Direkt zum Hauptbereich

Generation Beziehungsunfähig

Eigentlich genießt Tim (Frederick Lau) sein Single-Leben in vollen Zügen. Er bezeichnet sich selbst als absolut beziehungsunfähig und nutzt diese Aussage auch, um möglichst viele Freiheiten zu genießen und in sozialen Kontakten keine Verantwortung zu übernehmen. Dieser Lifestyle wird jedoch auf den Kopf gestellt, als er in einer Tankstelle eine freche, junge Frau (Luise Meyer) kennenlernt, die sich selbst "Ghost" nennt. Als Tim versucht, die Dame irgendwie ins Bett zu bekommen, kann er sich plötzlichen, tieferen Gefühlen für sie nicht mehr erwehren und stellt sein bisheriges Single-Leben abrupt in Frage. Dabei weiß er jedoch gar nicht, was die mysteriöse "Ghost", die mit dem zwanglosen Verhalten Tims gut umgehen kann, von dieser Wandlung hält...

Nach dem gleichnamigen Bestseller kam im Juli 2021 und somit kurz nach der Wiedereröffnung der deutschen Kinos dieser Film in die Lichtspielhäuser, der es sich eigentlich zur Aufgabe gemacht hatte, diverse Beziehungsklischees zu beleuchten und diese auch mal auszuhebeln. Dafür, dass der Film solch noble Ziele hat, ist er aber dennoch ordentlich mit Kitsch-Klischees vollgestopft, die besonders die zweite Hälfte der Laufzeit beherrschen. Da merkt man dann ganz besonders, dass die deutsche Mainstream-Komödie (und eine solche ist "Generation Beziehungsunfähig" immer noch) nicht so richtig aus ihrer Haut kann und förmlich darum bemüht ist, dem Zielpublikum eben genau die Romantikklischees, die Liebesbekundungen und den ständigen Herzschmerz, verbunden mit frotzeligen Dialogen, zu geben, nach denen es verlangt. Mit Klischees gebrochen wird dabei leider nur selten und wenn überhaupt nur an der Oberfläche... und das ist gleich in doppelter Hinsicht ein wenig schade.
Der Film hätte es schaffen können, dass immer mehr in Frage stehende Beziehungsmuster einer festen Beziehung zumindest leicht zu kritisieren oder es nicht als ausweglose, romantische Endlinie eines jeden Menschen anzusehen. Die ersten Schritte in diese Richtung macht der Film sogar, wenn er die ersten Treffen zwischen Tim und Ghost als spaßige, zwanglose und dennoch emotional aufgeladene Scharmützel darbringt. Kurz darauf verwandelt sich Tim aber plötzlich in einen liebestollen Romantiker, in einer sehr raschen Wandlung und ohne jegliche Nuancen... und der Film wird zum Mainstream. "Generation Beziehungsunfähig" liefert zu diesem Zeitpunkt auch inszenatorisch genau das, was man sich von einer deutschen RomCom vorstellt - schmissige Popsongs, eine charmante Bebilderung der Millionenstadt Köln und manch einen Slapstick-Moment. Das ist soweit auch alles ganz niedlich und hat durchaus einen gewissen Spaßfaktor, ist aber auch arg vorhersehbar gezeichnet und bietet viel zu wenig Wagnisse.
Gerettet wird die Nummer jedoch eindeutig von den beiden Protagonisten: Luise Meyer und "Nightlife"-Star Frederick Lau haben eine ganz wunderbare Chemie zueinander, sodass man sogar die plötzliche Romantiknummer Tim's irgendwie noch kaufen kann. Trotzdem wirken beide in der ersten Hälfte noch stimmiger und glaubwürdiger, bevor der Film in den üblichen Herzschmerz abdriftet und seine dick gedruckten Messages an Mann und Frau bringen muss. Diese werden dann gar so penetrant abgeliefert, dass sogar sämtliche Nebenfiguren (die ohnehin wenig Raum erhalten) als Liebesboten der auffälligen Art herhalten müssen. Alles quellt plötzlich förmlich über vor ungezügelter Romantik, obwohl der Streifen uns eigentlich zu Beginn weismachen wollte, dass er es damit gar nicht so genau nehmen will. Dementsprechend zerfällt "Generation Beziehungsunfähig" in zwei ziemlich ungleiche Teile: Der erste ist angenehm frech und hat trotzdem einen gewissen Charme, der das Herz nicht verwehrt, während der zweite Part in den altbekannten RomCom-Kitsch verfällt, der sicherlich auch seine Momente hat, den wir aus deutschen Landen aber viel zu häufig sehen. Schade, da wäre mehr drin gewesen.

Fazit: Zu Beginn glaubt man sich noch in einer frechen, zeitgemäßen Komödie, doch Charme und frecher Witz müssen alsbald einer Bilderbuch-Romantik weichen, die teils altbacken, teils bemüht wirkt.

Note: 3-



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr...

Meine Erstsichtungen vom 08.07.24 bis zum 14.07.24

Girl You Know It's True: Musiker-Biopic von Simon Verhoeven, mit Tijan Njie, Elan Ben Ali, Matthias Schweighöfer, Bella Dayne, Mitsou Young und Graham Rogers Dem Film über das umstrittene Musik-Duo Milli Vanilli gelingt das Kunststück, einerseits ungemein unterhaltsam zu sein und andererseits einen der größten Skandale der Musikgeschichte zu erzählen, ohne ihn großartig auszuschlachten. Stattdessen gibt der Film den beiden verrufenen Künstlern ihre Würde zurück, indem er die Hintergründe des Aufstiegs und Falls der beiden Ikonen genau dezidiert und dabei nicht wütend mit dem Finger auf einen bestimmten Schuldigen zeigt - das ist dann auch für Kenner noch hochinteressant, bisweilen spannend und mit einigen emotionalen Tiefschlägen ausgestattet. Trotz einiger Längen hält Simon Verhoevens Regie den Film durchweg am Leben, die Musikszenen sind energetisch inszeniert. Zudem wissen nicht nur Tijan Njie und Elan Ben Ali in den Hauptrollen durchweg zu überzeugen, sondern auch Matthias Schw...

Cold Comes the Night

Die alleinerziehende Mutter Chloe (Alice Eve) leitet ein heruntergekommenes Motel, wo immer wieder zwielichtige Gäste eintrudeln und sogar die örtlichen Prostituierten ein Zimmer nehmen, um sich mit ihren Kunden zu vergnügen. Für Chloes Tochter Sophia (Ursula Parker) ist dies kein geeigneter Wohnort, findet das Jugendamt, und droht deswegen sogar damit, sie Chloe wegzunehmen. Als eines Abends ein mysteriöser Reisender (Bryan Cranston) um ein Zimmer für eine Nacht bittet und sich bereits am Empfang merkwürdig verhält, wird Chloe bereits hellhörig. In der Nacht fallen plötzlich Schüsse und zwei Bewohner der Appartements werden tot aufgefunden. Doch ist dies erst der Beginn einer wahren Tortur, durch welche Chloe in den nächsten Stunden noch wird gehen müssen... Es gibt durchaus einige Filme, bei denen ich mich nachträglich mehr als gewundert habe, warum diese nicht das Licht der Leinwand erblickt haben, sondern direkt für den Heimkinomarkt ausgewertet wurden - noch vor Zeiten von großen ...