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25 Stunden

Montgomery Brogan (Edward Norton) hat noch exakt einen Tag in Freiheit - dann soll er für mindestens sieben Jahre ins Gefängnis wandern, nachdem die Polizei in seiner Wohnung Drogen gefunden hat. "Monty" nutzt die verbliebene Zeit, um seine letzten Angelegenheiten zu klären und noch einige Stunden mit den Menschen zu verbringen, die ihm am nächsten stehen. Dazu zählen seine beiden besten Freunde, der Lehrer Jacob Elinsky (Philip Seymour Hoffman) und der Börsenmakler Frank Slaughtery (Barry Pepper) sowie seine Freundin Naturelle Riviera (Rosario Dawson). Dabei kommen jedoch nicht nur einige düstere Geheimnisse ans Licht und die vier Personen bugsieren sich in manch eine ausweglose Lage... Monty muss auch mit dem großen Abschied fertigwerden und sich darüber im Klaren werden, was ihn in den Jahren hinter schwedischen Gardinen erwarten könnte.

Die Filme von Regisseur Spike Lee finden immer mitten in der Gesellschaft statt, haben politische Aussagen und sind daher meistens schwere Kost. Das ist auch bei "25 Stunden" aus dem Jahr 2003 so - nicht grundlos kann man die Stadt New York City als einen der Hauptdarsteller des Films bezeichnen. Lee projiziert seine eigene Wut auf die Anschläge auf Amerika am 11. September 2001 in diesen Film, zeigt in prächtigen Bildern das, was die Stadt nach dem Einsturz des World Trade Centers war und was sich in den Menschen wiederspiegelt. Dabei findet er auch Töne der Hoffnung, wenn er sich den Nachwirkungen der Katastrophe in eindrücklichen Dialogen widmet. Auch draüber hinaus hat Lee wie immer viel über die Menschen der Gesellschaft zu erzählen und in den besten Szenen seines Films lässt er dabei Unter- und Oberschicht aufeinanderknallen. Das ist manchmal ein wenig plakativ, wenn der reiche Wall-Street-Broker Frank dem Geringverdiener Jacob deutlich klar macht, dass er in der Liste der Single-Männer Amerikas aufgrund seines geringeren Gehalts deutlich tiefer eingestuft ist.
In vielen Momenten findet Lee aber auch wie gewohnt den richtigen Ton, nur muss man für diesen eine ganze Menge Geduld mitbringen. Das Tempo ist niedrig, Lee nimmt sich sehr viel Zeit für einzelne Szenen, lässt Dialoge lang, aber meist nicht langweilig auswalzen. Die Themen, welche die Figuren zu besprechen haben, mögen sich das ein ums andere Mal im Kreise drehen, doch sind sie dabei so existentell und ergreifend, dass wir sehr gerne lauschen. Dabei verzichtet Lee auf eine kohärente Erzählstruktur, lässt immer wieder Rückblenden und manchmal gar Träume einfließen, um nötige Informationen über die Charaktere und ihre Vergangenheiten preiszugeben. Nicht jeder der Plots führt dabei zu einer echten Konklusio, was teils enttäuschend, teils erfrischend ist. Lee verzichtet auf den moralisch erhobenen Zeigefinger und verdammt somit sich selbst als Regisseur als auch die Zuschauer zu einer beobachtenden Funktion, die keine Seite wählen darf. So fällt es schwer, sich an eine der Figuren zu klammern, da sie moralisch alle Dreck am Stecken haben, keiner von ihnen als richtiger Sympathieträger fungieren kann. Das macht "25 Stunden" zu einem bemerkenswert grauen Film, was manch einer auch als Unentschlossenheit deuten könnte.
Die Besetzung leistet dabei erwartungsgemäß Großes. Edwart Norton, der hier Tobey Maguire ersetzte, da die Produktion von "25 Stunden" mit dem Drehplan zu "Spider-Man" kollidierte, hält sich zumeist angenehm zurück und wirkt dadurch umso kraftvoller. Der heimliche Star, und auch das kommt nicht überraschend, ist aber Philipp Seymour Hoffman, der seinen schüchternen Lehrer mit solch einer mitleiderregenden Stille spielt, dass man ihm förmlich an den Lippen hängt. Sein Plot, in welchem er droht, den optischen Reizen einer minderjährigen Schülerin zu erliegen, ist dabei aber einer der schwächsten des Drehbuchs, da er zwar viel Raum einnimmt, darüber hinaus aber nicht mehr viel zu sagen hat. Einige der Geschichten werden gegen Ende, wenn es doch noch die Story von Monty ist, die hier in den echten Fokus rückt, ein wenig abgeschnitten - nicht alle Figuren bekommen, obwohl Lee ihnen genügend Zeit einräumt, genug Raum, um sich wirklich von diversen Klischees abzugrenzen. Das sind einige deutliche Schönheitsfehler, die es mit der Zeit immer schwerer machen, so richtig in den Film hineinzukommen. 

Fazit: Spike Lee's teils geistreiche, teils auch existenziell wichtige Dialoge wissen ebenso wie die Schauspieler, die diese zum Besten geben, zu fesseln. Durch seine inkohärente Erzählstruktur und die unausgegorene Inszenierung kann der Film auf viele Zuschauer teilweise sehr sperrig wirken.

Note: 3



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