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The Americans - Die erste Staffel

Nichts an ihnen ist echt - ihre Identität, ihre Namen, ihre Vergangenheit. Von außen sehen Elizabeth Jennings (Keri Russell) und ihr Mann Philipp (Matthew Rhys) wie normale Vorzeige-Amerikaner aus. In Wahrheit sind sie jedoch russische Spione mit einem vollkommen fiktiven Lebenslauf, die schon vor etlichen Jahren in die USA geschleust wurden. In den 80er Jahren, als es unter der Regentschaft von Präsident Reagan brodelt, werden die Jennings' zu Werkzeugen in einem leisen Schlagabtausch zweier großer Nationen. Dabei müssen sie entscheiden, wie viel sie bereit sind, für ihr Heimatland zu geben... und auch, wie echt die Ehe, die sie vorspielen, eigentlich ist. FBI-Profiler Stan Beeman (Noah Emmerich) heftet sich derweil an die Fersen der Spione, ahnt jedoch nicht, dass die Gesuchten bereits in seinem persönlichen Dunstkreis herumschleichen...

Mit der ersten Staffel von "The Americans" sind dem Fernsehsender FX im Jahr 2013 dreizehn rundum spannende Folgen geglückt. Das Tempo ist recht hoch, wobei die Serie aber niemals gehetzt wirkt oder ihren Fokus verliert. Tatsächlich ist der allumfassende Thriller, der das gegenseitige Spionieren und letztendlich einen "stillen Krieg" fokussiert, nämlich gar nicht das Aufregendste an dieser sehr solide inszenierten und geschriebenen Serie. Sicher, da gibt es spannende Aufträge, moralische Grundsatzdebatten, Actionszenen, Verfolgungsjagden und einen recht hohen Bodycount. Doch im Kern bewegt man sich dabei nun mal im altbekannten Einerlei des Genres - sehr spannend, aber auch nichts grundsätzlich Neues, was dem Unterhaltungsfaktor erstmal keinen Abbruch tut. Wesentlich dramatischer und somit auch intensiver geraten die Beziehungen der Hauptfiguren untereinander, was den Thriller letztendlich zum hochspannenden Hintergrund geraten lässt. Insbesondere die falsche Ehe, welche Elizabeth und Philipp führen und die sogar zu zwei gemeinsamen Kindern geführt hat, ist faszinierend geschrieben, ohne sich dabei auf plakative Soap-Elemente verlassen zu müssen.
"The Americans" stellt dabei provokative Fragen und liefert zu vielen Elementen auch bereits die Antworten. Die Serie zwingt uns Zuschauer förmlich dazu, sich mit der Grundsituation der Jennings' auseinanderzusetzen und ihre moralischen Krisen durchzudenken. Denn auch wenn die Ehe letztendlich nur ein gespieltes Konstrukt ist - nach zwanzig Jahren sind da Gefühle. Kann man diese für den Job ignorieren oder muss man das sogar? Sins Philipp und Elizabeth irgendwann nicht nur auf dem Papier, sondern auch in emotionaler Hinsicht ein Ehepaar oder nur Kollegen? Und wie geht man mit den gemeinsamen Kindern um, die von all den Lügen keine Ahnung haben und nur ihre Mutter und ihren Vater vor sich sehen? Das sind schon sehr interessante Fässer, die bei den Hauptfiguren aufgemacht werden und denen man schließlich trotz manch einer Länge nur zu gerne folgt. Und damit ist man noch nicht mal am Schluss angelangt, denn die Serie bietet auch noch eine nicht gerade kleine Zahl an Nebenfiguren, die ebenfalls interessante Geschichten mit sich herumtragen. Zwar sind die Storys rund um das FBI-Arbeitstier Stan Beeman, der wegen seines gefährlichen Jobs seine Familie vernachlässigen muss, oder die einer gefährdeten Schläferagentin nicht ganz so brisant wie der Fokusplot, aber trotzdem bringen auch sie immer wieder benötigte (Un)Ruhen ins Geschehen und machen die Charaktere so zu menschlichen Wesen.
So richtig angefixt war ich während der ersten Staffel dann trotzdem nicht. Vielleicht war es der Thriller-Plot, der zwar mit fortschreitender Episodenanzahl immer mehr aufs Gas drückt, mich aber niemals richtig packen konnte, der die Serie für mich noch nicht so richtig sehenswert machte. Denn so gut die privaten Scherereien der Hauptfiguren auch sind - der eigentliche Hauptantrieb ist der Krieg, den die gegnerischen Parteien hier ausfechten und darin wird es zwar spannend, aber noch ohne echte "Wow"-Momente oder originelle Einfälle, die über den Genre-Standard hinausgehen. Das Staffelfinale zeigt aber, dass wir bislang vielleicht nur an der Oberfläche gekratzt haben, weswegen das Chaos in den nachfolgenden Seasons erst so richtig losgehen könnte. Behält man sich in diesen dann auch die Qualität der leiseren Subplots, könnte das noch richtig gut werden. Bleiben wird schließlich auch die Besetzung, aus welcher ganz besonders "Mission: Impossible"-Star Keri Russell und Matthew Rhys hervorstechen - wie es ihnen gelingt, trotz maßlos grausamer Taten ein bleibendes Verständnis für die Figuren zu erhalten, das ist schlichtweg meisterhaft. Neben den beiden Hauptdarsteller*innen glänzt auch Noah Emmerich als getriebener Ermittler, der ganz eigene Sorgen mit sich herumschleppt und schließlich zu einer Art emotionalen Zentrum der Serie wird... obwohl er ja eigentlich der Gegenspieler ist.
P.S.: Die erste Staffel von "The Americans" wird von Netflix, obwohl sie als HD-Serie angegeben wird, nur in flackerigem, hochskaliertem SD angeboten, was für Besitzer mit großen Screens sicherlich etwas schade ist. Da die Serie an sich natürlich nichts für ihre Streaming-Auswertung kann, fließt die schwächere Bildqualität selbstverständlich nicht in meine Wertung mit ein. Einen Hinweis wollte ich dennoch spendieren.

Fazit: Spannende Thriller-Serie, welche sowohl einen feinen, ziemlich brisanten Blick auf die eigentlichen Gegenspieler riskiert. Tatsächlich sind die persönlichen Bindungen und Probleme der Hauptfiguren noch interessanter als der temporeiche, in dieser Form aber noch eher innovationsarme Thrillerplot, der nicht rundum zu packen weiß.

Note: 3+





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