Direkt zum Hauptbereich

Oxford Murders

Martin (Elijah Wood) ist ein Austauschstudent aus den USA und nach Oxford gereist, um dort Mathematik zu studieren. Besonders freut er sich dabei auf den renommierten und genialen Professor Arthur Seldom (John Hurt), an dessen Hilfe bei seiner Arbeit er glaubt. Das erste Auseinandertreffen mit Seldom fällt jedoch, ebenfalls wie Martins erste Tage an der Universität, enttäuschend aus, weswegen dieser bereits erwägt, wieder abzureisen. Dann wird er jedoch als Zeuge in einen seltsamen Mordfall an einer Freundin Seldoms verstrickt und auch gemeinsam mit dem Professor in die Ermittlungsarbeit der örtlichen Polizei involviert - der Täter scheint dabei den Thesen, mit denen sowohl Seldom als auch Martin arbeiten, zu folgen und entführt beide auf eine Schnitzeljagd, bei der sie sich zusammenraufen und voneinander lernen müssen...

Und diese Schnitzeljagd ist tatsächlich eine recht spannende - Regisseur Alex de la Iglesia, der auch am Drehbuch mitschrieb, legt viele kleine Fährten, denen man gern zu folgen bereit ist und obwohl er sein Publikum nur selten richtig an der Nase herumführt, werden die wenigsten wohl die Puzzlestücke am Ende und mit der letzten großen Wendung genauso zusammengesetzt haben. Ohne dabei mit wirren und spektakulären Enthüllungen um sich zu werfen, die jeglicher Logik entbehren, entwirft er dabei lieber ein kopflastiges Charakterkino, bei dem wesentlich mehr geredet und theritisiert als gerannt wird. Die Puzzles werden mit Köpfchen gelöst und auch wenn das den Film manchmal etwas schwerfälliger macht, so ist es dennoch eine Freude, den beiden ungleichen Menschen dabei zuzusehen, wie sie diverse Nüsse knacken.
Dabei gibt schon das erste Gespräch zwischen Martin und Professor Seldom das vor, was wir hier über weitere hundert Minuten erleben dürfen. Wenn beide sich in einem prall gefüllten Studentensaal gegenüberstehen und über Logik und Wahrheit diskutieren, dann ist besonders der 2017 verstorbene John Hurt in seinen langen, vertrackten, aber niemals bodenlosen Monologen so dermaßen in seinem Metier, dass man schier an seinen Lippen hängt. Ihm gegenüber bleibt der ehemalige "Der Herr der Ringe"-Star Elijah Wood erwartungsgemäß zurück, was aber weniger an den Schauspielleistungen des jungen Mannes, als viel mehr der Charakterisierung seiner Rolle liegen dürfte. Wo Hurt's Professor Seldom immer etwas zu wissen scheint, überall Puzzleteile sieht und über alles diskutieren kann, solange es seine eigenen Geheimnisse schützt, ist Wood's Martin wesentlich passiver angelegt. Er ist ebenfalls ein kluges Köpfchen, welches jedoch in vielerlei Belange eher hineingeschoben wird - außerdem muss er dabei auch einige banale Subplots mit sich herumtragen, die erst viel zu spät wirklich an Gewicht gewinnen.
Die ewigen Beziehungskisten, in die Martin hier hineingerät, dienen zwar anfangs noch dem Zweck, seinen Charakter etwas zu fußen und noch ein paar handelnde Figuren einzubringen, wenn eben diese aber auch später immer wieder in den Hauptplot miteinfließen, um allenfalls für maue Charakter-Wendungen Hand zu halten, dann wirkt das doch etwas störend. Mit fortschreitender Laufzeit und spätestens während des Showdowns erlangen diese Plots zwar auch mehr Gewicht, dennoch kann man auch rückblickend den enormen Fokus auf sie nicht immer nachvollziehen. Die Balgereien zwischen Flirt, Beziehung und Sex nehmen immer wieder viel Tempo raus, welches man noch besser in die Verzwirbelung der Detektiv-Schnitzeljagd hätte stecken können. Zudem gefährden sie ab einem bestimmten Zeitpunkt auch die Beziehung der beiden männlichen Hauptfiguren, die sowieso schon etwas willkürlich zusammengeschustert wirkt, hier mit einigen zwischenmenschlichen Bindungen aber doch reichlich seifenopfernhaft daherkommt.
So richtig zufrieden ist man da am Ende gar nicht mehr, auch wenn man sich dank frischer Nebenfiguren (so zum Beispiel die der Polizisten, die sich hier gar nicht so arg an der Nase herumführen lassen) und einer sauberen, atmosphärischen Inszenierung niemals ernsthaft langweilt. Es ist ein Film, der durchaus seine Zeit braucht und auch mit dieser dank ausschweifender und fachtheoretischer Dialoge nicht jeden abholen kann... und das wahrscheinlich auch gar nicht will. In allen Bereichen wäre hier durchaus mehr möglich gewesen, letztendlich wurde aber auch in allen Bereichen zumindest eine gewisse Qualität geboten und mit einer fabelhaften Performance von John Hurt wird diese dann auch noch mal gewürzt. Das ist dann zumindest schon mal was, aber eben weniger, als eigentlich hätte drin sein sollen.

Fazit: Spannender und verkopfter Thriller mit einem schier brillanten John Hurt. Die Inszenierung ist sauber, der Plot verstrickt und spannend. Leider nehmen eher banale Subplots und ein hinter Hurt zurückbleibender Elijah Wood deutlich das Tempo raus, sodass am Ende keine Begeisterung, sondern nur noch ein solides Filmerlebnis übrig bleibt.

Note: 3



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se