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Dennis Quaid knallt durch: Filmkritik zu "The Intruder" (2019)

Kurz nach ihrer Heirat erwerben der Marketing-Manager Scott (Michael Ealy) und seine Frau Annie (Meagan Good) ein altes Haus in Napa Valley, Kalifornien. Der Traum vom ruhigen, großen Eigenheim scheint perfekt, wäre da nicht der etwas eigenwillige Vorbesitzer: Charlie Peck (Dennis Quaid) hat dem Pärchen das Haus zwar selbst verkauft, taucht anschließend aber immer wieder unangekündigt auf, um Hausarbeiten zu verrichten oder nach dem Rechten zu sehen. Wo Annie noch Mitleid für den offensichtlich vereinsamten Witwer empfindet, hat Scott schon bald die Schnauze voll und vermutet, dass Peck sein Haus noch nicht aufgegeben hat. Wie sehr er mit dieser Annahme Recht hat, soll er tatsächlich bald am eigenen Leibe erfahren, denn Pecks Besuche werden immer aufdringlicher... 

Obwohl "The Intruder" zu Beginn einige Zeit braucht, um wirklich in Fahrt zu kommen, habe ich die ruhige Einführung einigermaßen genossen. Die kleinen und großen Besuche des seltsamen Peck, der auf krude Art und Weise ebenso gruselig wie seltsam-sympathisch herüberkommt, haben eine Art von schrägem Humor, der auch unangenehm wirken kann. Ein wenig wie das Treffen mit einem alten Bekannten, den man wirklich nicht um sich haben will, den man aber auch nicht recht loswird. Dabei besitzt der Film eine recht stimmige Atmosphäre, die schon früh ein paar Andeutungen auf die Richtung einstreut, in welche es später eskalieren wird. Das kommt natürlich keinesfalls überraschend und der Film bewegt sich dabei auch durchweg auf den ausgetretenen Mustern eines herkömmlichen Home-Invasion-Thrillers. Und genau deswegen gefällt der langsam aufgebaute Konflikt, der sich eher durch kleine Kinkerlitzchen hochkocht, zu Beginn noch am meisten, da in diesem Moment auch "Pandorum"-Star Dennis Quaid mit einer angenehm dichten Performance überzeugt.
Problematisch ist zu diesem Zeitpunkt einzig die Charakterisierung des Hauptfiguren-Paares, die beide für sich ziemlich unsympathisch daherkommen. Gerade Scott ist eine männliche Hauptfigur, der man von Anfang an nicht folgen will: Herrisch, unfreundlich, hinter dem Rücken anderer Personen lästernd und sogar seine Frau manipulierend sorgt er dafür, dass das Publikum ihm nicht die Daumen drücken mag. Da wirkt Annie generell sympathischer, dafür bricht sie aber in nerviger Regelmäßigkeit fadenscheinige Konflikte vom Zaun, die nur dafür da sind, die Hauptfiguren im zentralen Streit rund um Charlie Peck immer wieder gegeneinander statt miteinander arbeiten zu lassen. Das Drehbuch muss dabei (nicht zum letzten Mal) sehr offensichtliche Haken schlagen, um die Charaktere dahinzubringen, wo sie für die Dramaturgie später sein müssen und pfeift dafür auf charakterliche Glaubwürdigkeit. Dazu passen dann auch die fürs Genre typischen, hirnrissigen Entscheidungen, die diese Figuren im weiteren Verlauf treffen - selbst nach mehreren, höchst verdächtigen Vorfällen und einer klar zu beziffernden Gefahr gehen die Charaktere im Haus ohne jegliche Sicherheitsvorkehrung ein und aus und laufen einem mysteriösen Geräusch selbstverständlich erst einmal alleine nach, statt zum Handy zu greifen oder das unsichere Eigenheim schlichtweg zu verlassen.
Passend zu diesem mauen Genre-Standard der zweiten Filmhälfte (wobei sogar Figuren irgendwann einfach vergessen werden, was weitere Plotholes verursacht, um die man sich wohl nicht kümmern wollte), dreht dann auch Dennis Quaid mächtig auf. Hat er seine Rolle zu Beginn noch angenehm ambivalent im Griff und sorgt so durchaus für etwas schaurigen Charme, verwandelt er sich später ohne jegliche Subitilität und mit schrecklichem Chargieren in eine Mischung aus dem Joker und Freddy Krueger. Das Psychogramm eines offensichtlich kranken Mannes funktioniert dabei auch in keine Richtung - dieser Charlie Peck wird zwar durch einige Enthüllungen erklärt, aber letztendlich doch nur als tumber Schurke verurteilt, sodass jegliche Ambivalenz auch hier einfach wegstirbt. Das passt dann zum typischen Horror-Showdown, wo es innerhalb weniger Minuten vom helllichten Tag zur finsteren Nacht wechselt (ein Versteckspiel im Haus ist bei Nacht eben doch schöner) und noch einmal offensichtlich wird, dass Regisseur Deon Taylor keinerlei inszenatorische Finesse an den Tag legt: Weder ist er in der Lage, seinen Hauptschauplatz stimmungsvoll in Szene zu setzen, noch kann er während des actionlastigen Finales mit seiner wilden Wackelkamera und seltsam eingefügten Mega-Zeitlupen irgendeine Dramatik an den Tag legen.

Fazit: Zu Beginn wirkt "The Intruder", trotz der altbekannten Genre-Manirismen, noch angenehm stimmungsvoll, auch dank eines fies-charmanten Dennis Quaid. Später fallen Logiklöcher, inszenatorische Unzulänglichkeiten, unsympathische Figuren und ein überzeichnender Hauptdarsteller aber immer negativer auf... bis zu einem vollkommen wirren Finale.

Note: 4+



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