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Fresh (2022)

Eigentlich hat die Mittzwanzigerin Noa (Daisy Edgar-Jones) die Nase vom Dating gestrichen voll, enden die Treffen mit diversen Männern, die sie auf Tinder und Co. kennengelernt hat, doch entweder mit peinlichen Essen oder dem Empfang von unerwünschten Dick-Pic's. Als sie während eines Einkaufs im Supermarkt jedoch zufällig den charmanten Steve (Sebastian Stan) kennenlernt, scheint alles zu passen. Noa ist förmlich so schockverliebt in den gutaussehenden, humorvollen Arzt, dass sie sich dazu entschließt, gleich nach dem zweiten Date auf ein gemeinsames Wochenende mit ihm zu fahren. Dort soll sie jedoch hinter die wahre Fassade Steves blicken... denn dieser hat ein düsteres Geheimnis und eine ganz besondere Vorliebe.

Seien wir mal ehrlich: Dates sind oftmals eine frustrierende, stressige, nervige und für viele Frauen sicherlich auch psychisch brutale Angelegenheit. Wenn es einen Film gibt, der jedem von uns (und besonders dem weiblichen Geschlecht) zukünftig die Lust auf Dates mit fremden Personen so richtig verhagelt, dann ist es "Fresh". Einer der abgefucktesten und düstersten Thriller aus amerikanischem Hause der letzten Jahre feiert seine Premiere hierzulande dann auch ausgerechnet auf dem Streaming-Dienst vin Disney, was aufzeigt, wie breit der Katalog dank der Einkäufe von Hulu und Fox mittlerweile ist. Und was Regisseurin Mimi Cave dabei an makaberem Material abliefert, kann sich durchaus sehen lassen, denn obwohl der Film auf offensichtliche Gewaltakte oder Splatter-Elemente fast vollständig verzichtete, dürfte sich dem unbedarften Zuschauer mehr als einmal der Magen umdrehen. Wieso das so ist und wie es sein kann, dass ein Film, der während der ersten halben Stunde noch so charmant im Fahrwasser einer frechen Romantic Comedy schwimmt, plötzlich solch rabiate Ausmaße annimmt, hat natürlich mit Steves düsterer Vorliebe zu tun, die hier besser nicht verraten werden soll. Denn herauszufinden, wer dieser Kerl eigentlich ist und was ihn, nun ja, antreibt, ist eine durchaus spannende, wenn auch für zartbesaitete Seelen fordernde Sache.
Sobald diese Segel aber tatsächlich gesetzt sind und dem Zuschauer relativ klar ist, was hier in den nächsten anderthalb Stunden auf ihn zukommt, lässt "Fresh" ordentlich Federn. Das weitestgehend mit Worten und Blicken ausgehandelte Psycho-Duell ist zwar aufgrund des rabiaten Hintergrundes immer noch ziemlich spannend, unterscheidet sich in seinen Grundfesten aber kaum von zahlreichen anderen Thrillern. Dabei sind einige der späteren Wendungen nicht nur ziemlich vorhersehbar, sondern werden sogar ziemlich plump ausgerollt. Im Mittelteil zieht sich die ganze Nummer recht ordentlich, wohingegen das Finale viel zu fix abgehandelt wird. Und dann macht "Fresh" auch leider zu wenig aus seiner männlichen Hauptfigur und schwenkt ihn nach der spektakulären Wendung nach rund einem Drittel leider ziemlich unsauber zum standardisierten Mega-Psycho um. Das gibt Marvel-Star Sebastian Stan zwar Gelegenheiten, so richtig fies abzustauben und es ist angesichts von Steves Hintergründen natürlich auch absolut sinnig, doch wandelt sich der Film dadurch eben zu einem recht reinrassigen Psycho-Thriller, der einige düstere Gelegenheiten und frische Ideen liegenlässt, um mit eher altbekannten Manirismen zu unterhalten.
Das ist prinzipiell Jammern auf hohem Niveau und eine noch genauere Auseinandersetzung mit dem wahren "Ich" eines kranken Psychopathen wollte man dem unbedarften Publikum vielleicht auch nicht zutrauen. Angesichts solch mutiger TV-Serien wie "You" oder "Dexter", die ebenfalls das Innenleben und den Konflikt eines Psychopathen auskundschaften, hätte man hier aber vielleicht noch etwas mehr wagen können, da Steve als dieser einseitige Gegenspieler so auch nicht immer die nötige Bedrohung entfaltet. Deutlich stärker schlägt sich da schon die sympathische Protagonistin, die in Steves Fänge gerät. Daisy Edgar-Jones offenbart dabei mit losem Mundwerk und charmanter Ausstrahlung in der ersten halben Stunde nicht nur eine fabelhafte Chemie mit Stan, sondern kann im weiteren Verlauf auch deutliche Akzente setzen, wenn es um ihren eigenen Überlebenskampf geht. Besonders der Moment, als ihr klar wird, in welche Misere sie hier geraten ist, ist ganz großes Schauspiel und Edgar-Jones überträgt den seelischen Absturz zwischen Ohnmacht und der Wahrung ihrer eigenen Würde auf beeindruckende Art und Weise. Noch dazu arbeitet "Fresh" recht solide den heutigen Zeitgeist mit ein, ohne dies dem Zuschauer dabei zu arg vor die Stirn zu knallen. Es ist somit ein angenehm feministischer Horrorstreifen geworden, der Frauenpower bietet, aber auch die Probleme des weiblichen Geschlechts in einer Männerdomäne thematisiert, ohne dabei aber zu sehr in die Tiefe zu gehen.

Fazit: Ein rabenschwarzer Thriller, nichts für schwache Nerven und mit einer gehörigen Portion Zynismus. Leider wandelt sich der Film nach einem energetischen Beginn, inklusive packender Wendung, zu einem recht einseitigen Psycho-Duell, welches aber immerhin genügend Spannung und ekelerregende Schockeffekte sowie eine starke Hauptdarstellerin aufbietet.

Note: 3



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