Direkt zum Hauptbereich

11:14

Middleton, Kalifornien: Der junge Jack (Henry Thomas) hat alkoholisiert am Steuer seines Wagens einen Autounfall, als offensichtlich ein Mensch von einer Brücke direkt auf seine Frontscheibe springt. Der hinzugezogene Polizist Hannagan (Clark Gregg) nimmt sich dem Fall an und riecht schon bald die Lunte... der hat nämlich auch schon eine längere Nacht hinter sich und mit dem jungen Duffy (Shawn Hatosy) und dessen Freundin Buzzy (Hilary Swank) bereits zwei Gefangene auf der Rückbank sitzen. Jack, der sich in diesem Fall gegen die Wand gedrückt glaubt, will sich jedoch nicht mit seiner Festnahme abfinden...

Es ist etwas schwierig, die Handlung dieses episodenhaft angelegten Films von Regisseur Greg Marcks aus dem Jahr 2003 (ins Kino schaffte es das Werk in Deutschland aber erst im Herbst 2005) zu umschreiben, denn es geht hier weniger um einen genauen Plot als viel mehr um eine Reihe kleiner und großer Ereignisse, die ineinander übergreifen. Warum hier beispielsweise Jack seinen Unfall hat und dabei auch kurzzeitig in Kontakt mit Buzzy und Duffy geraten und warum diese überhaupt auf der Rückbank des Polizeiautos sitzen... das alles ist Teil einer in diesem Moment schon längst unbändig losgetretenen Kette von Ereignissen, die eben nur deswegen so rigoros voranschreitet, weil ein Protagonist an dieser Ecke genau das tut oder sagt, was dann wieder das nächste Ereignis in Gang setzt.
Diese Art des Erzählens ist nicht zwingend neu und das Marcks dafür immer wieder in der Zeit vor- und zurückspringen muss, um alle Wege der Charaktere zu beleuchten und somit nach und nach die Fragezeichen in den Plots der anderen Figuren aufzulösen, das überrascht nun auch nicht. Der Überblick geht dank weniger tragender Figuren aber nicht verloren und generell erzählt Marcks sein Durcheinander auch clever und durchgeplant genug, um niemanden zu verwirren und das Tempo in den knappen 85 Minuten hochzuhalten. Ab und an gelingen ihm sogar einige falsche Fährten, denen man als unbedarfter Zuschauer aufsitzt und letztendlich ist das Chaos doch nicht immer so leicht zu durchschauen, wie man es zu Beginn noch denkt. Erst im letzten Drittel fällt der Groschen dann tatsächlich, wodurch die finalen 25 Minuten aber eben auch etwas behäbig werden, da man zu diesem Zeitpunkt schon mehr als nur ahnt, wohin der Weg wie nun führen wird.
Auf diesem Gebiet enttäuscht Marcks dann auch recht deutlich, denn wer erwartet, dass all das hier dann noch zu einem übergeordneten Handlungskomplott gehört, der schaut am Ende in die Röhre. Der Regisseur filmt eher ab, was alles passiert und wie es zu der Reihe an Vorfällen kommen konnte - das ist manchmal eher Zufall als einem stringenten Plot geschuldet und lässt uns am Ende, da eben keine große Bombe mehr platzt, etwas leer zurück. Der Abspann setzt daher sehr plötzlich ein und tut das auch zu einem Zeitpunkt, an dem noch einige lose Fäden herumhängen. Marcks zeigt somit, wie all das passiert, aber eben nicht, wie es danach noch weitergeht und lässt somit etliche Konflikte und diverse Situationen, mit denen sich die Charaktere nun herumschlagen, einfach offen. Das mag manch einer als mutig bezeichnen, andere werden es aber auch als leere Hülle sehen - und bei beiden Varianten ist meiner Meinung nach ein Funken Wahrheit drin.
Die Schauspieler leisten derweil so einiges. Für manche von ihnen, so beispielsweise für die spätere Oscarpreisträgerin Hilary Swank, war der günstig produzierte Episodenfilm ein willkommenes Sprungbrett. Für andere, die im Filmgeschäft bereits Fuß gefasst hatten, war es eine Fingerübung, die ihnen die Gelegenheit gab, sich auch mal in einem anderen Genre auszuprobieren. So sehen wir zum Beispiel "Donnie Darko"-Star Patrick Swayze ebenfalls in einer tragenden Rolle und wie er hier versucht, eigene Spuren zu verwischen und sich dabei mit seinem schnüffelnden Hund herumschlagen muss, das hat definitiv Unterhaltungswert. Der Plot rund um den jungen Kassierer Duffy und seine Probleme mit diversen Frauen, die ihn auch in finanzielle Nöte zwingen, bleibt dagegen recht deutlich zurück, was etwas unpassend ist, denn diesem wird hier gegen Ende doch noch arg viel Zeit eingeräumt.

Fazit: "11:14" ist ein sehr flotter und recht clever erzählter Episodenfilm mit einer souveränen Besetzung und einigen netten Ideen. Die zweite Ebene muss man dabei aber nicht suchen, denn Regisseur Marcks interessiert sich weniger für einen ausgeklügelten Plot als viel mehr für die Schlagkraft gewisser Ereignisse ohne richtigen, emotionalen Hintergrund.

Note: 3



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid