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Defiance - Für meine Brüder, die niemals aufgaben

1941 rücken die deutschen Truppen ins heutige Weißrussland fort und der dortige Massenmord an der jüdischen Bevölkerung beginnt. Die drei jüdischen Brüder Tuvia (Daniel Craig), Zus (Liev Schreiber) und Asael Bielski (Jamie Bell) verlieren ihre Eltern und tauchen unter, in Scheunen von befreundeten Helfern, bis sie schließlich fliehen müssen. Mit anderen Flüchtigen schlagen sie sich in die nahen Wälder durch, wo sie versuchen, sich zu verstecken. Zus jedoch möchte nicht nur abwarten und beginnt damit, die deutschen Trupps aufs Korn zu nehmen. Dabei gerät er in einen Konflikt mit seinem älteren Bruder Tovia, dessen Ansicht von Führung und dessen strenge Regeln in der immer größer werdenden Gruppe auch für Unwohlsein sorgen...

Regisseur Edwrd Zwick hatte in den 2000ern mit "Last Samurai" und "Blood Diamond" zwei sehr markante Actionfilme im Gepäck. Beide waren nicht perfekt und tonal vollkommen unterschiedlich, doch sie hatten eine gewisse Wucht und eine Handschrift, die man mehr als nur versiert nennen konnte. Die Erwartungen an das Kriegsdrama "Defiance", dem Zwick sich 2009 annahm und wobei er sich an die wahre Geschichter der Brüder Bielski anlehnen wollte, waren demnach auch nicht unbedingt gering - ein solcher Film aus seiner Hand musste kein Meisterwerk, aber doch wohl zumindest ein sehr beachtenswerter Streifen werden. Die Enttäuschung war dann aber doch nicht gering, denn obwohl der Film Zwick handwerklich kaum ausrutscht, so fehlt es ihm doch an echtem Wiedererkennungswert.
Der Plot an sich mag ein bewegender sein, dennoch bekommt Zwick ihn nur selten soweit unter Kontrolle, dass er sich dramaturgisch sinnig anfühlt. Besonders im Mittelteil zerfasert er unter gleich mehreren kleinen Handlungen, die den gesamten Bogen nicht wirklich voranbringen. Hier fühlt sich "Defiance" dann mehr wie ein Episodenwerk als wie ein schauderndes Kriegsdrama an - mit mehr und weniger guten Episoden, die aber über die Charaktere hinweg niemals wirklich sinnig ineinandergreifen. Daher hat man das Gefühl, Zwick würde dieses Durcheinander aus kleinen Schlachten, Beziehungskrisen und einem Tuvia Bielski, der seine Führungsposition verteidigen muss, eher so wegerzählen und das führt zu einer Gefühlsarmut, die man sich von einem Werk wie diesen nun wirklich nicht erwartet hätte.
Die Charaktere bleiben konturlos und gerade die Konflikte, die sie austragen und die auf dem Papier ordentlich Dampf hatten, kommen hier mau herüber. Gerade die Beziehung zwischen den oftmals miteinander hadernden Brüdern Tuvia und Zus bleibt hier trotz zweier Schauspieler auf der Höhe ihres Könnens ziemlich schwachbrüstig... vielleicht auch, weil dieser Plot unter all den anderen kleinen Geschichten viel zu wenig Zeit bekommt, um anständig atmen zu können. Trotz rund 130 Minuten fühlt sich "Defiance" angesichts der Masse an Handlungen auch etwas gehetzt an - es wäre sicherlich keine schlechte Idee gewesen, manch eine Figur und deren Handlungsbogen einfach über Bord zu werfen, um die dadurch gewonnene Zeit dann lieber in die anderen, wesentlich kräftigeren und wichtigeren Plots zu investieren.
Inszenatorisch arbeitet Zwick auf gewohnt gutem Niveau, kann jedoch trotzdem nicht an die Kraft seiner vorhergehenden Arbeiten anknüpfen. In den schwächsten, weil zu arg gewollten Momenten biedert er sich sogar anderen Werken an - so versucht er in gewaltsamen Bildern, in denen schreiende Kinder aus den Armen ihrer Eltern gerissen werden, an die Grausamkeit eines "Schindlers Liste" anzuknüpfen, doch erreichen die hier gezeigten Bilder niemals die gleiche Intensität. Stattdessen wird viel gemordet und gemeuchelt, was die Helden der Geschichte dann immerhin nicht zu glorreichen Archetypen macht. Auch sie müssen sich die Hände schmutzig und gehen dabei sicherlich nicht zimperlich zur Sache - das ist eine teils sehr harte, aber auch angenehm doppelbödige Nachricht, die viele vielleicht so einfach übersehen werden.

Fazit: "Defiance" verhaspelt sich in zu vielen Kleinigkeiten und bekommt somit keinen sinnigen Erzählrythmus hin. Der Plot bleibt, obwohl im Kern spannend, zu sprunghaft und im Mittelteil zu steril und verursacht somit einige Hänger, was auch einer schlüssigen Charakterisierung der Hauptfiguren im Wege steht.

Note: 4+



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