandertreffen, um sich dann erst einmal an die neuen Lebensumstände des jeweils anderen zu gewöhnen, einen netten Aufhänger zu bieten. Trotzdem ist das Gezeigte, vielleicht auch gerade aus heutiger Sicht, nicht mehr allzu packend. Die angesprochenen Konflikte wirken nicht mehr allzu modern, streckenweise gar überholt und die so grandios geschriebenen Dialoge können über die geringe Substanz nicht immer hinwegtäuschen. Auch fehlt es dem Film abseits seiner beiden Hauptdarsteller an erinnerungswürdigen Nebenfiguren - selbst "Star Wars"-Veteranin Carrie Fisher bleibt als beste Freundin Sally's doch eher Stichwortgeber als ein selbstständiges Individuum mit Seele und Witz.
Fazit: Ein Klassiker, der mich nicht begeistern konnte. Trotz süffisantem Wortwitz und zwei stark aufgelegten Hauptdarstellern empfand ich das Konfliktpotenzial als lau und die sich im Kreise drehenden Liebesbekundungen und Streitereien spätestens ab der Halbzeit eher als anstrengend denn als belustigend oder bewegend.
Note: 4+
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