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Das Letzte, was er wollte

Im Jahr 1984 gibt die Journalistin Elena McMahon (Anne Hathaway) ihren Job bei der Washington Post auf, nachdem ihre Mutter überraschend verstorben ist. In den folgenden Jahren arbeitet sie für eine geheime Regierungsbehörde und übernimmt somit quasi den Job ihres Vaters Richard (Willem Dafoe), der von einer schweren Krankheit geprägt ist. In dieser wickelt sie in Zentralamerika Waffengeschäfte ab, gerät dabei jedoch rasch in eine düstere, hochpolitische Verschwörung hinein. Ihr wird nach dem Leben getrachtet und bald muss sie erkennen, dass nicht nur ihr Vater einigen grausamen Dingen auf der Spur war... sondern auch, dass sie in diesem Geflecht aus Lügen und Verrat absolut niemandem mehr trauen darf.

Der Politthriller von Regisseurin Dee Rees feierte Ende Februar auf dem Streaming-Portal Netflix Premiere. Nachdem sich der Streaming-Gigant zuletzt mit einigen großen Blockbustern und qualitativ hochwertiger Oscarware auch filmisch einen gewissen Ruf erarbeiten konnte, sind die Erwartungen an neue Originalproduktionen von Anfang an höher... selbst an die, die längst nicht so energetisch beworben werden wie Martin Scorseses "The Irishman" beispielsweise. Tatsächlich hörte man von dem Thriller rund um Anne Hathaway und Ben Affleck zuvor recht wenig, bis das Ding dann plötzlich bereits auf der Startseite von Netflix auftauchte. Und ich riskierte nun auch einen Blick, um mich tatsächlich erneut von einer Eigenproduktion des Streaming-Dienstes enttäuschen zu lassen.
Tatsächlich entpuppt sich zwar eine spannende Geschichte, bei der man aber lange Zeit gar nicht so genau weiß, inwiefern diese nun erzählt wird. Man muss schon sehr genau aufpassen, um mitzubekommen, welche Figuren denn nun welche Ziele und Vorhaben haben... und selbst wenn man das tut, dürfte man von einigen wirren Nebenhandlungen, urplötzlich eingeführten Nebencharakteren oder Änderungen im Ton der Geschichte verwirrt werden. Obwohl der Plot durchweg spannend bleibt, verpasst es Rees, diesen auch wirklich packend an den Zuschauer weiterzureichen. Sie verwebt politische Verschwörungen mit privaten Dramen, ohne dass diese sinnig Hand in Hand miteinander gehen würden. Sie inszeniert streckenweise hochdramatisch, dann aber auch wieder äußerst kühl - ein rundes Ding wird letztendlich nicht daraus und selbst das schockierende Finale weiß dies nicht wirklich herauszureißen.
An der Kraft des Star-Ensembles liegt das letztendlich nicht, dass "Das Letzte, was er wollte" nicht wirklich zu packen weiß. Anne Hathaway ist in der Hauptrolle der getriebenen Journalistin Elena McMahon eine schiere Bank und spielt leise, nuanciert, wachend. Der ehemalige Batman Ben Affleck kann da nicht viel gegensetzen, allerdings ist seine Zeit auf dem Bildschirm auch erheblich limitierter und seine Rolle längst nicht so interessant wie die Hathaways. Mehr als positiv erwähnen sollte man hingegen noch "The Florida Project"-Star Willem Dafoe, der hier in einer prägnanten Nebenrolle als Elenas geistig umnachteter Vater einige herrliche Akzente setzen kann. In weiteren Rollen sind zudem bekannte Namen wie Edi Gathegi, Toby Jones oder die zuletzt in "Birds of Prey" mitwirkende Rosie Perez zu sehen.
Doch auch das mehr als solide aufgelegte Ensemble kann nicht verhindern, dass es sich bei Rees' Werk um ein ziemlich kühles Stück Film handelt, dem man zwar immer wieder in Einzelmomenten durchaus entgegenkommen, in seiner Gesamtheit aber wenig Erhellendes abgewinnen kann. Es will provokant sein, ist dabei aber zu pathetisch. Es will aufrütteln, doch findet es nicht den richtigen Zugang zum Zuschauer, um genau da zu treffen, wo es notwendig ist. Die Regie bleibt weitestgehend im Standard verhaftet, die Handlung nimmt zu selten Fahrt auf. Man kann verstehen, wieso dieser Film auf einem Streaming-Portal besser aufgehoben ist - denn in den Kinos hätte er anderen Werken wohl nur wenig entgegensetzen können.

Fazit: Die Netflix-Produktion verhadert sich in einer zwar anspruchsvollen, aber dennoch arg verkopften Handlung ohne echte Höhepunkte. Anne Hathaway ist großartig, doch ihr Spiel kann nicht über etliche Längen und verworrene Genre-Hüpfer hinwegtäuschen.

Note: 4








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