Goreng (Ivan Massague) erwacht in einem beinahe leeren Raum, einer Gefängniszelle ähnlich, in der Mitte des Bodens und der Decke mit einem quadratischen Loch. Einem Gespräch mit seinem Mitgefangenen, einem älteren Herrn namens Trimagasi (Zorion Eguileor) entnimmt er, dass er sich in einer Art vertikal gebauten Gefängnis befindet - die Zellen sind übereinander gebaut. Einmal am Tag fährt eine große Steinplatte voller Essen das Loch hinab und hält an jeder Zelle. Goreng ist erst schockiert, dass diese Speisen bereits angerührt wurden und erfährt, dass die unteren Etagen stets nur das erhalten, was die oberen übrig lassen. Doch wie viele Etagen gibt es? Und aus welchem Grund wird dieses "Experiment" überhaupt durchgeführt?
Es ist ein Hype, um den man dieser Tage irgendwie nicht herumkommt. Pünktlich zur Zeit der Corona-Pandemie, die etliche Menschen dazu zwingt, zuhause zu bleiben, lieferte Netflix offensichtlich einen kleinen, aber sehr feinen Horrorfilm aus europäischen Landen ab, der wie aus dem Nichts die Charts des Streaminganbieters stürmte. Das mag auch daran liegen, dass heutzutage eben viele Leute zuhause sitzen und Netflix daher wesentlich häufiger nutzen... doch muss ja angesichts der vielen jauchzenden Stimmen auch irgendwas dran sein an diesem neuen Highlight, oder? Ich wollte mich also unbedingt selbst überzeugen und sah mir zuvor keinerlei Trailer an, las keine Kritiken oder Story-Umschreibungen... als ich mit "Der Schacht" begann, wusste ich im Grunde gar nicht, worum es ging.
Und nach zwei Minuten war ich gebannt. Die Macher rund um Regisseur Galder Gaztelu-Urritia entwerfen ein Konstrukt, dem es nicht an immer neuen Ideen mangelt und dennoch fügen sie solche nicht atemlos hinzu. Sie fangen mit wenig an, geben anschließend immer wieder ein paar neue Ebenen dazu oder spielen durch kleine Erweiterungen mit den bereits etablierten Ideen. Das passiert in einem hohen Tempo und mit vielen Wendungen, wobei man sich dennoch Zeit nimmt, um die wenigen Charaktere zu fassen. Und wer sich plötzlich doch langweilt, kann sich an den beeindruckenden Bildern des vertikalen Schachtes erfreuen, in welchem man so weit nach unten blickt, dass die Figuren kaum sagen können, wie viele Geschosse es überhaupt gibt. Mit der Zeit lösen die Macher einige dieser Fragezeichen gekonnt auf, lassen andere aber auch bis zum Abspann bewusst offen. An dem Ende werden sich diesbezüglich sicherlich die Geister scheiden - ich selbst war von diesem zwar nicht unbedingt begeistert, rechnete jedoch auch nicht mehr mit einer klaren Auflösung der Geschehnisse und empfand die letztendliche Botschaft, die unterschwellig unsere Gesellschaft anprangert und sie auf clevere Art und Weise in ein filmisches, brutales Paket packt, als ausreichend passend.
Für schwache Nerven ist "Der Schacht" indes nichts. Wer sich auf eine komplexe Geschichte mit zahlreichen Deutungen freut, der muss nämlich nicht nur einen starken Magen angesichts einiger heftiger Gewaltspitzen mitbringen (auch wenn diese niemals selbstzweckhaft dargestellt werden), sondern auch mit psychisch fordernden Momenten und Situationen rechnen. Dazu zählen die aufbordenden Beziehungen der Gefangenen untereinander und auch die Darstellung manch einer prekären Situation: Was würdest du tun, um zu überleben? Was tust du, wenn du oben bist... und was, wenn du unten bist?
Manchmal antwortet "Der Schacht" auf solcherlei gestellte Fragen etwas plakativ, dennoch erfüllen die Antworten ihren Zweck und schlagen einem aufgrund ihrer unangenehmen Wahrheiten auch in die Magengrube. Es wird demnach sicherlich Menschen geben, die mit dieser Art Film und diesem komplexen Konstrukt, welches auch selbst zum Mitdenken und zu einer Auseinandersetzung mit dem Gesehenen fordert, nichts anfangen können. Man kann jedoch davon ausgehen, dass niemand davon kaltgelassen wird... ganz gleich auf welcher Ebene. Denn am Ende kann man durchaus sagen, dass man so etwas in dieser Form noch nicht gesehen hat, was an sich nicht unbedingt ein Qualitätsmerkmal darstellt, aber schon besonders ist.
