Bobby (Mark Wahlberg), Angel (Tyrese Gibson), Jeremiah (Andre Benjamin) und Mark Mercer (Garret Hedlund) wurden zu viert als Pflegekinder der alten, herzlichen Dame Evelyn (Fionnula Flanagan) aufgezogen. Die Wege der vier Brüder trennten sich zwar, doch nun kommen sie aufgrund eines traurigen Anlasses wieder zusammen: Evelyn wurde infolge eines Raubüberfalls in einem Kiosk getötet. Nach der Beerdigung beschließen Bobby, Mark und Angel der örtlichen Polizei, die in dem Fall offensichtlich nicht wirklich vorankommt, ein wenig Arbeit abzunehmen und nutzen ihre Kontakte im kriminellen Untergrund, um den Tätern auf die Spur zu kommen. Dabei gehen sie gnadenlos vor und decken gar eine Verschwörung auf, die auch mit dem Mord an ihrer gemeinsamen Mutter zu tun hat...
Das klingt erstmal nach einem recht dramatischen Film, da "Vier Brüder" (übrigens ein Remake eines Action-Thrillers aus den 70ern) doch viele soziale Schichten anspricht und verarbeitet. Die titelgebenden Männer kommen aus schweren Verhältnissen und konnten erst durch die Liebe und Zuneigung Evelyns wieder in das Leben eingegliedert werden. Dass ihnen diese Frau nun genommen wurde, muss ein enormes Loch in den Herzen der vier Brüder hinterlassen. Tatsächlich spürt man sowohl von dieser Trauer als auch von der schweren Vergangenheit der Hauptfiguren nur wenig, da Regisseur John Singleton diese dramatische Ausgangssituation nur als simplen Aufhänger für eine prollige Action-Hatz nutzen möchte. Es ist mindestens traurig, beinahe aber auch verdammt ärgerlich, wie mies Singleton diese im Kern unglaublich dramatische Idee verzapft und gar ins Lächerliche zieht, um in den folgenden anderthalb Stunden nur einen weiteren Poserfilm abzuliefern, in welchem neunzig Minuten lang kindische Beleidigungen und Kugeln fliegen. Und rein moralisch steht der Film dabei nicht nur aufgrund des Grundthemas der Selbstjustiz auf wackligen Füßen, sondern auch dadurch, wie er mit den Figuren umgeht, die für den Zuschauer eigentlich das emotionale Zentrum sein sollen.
Zugegeben, auch ein Bryan Mills im knallharten ersten "96 Hours"-Film nahm keinerlei Rücksicht auf Kollateralschäden jeglicher Art, als es ihm darum ging, seine Tochter aus einem Schmugglerring zu befreien. Allerdings tickte gegen Mills damals auch eine Uhr und er wirkte eher wie eine Dampfwalze, der alles und jeden aus dem Weg räumt, um seinen wichtigsten Menschen zu retten. Zwar suchen auch die vier Brüder hier nach Gerechtigkeit, scheinen aber schon früh vergessen zu haben, warum sie das alles tun. Einem Mills machte das Gemetzel wenig Spaß - er tat es, weil er es musste. Bobby, Angel und Co. scheinen auf ihrer Selbstjustiz-Mission allerdings so viel Freude daran zu haben, auch Unschuldige und Minderheiten aufs Korn zu nehmen (selbst wenn sie dabei keinerlei brauchbaren Hinweis erhalten), dass es schwerfällt, diese Idioten trotz ihrer dramatischen Situation auch nur in irgendeiner Form zu unterstützen. Ganz so schwer scheint ihnen der Verlust, mal abgesehen von ein paar bemühten Tränchen zu Beginn, ohnehin nicht zu fallen, denn kurz darauf ist schon wieder Zeit für zischende Bierflaschen, Partys und ein paar flotte Nummern mit einem sexy Girlie - natürlich direkt im Haus der kurz zuvor verstorbenen Mutter. Würden die Macher dieses ekelhafte Posing (die schauspielerischen Leistungen der Hauptdarsteller scheinen dabei auch nur aus Muskelkraft und Asi-Sprüchen zu bestehen) nicht so furchtbar ernst meinen, man könnte es ihnen als ekelhafte Komödie auslegen.
In dieser Form ist es dann eben ein moralisch verwerflicher, ekelhafter Poser-Actioner, der auch noch so dreist ist, eine dramatische Situation auszunutzen, um seine widerlichen Hauptfiguren mit aller Kraft in den Ring zu treiben. Dass die Actionszenen dabei durchweg solide inszeniert sind, fällt zwar auf, rettet aber auch nichts mehr. Denn auf anderen Ebenen fällt "Vier Brüder" so krachend durch, dass man sich nur noch für ihn schämt. Das Frauenbild scheint im Mittelalter hängengeblieben zu sein, denn die wenigen weiblichen Figuren haben hier nichts weiter zu tun, als in knappen Klamotten am Herd zu stehen und die Wunden der sich prügelnden Männer zu versorgen oder abzuknutschen. Gesetzeshüter, die eigentlich auf der gleichen Seite stehen, werden beleidigt, weil es "cool" ist und sogar der eigene Bruder wird aufgrund seiner sexuellen Ausrichtung noch in den schlimmsten Situationen aufgezogen. Was heute widerlich wirkt, war es auch damals schon... nur hat es wohl kaum jemanden interessiert, was noch schockierender ist. Auffällig hätte damals aber auch schon die eigentliche Geschichte sein müssen, die über viele Umwege und ohne Überraschungen, dafür aber mit ganz viel Über-Männlichkeit und vielen Längen zum Ziel kommt. Nein, das Drehbuch alleine ist schon nicht gut, doch was man inszenatorisch und moralisch daraus machte, ist nah dran an einer Katastrophe.
Fazit: Anspruchsloses und moralisch verwerfliches Prollo-Kino ohne Sinn und Spannung. Das wäre halb so wild, wenn der Film nicht zu Beginn in seinen sozialen Milieus und mit spannenden Themen vorgaukeln wäre, dass er mehr könnte... um genau diese Prämisse dann auf widerlichste Art und Weise auszunutzen. Das tut schon echt weh und verdient pure Ignoranz.
Note: 5
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