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Big

Er darf nicht auf der Achterbahn mitfahren, hinterlässt keinen Eindruck bei seinem Schwarm und ernstgenommen wird er von seinen älteren Mitmenschen ohnehin nicht: Der dreizehnjährge Josh Baskin (David Moscow) wünscht sich nichts sehnlicher, als endlich ein Erwachsener zu sein, damit die Regeln, die ihn so erdrücken, nicht mehr für ihn gelten. Als er auf dem Jahrmarkt gegenüber einem Wahrsageautomaten diesen Wunsch äußert, kommt ihm die Karte, die er danach erhält und die ihm weismacht, dass dieser in Erfüllung gehen werde, zwar komisch vor, doch wirklich glauben tut er nicht daran. Am nächsten Morgen blickt er jedoch erst schockiert und dann erfreut im Spiegel in das Gesicht eines erwachsenen Josh (Tom Hanks). Dieser plötzliche Wandel bringt jedoch Probleme mit sich, da ihn weder seine Mutter (Mercedes Ruehl) erkennt noch er plötzlich vor den Pflichten gefeit ist, die man als Erwachsener für diese Gesellschaft mitbringen muss...

"Big" ist alleine schon deswegen ein markanter Pfeiler in der Geschichte des US-amerikanischen Films, weil er die Karriere eines der größten Hollywood-Stars aller Zeiten endgültig ins Rollen brachte: Tom Hanks. Der war zwar bereits vorher kein unbeschriebenes Blatt, katapultierte sich hier jedoch durch seine erste Oscarnominierung und die erste wirkliche Hauptrolle in einem Big-Budget-Film endgültig in die A-Liga. Wenn man etwas weiter geht, könnte man sogar behaupten, dass erste "Big" den Weg ebnete für solch klassische Rollen in "Forrest Gump" oder "Philadelphia" - es ist jedenfalls vorstellbar, dass ohne diese Fantasy-Komödie Hanks nicht der wäre, als der wir ihn heute kennen. Und der überrascht mit viel jugendlichem Charme, einer gesunden Portion komödiantischer Energie und sehr viel Ironie dann auch, dass er auch abseits von Dramastoffen hervorragend aufgehoben ist. Hanks besitzt in der Tat solch ein vorzügliches Comedy-Timing, welches besonders im Mittelteil, wenn er sich als Kind in der Welt der Erwachsenen bewegt und diese durch sein Verhalten auf den Kopf stellt, im Fokus steht und für etliche Lacher sorgt.
"Big" ist aber keine dieser typischen Körpertausch-Komödien, die nur auf den fixen Gag aus ist. Im Kern erzählt der Film eine sehr sensible Geschichte über Themen wie das Erwachsenwerden und auch das Erhalten des inneren Kindes. Gerade letztere Thematik wird über die Figur des Spieleherstellers MacMillan, großartig verkörpert von "Independence Day"-Star Robert Loggia, auf bezaubernde Art und Weise erzählt. Dieser MacMillan findet in seinem neuen Mitarbeiter Josh (der sich aufgrund seines plötzlichen Erwachsenseins immerhin auch einen Job suchen muss) genau den Mann, der noch immer begeistert vom Spielen selbst ist und deswegen seine erfahreneren, aber auch wesentlich graueren Kollegen deutlich überflügelt. Das gipfelt somit in einer absolut kultigen Szene auf einem Fußbodenklavier, die später dutzendfach zitiert und parodiert wurde, als auch in einem sehr spaßigen Subplot, in welchem sich Josh mit einem fiesen Kollegen auseinandersetzen muss, der befürchtet, der Neuling wolle ihm seinen Posten streitigmachen. Da Josh mit seinem naiven, kindlichen Verstand gar nicht merkt, was er eigentlich für ein Chaos verursacht, gehören diese Momente in ihrer Unbedarftheit und der Kontrolle über solcherlei Konflikte zu den klaren Stärken des Films.
Als wesentliche Schwäche erweist sich hingegen das Zurückgreifen auf den obligatorischen Romantik-Plot, der im direkten Vergleich mit der wesentlich stärkeren Chef/Angestellter-Beziehung sehr viel unglaubwürdiger herüberkommt. Diesem Plot fehlt es an echtem Schwung, an fliegenden Funken, Herz und auch an einer wirklich originellen Herangehensweise. Tatsächlich bremsen die gemeinsamen Szenen zwischen Hanks und "Das Wunder von Manhattan"-Star Elizabeth Perkins deutlich aus. Ähnliches gilt für die Freundschaft Joshs zu seinem Schulkumpanen, der zwar zu Beginn die Vorteile genießt, die ihm ein offensichtlich erwachsener Freund bietet, aber später auch von recht schwammigen und vorhersehbaren Handlungsentwicklungen zum Konflikterschaffer reduziert wird. Tatsächlich baut "Big" nach einem schönen Anfang und einem starken Mittelteil in der zweiten Hälfte immer weiter ab und endet in einem Finale, welches einige grobe, zuvor aufgemachte Konfliktfässer ziemlich unbedarft fallenlässt. So richtig rund wirkt das dann nicht mehr, was aber die Freude, die man vor allem mit der ersten Stunde des Films hatte, nicht maßgeblich beeinträchtigt. Denn die ist nämlich über weiteste Strecken der Bezeichnung einer Kultkomödie absolut würdig.

Fazit: "Big" lebt besonders von der einmalig-komischen und gleichzeitig anrührenden Performance von Tom Hanks, der mit diesem Film seinen Durchbruch in Hollywood feierte. Dramaturgisch ist besonders in der zweiten Hälfte Sand im Getriebe zu verspüren, doch zuvor gibt es genügend spaßige und auch sensible Momente zu bewundern.

Note: 3+





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