Fazit: "Der Schacht" hat erstmal eine beeindruckende Grundidee. Dann hat er ein noch beeindruckenderes Konzept, um diese Grundidee auszubauen. Und dann rettet er sich angesichts seiner Sperrigkeit sogar noch vor einem müden Schluss. Ein starker Film, sicherlich mit einigen Schwächen und manchmal etwas zu plakativ, aber durchaus nachhallend und ungemein intensiv.
Note: 2-
Es ist ein Hype, um den man dieser Tage irgendwie nicht herumkommt. Pünktlich zur Zeit der Corona-Pandemie, die etliche Menschen dazu zwingt, zuhause zu bleiben, lieferte Netflix offensichtlich einen kleinen, aber sehr feinen Horrorfilm aus europäischen Landen ab, der wie aus dem Nichts die Charts des Streaminganbieters stürmte. Das mag auch daran liegen, dass heutzutage eben viele Leute zuhause sitzen und Netflix daher wesentlich häufiger nutzen... doch muss ja angesichts der vielen jauchzenden Stimmen auch irgendwas dran sein an diesem neuen Highlight, oder? Ich wollte mich also unbedingt selbst überzeugen und sah mir zuvor keinerlei Trailer an, las keine Kritiken oder Story-Umschreibungen... als ich mit "Der Schacht" begann, wusste ich im Grunde gar nicht, worum es ging.
Und nach zwei Minuten war ich gebannt. Die Macher rund um Regisseur Galder Gaztelu-Urritia entwerfen ein Konstrukt, dem es nicht an immer neuen Ideen mangelt und dennoch fügen sie solche nicht atemlos hinzu. Sie fangen mit wenig an, geben anschließend immer wieder ein paar neue Ebenen dazu oder spielen durch kleine Erweiterungen mit den bereits etablierten Ideen. Das passiert in einem hohen Tempo und mit vielen Wendungen, wobei man sich dennoch Zeit nimmt, um die wenigen Charaktere zu fassen. Und wer sich plötzlich doch langweilt, kann sich an den beeindruckenden Bildern des vertikalen Schachtes erfreuen, in welchem man so weit nach unten blickt, dass die Figuren kaum sagen können, wie viele Geschosse es überhaupt gibt. Mit der Zeit lösen die Macher einige dieser Fragezeichen gekonnt auf, lassen andere aber auch bis zum Abspann bewusst offen. An dem Ende werden sich diesbezüglich sicherlich die Geister scheiden - ich selbst war von diesem zwar nicht unbedingt begeistert, rechnete jedoch auch nicht mehr mit einer klaren Auflösung der Geschehnisse und empfand die letztendliche Botschaft, die unterschwellig unsere Gesellschaft anprangert und sie auf clevere Art und Weise in ein filmisches, brutales Paket packt, als ausreichend passend.
Für schwache Nerven ist "Der Schacht" indes nichts. Wer sich auf eine komplexe Geschichte mit zahlreichen Deutungen freut, der muss nämlich nicht nur einen starken Magen angesichts einiger heftiger Gewaltspitzen mitbringen (auch wenn diese niemals selbstzweckhaft dargestellt werden), sondern auch mit psychisch fordernden Momenten und Situationen rechnen. Dazu zählen die aufbordenden Beziehungen der Gefangenen untereinander und auch die Darstellung manch einer prekären Situation: Was würdest du tun, um zu überleben? Was tust du, wenn du oben bist... und was, wenn du unten bist?
Manchmal antwortet "Der Schacht" auf solcherlei gestellte Fragen etwas plakativ, dennoch erfüllen die Antworten ihren Zweck und schlagen einem aufgrund ihrer unangenehmen Wahrheiten auch in die Magengrube. Es wird demnach sicherlich Menschen geben, die mit dieser Art Film und diesem komplexen Konstrukt, welches auch selbst zum Mitdenken und zu einer Auseinandersetzung mit dem Gesehenen fordert, nichts anfangen können. Man kann jedoch davon ausgehen, dass niemand davon kaltgelassen wird... ganz gleich auf welcher Ebene. Denn am Ende kann man durchaus sagen, dass man so etwas in dieser Form noch nicht gesehen hat, was an sich nicht unbedingt ein Qualitätsmerkmal darstellt, aber schon besonders ist.
Fazit: "Der Schacht" hat erstmal eine beeindruckende Grundidee. Dann hat er ein noch beeindruckenderes Konzept, um diese Grundidee auszubauen. Und dann rettet er sich angesichts seiner Sperrigkeit sogar noch vor einem müden Schluss. Ein starker Film, sicherlich mit einigen Schwächen und manchmal etwas zu plakativ, aber durchaus nachhallend und ungemein intensiv.
Note: 2-
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