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Flightplan - Ohne jede Spur

Die Triebwerks-Ingenieurin Kyle Pratt (Jodie Foster) will gemeinsam mit ihrer Tochter Julia (Marlene Lawston) von Berlin in die USA fliegen - dort soll ihr kürzlich verstorbener Mann beigesetzt werden, dessen Leichnam im Flugzeug transportiert wird. Während des mehrstündigen Fluges schläft Kyle ein und als sie erwacht, fehlt von Julia jede Spur. Gemeinsam mit der verwirrten Crew versucht die panische Mutter, ihre Tochter in den Gängen und Räumen des Fliegers aufzuspüren, bis der Kapitän Rich (Sean Bean) Zweifel an der Anwesenheit Julias äußert. Keiner der anderen Passagiere will das Mädchen nämlich gesehen haben und auch auf der Passagierliste fehlt jede Spur von ihr...

Es war ein enormer Sprung für den deutschen Regisseur Robert Schwentke, als dieser im Jahr 2005 quasi von jetzt auf gleich einen großen Hollywood-Film inszenieren durfte... mit einem der damals größten Stars der Traumfabrik. Und Schwentke strafte alle vorigen Skeptiker Lügen, denn mit einer schlichtweg mitreißenden Inszenierung hat er seinen Thriller sehr gut im Griff. Dabei wird das gigantische Flugzeug beinahe selbst zu einer Art Protagonist und Schwentke nimmt sich viel Zeit, den beengten Schauplatz vorzuführen. Teils majestätisch schön, wenn es durch die Wolken schwebt, aber auch unbehaglich, gefährlich und beängstigend sind all die Räume, die engen Gänge und die vielen Verstecke. In beinahe klaustrophobischer Stimmung macht sich der Regisseur seinen Schauplatz zunutze und spielt auch mit den Gegebenheiten - es gibt keine Flucht aus einem fliegenden Flugzeug. In hohem Tempo grast er dabei die verschiedenen Orte ab, macht neue Fragezeichen auf und hält das ebenso simple wie originelle Mysterium stets interessant.
Daran sicherlich nicht unschuldig ist auch Jodie Foster, die eine energiegeladene Performance liefert. Ungeschönt, uneitel und mit schlichtweg unnachahmlicher Kraft gibt sie ihre Kyle Pratt, die schier Menschenunmögliches leistet, um ihre Tochter zu finden. Auch der Rest der Besetzung passt bis in die kleinsten Rollen, insbesondere "Die Insel"-Star Sean Bean verdient sich als gar nicht so einseitiger Captain der Maschine eine stilvolle Extrabetonung. Etwas mehr hätte man indes aus den Passagieren und der Crew an Bord herausholen können - die sind zwar hin und wieder für kleinere Konflikte oder schnell enttarnte Verdachtsmomente gut, nehmen darüber hinaus aber weitestgehend passiv am Geschehen teil. Mit dem bunten Treiben an Bord, wenn so viele verschiedene Menschen aufeinandertreffen, wäre vielleicht noch mehr möglich gewesen, doch der Plot konzentriert sich sehr auf die wenigen Charaktere, die die Handlung wirklich tragen. Und das funktioniert so auch: Schwentke lässt sein Mysterium immer mehr aufpumpen, sodass man sich auch als Zuschauer nie wirklich sicher sein kann, ob hier nun ein perfides Spiel getrieben wird oder die Protagonistin tatsächlich ihren Verstand verloren hat. Dabei geht das Skript während der ersten Stunde sehr clever vor, verteilt Brotkrumen und hält den Zuschauer das ein ums andere Mal einen Spiegel vor.
Ein Film wie dieser lebt aber natürlich auch mit seiner Auflösung und wenn das Mysterium so spannend und ergreifend wie hier dargestellt wird, braucht ein solches Rätsel im Grunde einen Schlussspurt, der gar nicht gut genug sein kann. Das hier als Lösung dargebotene verdient sich dann auch nur noch das Prädikat "okay", was das Finale dann doch zum schwächsten Teil des Films macht. Es ist zwar weitestgehend schlüssig, aber im atemlosen Action-Showdown geht die zuvor so sorgsam aufgebaute Mystery-Atmosphäre ziemlich schnell flöten. Robert Schwentke hat auch die lauteren Szenen ziemlich gut im Griff und findet immer wieder feine Wendungen, um das Interesse des Zuschauers wachzuhalten. Wie erwartet hält das Finale aber nicht mit dem Schritt, was er zuvor aufgebaut hat, woraus man ihm aber kaum einen Strick drehen kann. Es gibt letztendlich nur wenige Möglichkeiten, einen solchen Thriller aufzulösen und man hat sich hier für eine Variante entschieden, die zwar nicht sonderlich aufregend auffällt, dafür aber immerhin alle Puzzlestücke sorgfältig einbaut.

Fazit: Dass "Flightplan" zum Finale abbaut, war zu erwarten - die höchstens solide Auflösung der Ereignisse sorgt zwar für einen krachenden Schlussspurt, aber auch nur wenig emotionale Beteiligung. Zuvor bekommen wir aber ein sehr spannendes Rätsel serviert, dass dank der starken Inszenierung und seiner energetischen Hauptdarstellerin zum Mitfiebern einlädt.

Note: 3+



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