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Lucifer - Die sechste Staffel

Tatsächlich ist es ihm gelungen, seinen Bruder Michael auszustechen, weswegen Lucifer Morningstar (Tom Ellis) nun offiziell den Titel des Gottes dieser Welt trägt. Zumindest fast, denn seine Ernennung hat Lucifer nun mehrfach hinausgezögert, weil er doch lieber noch ein wenig mehr freie Zeit mit seiner geliebten Chloe (Lauren German) auf der Erde verbringen will. Das führt dazu, dass beide plötzlich Zeugen eines Mordes werden, welcher sie doch noch ein wenig länger von der Silbernen Stadt fernhält - etwas, was Amenadiel (DB Woodside) angesichts der Tatsache, dass die Welt derzeit keinen richtigen Gott hat, erzürnt. Indes hat Mazakeen (Lesley-Ann Brandt) ihren Plan, über die Hölle zu herrschen, aufgegeben und just in diesem Moment macht sich von dort eine neue Bedrohung auf den Weg zur Erde. Das Ziel: Lucifer natürlich.

Nein, ganz so eilig hat es Lucifer plötzlich doch nicht mehr, auf seinem Thron in der Silbernen Stadt Platz zu nehmen, obwohl genau dieses Ziel ihn in der fünften Staffel ja noch so rigoros angetrieben hat. Und weil er eben doch noch lieber ein wenig mit seiner geliebten Chloe herumshakern will, sind wir wieder im alten Spiel dieser Serie. Erneut wird uns also vorgegaukelt, dass da noch ganz viel passieren kann, aber die wichtigsten Entscheidungen und Wendungen werden gern bis zum Ende hinausgezögert... und das ja mittlerweile seit mehreren Staffeln. Nun ist es nicht so, dass in der finalen Season nichts los wäre und die Ereignisarmut der Staffeln 3 und 5 ist hier auch nicht mehr gegeben. Trotzdem sind die Kniffe, mit denen sich die Autoren behelfen, um der berüchtigten Finalstaffel noch eine gewisse Dramaturgie zu verpassen, nicht sehr gelenk. Wenn nämlich das größte Drama rund um eine Figur besteht, die wir zuvor noch nie gesehen haben und die nun urplötzlich im aus zehn Episoden bestehenden Showdown das wichtige Glied in der Kette sein soll, will man das als Zuschauer nicht so ganz schlucken. Und die eher maue und ziemlich willkürliche Familiengeschichte, die man sich dabei aus den Fingern gezaubert hat und die noch mit einigen ziemlich banalen Fantasy-Elementen angereichert wird, um diverse Logikplots auf simple Art und Weise zu stopfen, ist dann auch eine eher zähe Nummer.
"Lucifer" zögert also das, was im Finale der fünften Staffel quasi abgehakt wurde, noch einmal hinaus - alle, die sich nun also auf ein gänzlich neues Konzept mit dem Titelhelden als Herrscher über diese Welt gefreut haben, werden enttäuscht. Natürlich liefert die Show dazu auch noch ein paar Wendungen, um die Zuschauer dahingehend zu überraschen, doch um die narrative Handlung, die hier zum wiederholten Male wahnsinnig schwammig ausfällt, geht es diesmal eh kaum noch. Es ist zwar irgendwie auch eine Bedrohung da, aber um die wird sich wenig gekümmert. Stattdessen verstehen die Macher diese letzte Season (und es war ja durchweg unklar, ob die überhaupt kommen würde) als Möglichkeit, von allen geliebten Hauptfiguren Abschied nehmen zu können und ihre zum Teil ja eigentlich längst den Zenit erreichten Storyarcs noch einmal zum Abschluss zu bringen. Für Fans ist das eine tolle Sache, denn die haben jahrelang darauf gewartet, wie Maze... nun gut, so sehr ins Detail gehen wir dann natürlich doch nicht. Aber ja, Hardcore-Fans werden hier definitiv abgeholt, denn die Macher haben längst verstanden, an welchen Schrauben sie drehen müssen, damit die in Verzückung geraten. Dementsprechend ist alles drin, an was sie sich erfreuen: Herzschmerz, Fantasy-Kitsch, süffisante Dialoge (wenn auch längst nicht mehr so geschliffen wie zu Beginn der Show), natürlich eine Hochzeit und jede halbwegs wichtige Figur bekommt noch einmal einen erinnerungswürdigen Auftritt.
Und in den letzten Minuten fällt es sogar jemandem wie mir, der mit dieser Serie spätestens zur fünften Season völlig fertig war und den auch die finale Staffel in ihren leeren Plotvehikeln und mit den Figuren, die schon lange nichts Interessantes mehr zu sagen haben, nicht bekehrt hat, nicht gerührt zu sein. Mit einer treffsicheren Inszenierung gelingt ihnen nämlich tatsächlich ein sehr stimmiger Abschied und ein zufriedenstellendes Ende. Der Weg dorthin ist aber sehr weit und über zehn Folgen hinweg müssen wir erneut mit einigen schwachen Plots, mauen Wendungen und sehr viel Herumgemänderei leben. Es gibt aber auch immer wieder Momente, die tatsächlich überzeugen: So gefällt besonders der Storyarc rund um Lucifers Bruder Amenadiel, der in der Polizeiarbeit eine neue Bestimmung gefunden hat und da tatsächlich etwas verändern möchte - ein passender Wink mit dem Zaunpfahl zu unserer heutigen Gesellschaft. Am Ende lässt sich also sagen, dass "Lucifer" über seine beinahe einhundert Episoden viel zu wenig zu erzählen hat, dies aber fast durchweg mit Charme tat. Diese Bissigkeit, dieses unverhohlene Knistern zwischen den durchweg sympathischen Charakteren hat die Serie zwar mit der Zeit etwas eingebüßt und wirkt in dieser finalen Season oftmals arg bemüht, aber humorvolle Spitzen und berührende Momente gibt es weiterhin. Fans werden es also wahrscheinlich lieben... und das ist ja am Ende des Tages das Wichtigste. 

Fazit: Fans werden aufgrund des emotionalen Abschieds sicherlich auch die finale Season lieben. Alle anderen müssen mit teils banalen Handlungen und deutlich weniger Charaktercharme leben, der durch Kitsch und Familien-Herzschmerz ersetzt wurde... spaßige und teils erstaunlich berührende Momente finden sich ab und an aber noch.

Note: 4+





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