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Ted Bundy: No Man of God

In den 1980er Jahren war die FBI-Abteilung der sogenannten "Profiler", die sich mit der Verhaltensanalyse von Serientätern beschäftigten, noch neu. Bill Hagmaier (Elijah Wood) ist einer der ersten Profiler, die sich intensiv mit dem Verhalten, der Kindheit und dem Charakter von Serienkillern auseinandersetzen, um durch diese Erkenntnisse zukünftig weiteren Mördern auf die Schliche zu kommen und ihre Beweggründe zu verstehen. Dabei wird er auf den bereits inhaftierten Serienkiller Ted Bundy (Luke Kirby) angesetzt, dem dreißig Morde an jungen Frauen und Mädchen zur Last gelegt werden. Hagmaier soll den Killer charakterisieren und somit auch mehr über die Morde herausfinden, um den Familien der Opfer einen Abschluss zu bieten. Bundy hingegen gilt als außerordentlich schlau und manipulativ und scheint zu Beginn wenig daran interessiert, Hagmaier auszuhelfen... oder ist dies nur eine weitere Falle des gnadenlosen Mörders?

Im Jahr 2004 fragten sich Millionen von Kinozuschauern in Deutschland und auch international, ob man einen Massenmörder und Tyrannen wie Adolf Hitler auf filmischer Basis als echten Menschen zeichnen dürfte, der am Tisch sitzt, Nudeln isst und über Scherze seiner Untergebenen lacht. Das Kriegsdrama "Der Untergang" führte zu Diskussionen, ob solcherlei in Film und Fernsehen erlaubt sein sollte und ob man damit nicht die Taten eines grausamen Menschen beschönigt, verharmlost oder nachvollziehbar gestalten möchte. Ähnliche Fragen dürften sich manche Kinozuschauer bei der Sichtung des Crime-Dramas "No Man of God" gestellt haben, denn hier wird tatsächlich versucht, in die Seele, den Charakter und das zerrüttete Gefühlsleben eines der wahnsinnigsten Serienkiller der amerikanischen Geschichte einzutauchen: Ted Bundy. Dabei begeht der Film jedoch einen eklatanten Fehler, denn eigentlich sollte er als eine Biografie eines der ersten FBI-Profiler der USA, Bill Hagmaier, funktionieren. Aufgrund seiner Faszination für die Gefühlswelt des berühmten Serienkillers bleibt der eigentliche Hauptdarsteller aber reichlich blass.
Tatsächlich erfährt man über Hagmaier als Mensch so gut wie nichts und er verbleibt in jeglicher Hinsicht im Schatten der zweiten Hauptfigur, die in Deutschland sogar der "Titelstar" ist. Das gilt zum einen für die Performance von "Der Herr der Ringe"-Star Elijah Wood, der zwar bemüht gegen sein Fantasy-Image anspielt, dabei doch ein wenig blass bleibt. Und es gilt auch für den Charakter an sich, dem im Grunde kaum mehr Zeichnung zugestattet wird als einer Faszination für sein Gegenüber zu erliegen und sich somit in seiner eigenen Arbeit zu verfangen. Deutlich faszinierender, spannender und auch schauriger ist dabei das, was die Macher aus Ted Bundy gemacht haben - am Ende des Films hat man sicherlich nicht das Gefühl, diesen Killer verstanden zu haben, doch wir haben Einblicke in seine Seele erhalten. Wir sehen nicht mehr nur einen gnadenlosen Psychopathen, sondern in seinen letzten Wochen auch einen Mann, der bedauert, der fühlt und der sogar Angst empfindet. Für manche Zuschauer dürfte dieser Weg hin zu einer echten Charakterisierung ein Schritt zu weit sein, doch lässt sich nicht verhehlen, dass Regisseurin Amber Sealy ihr Publikum fordert, indem sie es selbst der Gefahr aussetzt, Bundys intrigantem Charme zu erliegen und sogar Verständnis für seine Gefühlswelt darzubringen - hier agiert Sealy angenehm mutig.
Mutig war auch der Schritt, den Film zu ungefähr achtzig Prozent nur in einem Raum spielen zu lassen - dem Verhörraum, in welchem Hagmaier und Bundy ihre gemeinsamen Gespräche durchführten. An diesen Stellen hätte man sich indes ein wenig mehr inszenatorisches Fingerspitzengefühl gewünscht, denn mit der Zeit und trotz eines fantastischen Luke Kirby in der Rolle des Ted Bundy wirken diese langen Dialogpassagen ein wenig steril. Immer wieder versucht die Regisseurin dem mit harten Schnitten und plötzlichen, wirr wirkenden Traumpassagen entgegenzuwirken, was in dieser Form jedoch etwas bemüht wirkt. So kann sich "No Man of God" nicht einiger Längen erwehren, die vor allem in der ersten Hälfte des Films aufkeimen, bevor er später wieder etwas deutlicher in Schwung kommt, wenn die Beziehung zwischen Hagmaier und Bundy an Kraft gewinnt. Letztendlich bleibt aber auch diese unter ihren Möglichkeiten, da Bundy als Person diesen Film schier beherrscht und es daher eine etwas einseitige Beziehung bleibt, in welcher Hagmaier als schwächer gezeichnetes Spiegelbild nicht dieselbe, düstere und angsteinflößende Faszination ausüben kann. Das ist schade, hätte es das Werk doch um eine interessante Perspektive erweitert und zudem Informationen preisgegeben über einen Mann, über den man bislang weitaus weniger wusste.

Fazit: Ein spannender, fordernder Einblick in die Gefühlswelt eines eiskalten Psychopathen, doch darüber hinaus bietet "No Man of God" weniger, als er eigentlich verspricht. Ausgerechnet die Figur des FBI-Profilers, dessen Biografie dies sein soll, bleibt leidlich blass und die langwierigen Dialogpassagen können trotz eines hervorragenden Luke Kirby nur kurzzeitig fesseln.

Note: 4+



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