Direkt zum Hauptbereich

Die Entführung der U-Bahn Pelham 123

Walter Garber (Denzel Washington) ist, nachdem er strafversetzt wurde, Fahrdienstleiter der New Yorker U-Bahnen und ist eigentlich nur einem ganz normalen Arbeitstag nachgegangen. Dieser schwenkt jedoch um, als die Bahnlinie Pelham 123 von bewaffneten Männern entführt wird. Ihr Anführer, der sich selbst "Ryder" (John Travolta) nennt, nimmt mehrere Geiseln und verlangt eine hohe Geldsumme. Garber versucht, auch nach der Ankunft des NYPD, mit dem Geiselnehmer zu sprechen, um die unschuldigen Leben an Bord des Zuges zu retten. Doch Ryder scheint absolut unberechenbar und sein Finger am Abzug lockert sich mit jeder Minute...

Noch während den ersten drei Minuten von Tony Scotts Action-Thriller aus dem Jahr 2008 war ich eigentlich bereit, diesen zu hassen. In einem vollkommen wirren Schnittgewitter, während welchem Scotts übliche Bildeffekte, die alles verzerren und zu einem Wust aus Farben und Formen verkommen lassen, das gesamte Intro beherrschen. Ich war nie ein Fan von solcherlei Spielereien, vor allem weil sie dem ohnehin wildem Treiben in New York nun auch keinen entsprechenden Mehrwert verleihen - er wird das Geschehen, wenn die Hauptfiguren sich an ihre Plätze begeben, so noch zu einer recht unübersichtlichen Angelegenheit und man braucht eine Weile, um überhaupt zu verstehen, wer nun wo ist und was hier überhaupt los ist.
Hat "Pelham 123" diese schwierige Phase aber erst einmal überstanden, kommen auch schnell die Qualitäten zum Vorschein, die Ridley Scotts Bruder zu seinen Lebzeiten ebenfalls mehr als einmal bewiesen hat: Er tritt aufs Gaspedal und drückt dieses im weiteren Verlauf immer weiter runter. Die an sich simple Ausgangssituation bleibt alleine dadurch spannend, dass Scott sich immer öfter neue Ideen aus dem Ärmel schüttelt, welche den armen Geiseln im Zug, dem schwitzenden Garber am Mikrofon sowie den dazugestoßenen Gesetzeshütern nicht in die Karten spielen. Das ist dann nicht sonderlich originell und in einigen Momenten schlichtweg dummdreist (Garbers Vorgesetzter ist hier wohl einer der am schlechtesten geschriebenen "Plotverheizer" der neueren Actionfilm-Geschichte), aber es hält zumindest das Tempo oben und bis zu einem in dieser Form zwar etwas enttäuschenden, aber dennoch recht spannenden Finale sackt dieses dann auch nicht mehr ab.
Spannung bezieht der Film natürlich auch aus dem Psycho-Duell zweier hochdekorierter Stars. Dieses findet zum Großteil nur über das Mikrofon bzw. Funkgerät statt, dennoch gelingt es Scotts Lieblingsschauspieler Denzel Washington sowie "Lonely Hearts Killers"-Star John Travolta vorzüglich, sich die Bälle zuzuspielen. Travolta überdreht dabei zwar ein wenig, dennoch fühlt er sich in der Rolle des gefährlichen Antagonisten ziemlich wohl - auch wenn man dessen eher wirre Motivationen besser nicht genau hinterfragen sollte, wenn man nicht mit allerlei Fragezeichen durch den Film gehen will. Denzel Washington hingegen beweist erneut, dass er nicht nur ein starker Actionheld sein kann, sondern sich auch im Part des normalen, kleinen Mannes, der gegen seinen Willen in eine unangenehme Situation gedrängt wird und über sich hinauswachsen muss, absolut überzeugt. Das Skript gibt seinem Walter Garber dabei auch einige clevere Nebenhandlungen mit auf den Weg, die später aber recht deutlich der Action weichen müssen. Gut zugespielt wird Washington dabei auch von "Das geheime Fenster"-Star John Turturro in einer markanten und sympathischen Nebenrolle.
Der Rest des Films ist dann eine sehr solide Angelegenheit. Es gibt einige herausragende Spannungsspitzen, die den Puls förmlich in die Höhe treiben, aber eben auch einige vollkommen dumme Drehbuchentscheidungen - siehe Laptop-Stream, Halbtagsbeurlaubung und einem ziemlich mühseligen Autounfall. Nicht immer wirkt es also galant, wenn Scott sich hier noch ein weiteres Hindernis aus dem Ärmel schüttelt, immerhin inszeniert er diese aber nach dem verworrenen Intro so packend, dass man ihm da auch nicht wirklich böse sein kann. Es ist also nicht der beste Film, den der 2012 verstorbene Regisseur hier abliefert... mit Sicherheit ist es aber auch nicht sein Schlechtester.

Fazit: Ein spannender Action-Thriller mit einem spielfreudigen Hauptdarsteller-Duo. Washington und Travolta spielen gekonnt über einige dummdreiste Drehbuch-Wendungen hinweg, während Tony Scott auf dem Regiestuhl das Tempo so gut es geht hochhält. Kein großer Wurf, aber kurzweilige Action-Unterhaltung.

Note: 3





Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se