Es ist ein Monat vergangen, seit Lucifer Morningstar (Tom Ellis) seiner großen Liebe Chloe Decker (Lauren German) während eines Einsatzes sein wahres Gesicht gezeigt hat. Chloe verschwindet für lange Zeit und Lucifer befürchtet, sie vollkommen verschreckt zu haben. Als Chloe eines Tages zur Arbeit zurückkehrt, hat Lucifer weiterhin Zweifel - sie sagt zwar, dass sie nun mit seinem wahren Ich umgehen könnte, doch spürt er ihre Abweisung, die immer wieder durchdringt. Indes ist auch Amenadiel (DB Woodside), obwohl er seine Engelsflügel zurückerhalten hat, auf die Erde zurückgekehrt. Dort versucht er, Dan (Kevin Alejandro) zu helfen, der noch immer versucht, den plötzlichen Tod seiner geliebten Charlotte (Tricia Helfer) zu verarbeiten...
Das war dann wohl eine Rettung in letzter Sekunde. Eigentlich war die Absetzung der bei Fans ungemein beliebten Serie "Lucifer" beschlossene Sache und die Show hätte somit nach der dritten Staffel ein offenes und dementsprechend unbefriedigendes "Ende" gefunden. Doch die Macht der Fans war wirklich stark, sodass sich letztendlich Netflix als Retter aufschwang und der Show drei weitere Seasons bescherte, die dann wirklich zu einem Abschluss führten. Und dieser neue Schirmherr war wohl das Beste, was der zuletzt ja deutlich schwächelnden Show passieren konnte. Da Netflix ja stets deutlich sparsamer in Sachen Episodenzahlen vorgeht, besitzt die vierte Staffel der Fantasy-Serie nur noch zehn Folgen und räumt somit den größten Kritikpunkt der Vorgängerstaffel vehement aus dem Weg: Die sich über etliche Folgen nur um sich selbst drehende, kaum vorankommende und bald gar soapig wirkende Geschichte, die ohne genaues Ziel und mit allerlei mauem Beziehungskitsch gar nicht mehr packen wollte. Die vierte Season ist da im direkten Vergleich deutlich kompakter, was womöglich einige der sehr sympathischen Charaktermomente kostet, und erzählt ein kurzweiliges Fantasy-Abenteuer mit einem spannenden Grundkonflikt, vielen Wendungen und einem emotionalen Showdown.
Die wesentlich flottere, aber niemals gehetzte Erzählweise geht dann ein wenig auf die Kosten der Nebencharaktere, die zuvor (zu) viel Zeit eingeräumt bekamen. Wo "Dexter"-Star Aimee Garcia noch durch ihren natürlichen Charme Punkte machen kann, da sie als Nebenfigur ohnehin deutlich besser taugt als in viel zu forcierten Haupthandlungen, tritt mein heimlicher Favorit Dan über weite Strecken weit in den Hintergrund, um dann auch noch eher schwach geschriebene Konflikte anzutreiben, die so gar nicht zu dem Charakter passen, den wir zuvor kennenlernten. Auch die Geschichte rund um Amenadiel und Therapeutin Linda ist eher cheesy geschrieben, bringt aber einen gewissen, spaßigen und auch romantischen Fantasy-Touch ein. Dahingegen fügen sich die wenigen Neuzugänge sehr gut ein, was besonders für eine junge Frau an Lucifers Seite gilt, die sein Leben fortan ordentlich aufmischt. Und dann sind da natürlich noch der Teufel himself und seine wahre Liebe zu bemerken, deren sich zuvor ständig im Kreis drehender Beziehungskonflikt im Finale der dritten Staffel einen echten Turn zugestanden bekam. Schön, dass man diesen hier dann auch nutzt, um wirklich einen echten Konflikt von größerem Maße voranzutreiben, in welchem Lucifer und Chloe Decker glaubhaft verwoben sind. Beide stehen nun auch wieder deutlich im Fokus der Geschichte, was ihre Liebesstory reifer, menschlicher und glaubwürdiger wirken lässt.
Menschlicher, aber auch düsterer ist nun auch die gesamte Serie geworden. Dank deutlich reduzierter Episodenzahl konnte das Budget besser verteilt werden, was nun auch große Actionszenen, die einer Fantasy-Show wie dieser angemessen sind, sowie richtig hübsche Computer- und MakeUp-Effekte möglich macht. Auch etwas mehr Mut zur dunklen Fantasy wird hier gegeben: Netflix bewahrt sich den schelmischen Humor der Serie mit ihren herrlichen Wortduellen und gelegentlich absurdem Slapstick (Highlight: Eine Traum-Tanzszene auf der Polizeistation, die Lachtränen garantiert), erzählt seine Geschichte aber auch mit wesentlich mehr Courage, wagt einen Blick in die Seelen der Protagonisten und ist sich auch nicht zu fein, einige richtig knallende Wendungen vom Stapel zu lassen, welche die gesamte Zukunft der Show beeinflussen. Mit Verlaub: So etwas hätte die Serie zuvor nie gewagt, da es viel zu gefährlich gewesen wäre, dass simple und etablierte Story-Konstrukt zu gefährden. Also ja: "Lucifer" ist mehrere Schritte vorwärts gelaufen (so sind auch die Episodenfälle diesmal wesentlich dringlicher, da sie auch immer etwas mit den Hauptfiguren zu tun haben oder sie beeinflussen) und holt diesmal auch Fantasy-Fans ab, ohne aber zu viel von seinem Charme zu verlieren. Dass dabei nicht jeder Plot funktioniert, nicht alle Gags sitzen und der finale Showdown der Staffel ein bisschen schwach auf der Brust ist, man auch aus den etablierten Nebenfiguren mehr hätte herausholen können, ist zwar unübersehbar, aber nicht allzu schlimm. Denn mit dieser Season sitzt die Serie wieder im Sattel und kommt qualitativ deutlich auf Touchfühlung mit der ersten Staffel.
Fazit: Unter der Kontrolle von Netflix wird "Lucifer" düsterer, mutiger und fokussierter, ohne dabei seinen schelmischen Charme zu verlieren. Die Fantasy-Story hat endlich mehr Drive und kümmert sich besser um die Charaktere, allerdings werden einige spannende Plots auf dem Weg liegengelassen oder zu rasch abgehandelt.
Note: 3+
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