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Warrior (2011)

Tommy Conlon (Tom Hardy) ist von seinem Dienst aus den Marines zurückgekehrt und trainiert in einem Sportstudio, um seine Wrestling-Karriere, die sein mittlerweile trockener Vater Paddy (Nick Nolte) ehemals angestoßen hatte, fortzusetzen. Während des Trainings hinterlässt er Eindruck, der ihm Türen öffnet. Währenddessen hat Tommys Bruder Brendan (Joel Edgerton) Geldprobleme: Sein Haus soll gepfändet werden, weswegen er sich ebenfalls, zu Beginn ohne Wissen seiner Ehefrau Tess (Jennifer Morrison), zurück in die Wrestling-Karriere stürzt. Tommy und Brendan ahnen erst nichts von der Rückkehr des jeweils anderen... doch als beide immer mehr Kämpfe gewinnen, ahnen sie, dass auch sie eines Tages im Ring aufeinandertreffen könnten.

In einem Sportlerfilm (und ein solcher ist "Warrior" nun mal) sehen wir zumeist einen klaren Helden. Gerne, in Filmen wie "Million Dollar Baby" oder "The Fighter", einen anfänglichen Niemand, der sich seinen Weg an die Spitze hart erarbeiten muss. Der Film von "The Accountant"-Regisseur Gavin O'Connor aus dem Jahre 2011 hingegen arbeitet etwas anders - er führt uns gleich zwei gleichrangige Protagonisten vor, die beide dem gleichen Traum nachjagen, wenn auch aus anderen Beweggründen. Beiden Geschichten widmet sich O'Connor gleichermaßen, sodass am Ende für den Zuschauer kein ganz klarer Favorit stehen kann. Umso erschütternder und spannender, wenn im finalen Clash schließlich nicht mehr klar ist, wen wir hier eigentlich als Gewinner sehen wollen... sofern es denn in dieser Form überhaupt einen gibt.
Wie das große Finale aussehen wird, ist erst einmal keine Überraschung und der offizielle Trailer spoilert diesen Umstand dann auch schon. Das ist nicht schlimm, denn so vorhersehbar "Warrior" zu weiten Teilen ist, umso interessanter und intensiver ist er inszeniert. O'Connor nimmt sich viel Zeit, um die Familiengeschichte der Conlons von allen Seiten zu beleuchten. Das ist manchmal etwas behäbig und besonders im Mittelteil ein wenig schleppend geraten... vor allem, weil O'Connors Inszenierung außerhalb des Wrestlingrings nun wahrlich nicht allzu besonders geraten ist. Trotzdem rührt der Plot abseits der harten Kämpfe: Die Charaktere sind doppelbödig gezeichnet, die Dramen ohne großes Pathos dargebracht. Nur hin und wieder hätte man dem Werk in Sachen Subplots einfach etwas mehr Schwung gewünscht.
Über solcherlei Hänger tröstet aber immerhin eine absolut erstklassige Besetzung hinweg. Tom Hardy, der heute aus Hollywood nicht mehr wegzudenken ist, war damals gerade auf dem Weg in die A-Liste: Er drehte im Jahr zuvor den Blockbuster "Inception" und war 2012 in Christopher Nolans "The Dark Knight Rises" als Antagonist zu sehen und zu spüren. Zu spüren ist er auch hier: Hardy tritt als furchteinflößende, gewaltige Dampfwalze auf und besitzt dabei eine Präsenz, die einen schier erdrückt. Ihm gegenüber steht ein wahnsinnig intensiver Joel Edgerton, der Hardys Gegenpart mimt und insgesamt die besseren Drehbuch-Hälften abbekommen hat... dass sich beide hier noch gleichwertig von bester Seite zeigen können, sagt schon mal einiges über die Schauspielkunst der zwei Männer aus. Und dann ist da noch "Kap der Angst"-Star Nick Nolte, der als alkoholkranker Vater der beiden Protagonisten eine der besten Vorstellungen seiner Karriere darlegt. Schade, dass er nur acht Jahre später in solch einem gefloppten Schund wie dem Til-Schweiger-Remake "Head Full of Honey" mitspielen musste.
Einer der besten Sportlerfilme der Neuzeit, wie es ihm oft nachgesagt wird, ist "Warrior" aufgrund seiner teilweise etwas schleppenden Erzählung nicht. Da Tom Hardys Figur, trotz interessanter Militär-Hintergrundgeschichte, etwas weniger intensiv erzählt wird, bleibt einem sein Tommy Conlon trotz der intensiven Darstellung des Schauspielers etwas zu fern. Auch der Soundtrack, so gut er auch ist, hätte in einigen Momenten etwas leiser und nicht ganz so pompös eingespielt werden können. Das sind sicherlich unübersehbare Schwächen, die man auch erwähnen sollte. Untergehen tun sie jedoch in den grandios inszenierten Ringkämpfen, an denen die Kamera zwar manchmal ihre Schwierigkeiten hat, das Mann-gegen-Mann-Chaos übersichtlich einzufangen, die aber so dermaßen schmerzhaft und spannend aufgemacht sind, dass man den Blick besonders während des emotionalen Showdowns kaum abwenden kann. Nachdem dieser überstanden ist, ist man dann beinahe etwas traurig, wenn die Geschichte doch sehr plötzlich endet und ohne weitere Umschweife in den Abspann übergeht.

Fazit: "Warrior" ist besonders im Ring ein harter und stark inszenierter Sportlerfilm. Die Geschichte um die Sportler herum ist dramatisch und dicht, allerdings auch mit einigen Längen versehen. Schauspielerisch ist der Film bisweilen verdammt nah dran an einer Offenbarung.

Note: 3+



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