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Packende Bilder, seichte Story: Filmkritik zu "The Cell"

Seit längerer Zeit jagt der FBI-Agent Peter Novak (Vince Vaughn) den gefährlichen Serienkiller Carl Rudolph Starger (Vincent D'Onofrio), der bereits sieben Frauen getötet hat. Als erneut eine Frau spurlos verschwindet, geht Novak aggressiver vor... und kann den Killer letztendlich stellen. Den Aufenthaltsort seines noch lebenden, letzten Opfers kann er jedoch nicht herausfinden, weswegen er sich mit der Psychologin Catherine Deane (Jennifer Lopez) in Verbindung setzt. Diese hat mittels einer brillanten Technologie einen Weg gefunden, in die Gedanken und Empfindungen eines Menschen einzudringen, um sie zu heilen oder wichtige Geheimnisse zu erfahren. Novak heuert Deane an, um im Kopf Stargers nach Spuren zum Verbleib des Opfers zu suchen... doch der Killer ist selbst in seinen Gedanken noch eine Gefahr für jedes Leben, welches zu ihm in Kontakt tritt.

Schon im Jahr 2000 hatte Regisseur Tarsem Singh ein Gespür für ebenso skurille wie ästhetische Bildkompositionen. Lange bevor er im Jahr 2015 mit "Self/Less" erneut einen Film über das Eintauchen in einen anderen Menschen mittels einer zukünftigen Technik drehte, bewies er mit "The Cell" sein Gespür für Bilder, die definitiv noch lange im Kopf bleiben. In einer diffusen und teilweise sehr schauerlichen Mischung aus "Insidious" und "The Cube" bebildert er das gedankliche Innenleben eines psychopathischen Killers in ebenso düsteren wie originellen Aufnahmen. Dabei droht Singh zwar mehr als einmal, die Grenze zur unfreiwilligen Komik zu überschreiten - so zum Beispiel, wenn Vincent D'Onofrio plötzlich kreischend mit Teufelshörnern auftritt. Stets packend und visuell durchaus berauschend sind seine Bilder jedoch immer und jeder neue Eintritt in diese Gedankenwelt wirkt frisch. Dabei entstehen durchaus auch einige blutige Bilder, die man so auch noch nicht gesehen hat und von denen sich Filme wie das "Saw"-Franchise ganz offenkundig haben inspirieren lassen... nichts für schwache Mägen ist das hier bisweilen.
So kraftvoll der Film visuell jedoch ist, so mager sieht es auf der dramaturgischen Ebene aus. Die Geschichte von "The Cell" ist schon ein ziemlich alter Hut - spannende, technologische Spielereien, die heute ein wenig an Christopher Nolans Meisterwerk "Inception" erinnern, hin oder her. Allenfalls der letztlich ambivalent gezeichnete Killer, der durch ein ganz eigenes Trauma erst zu solch einem Monster heranwuchs, weiß hier zu packen... auch wenn diese Motive zur Zeichnung eines Gegenspielers nicht zwingend neu sind. Die restlichen Figuren bleiben jedoch fast durchgehend flach und auch die Spannungskurve mag nicht ansteigen, obwohl solch ein Serienkiller-Thriller eigentlich die perfekten Vorlagen für ein stetiges Erhöhen des Adrenalinspiegels bieten würde. Wirklich in die Tiefe mag "The Cell" jedoch nicht gehen und gibt sich immer öfter mit dumpfen Klischees zufrieden. Zudem bleibt die Geschichte der skurillen Technologie, mit welcher Catherine Deane in die Gedanken ihrer Konterparts eintaucht, ziemlich schwammig und warum sich ausgerechnet das FBI so vehement auf die Seite der Psychologin schlägt, stößt durchaus seltsam auf.
An der Performance von Jennifer Lopez gibt es hingegen wenig auszusetzen, womit sie ihren ersten Horror-Flop "Anaconda" dann auch gleich wieder rehabilitiert. Lopez hatte zur Jahrtausendwende in Hollywood einen echten Höhenflug und zeigte durchaus, dass sie auch abseits ihrer Gesangskarriere noch etwas zu bieten hatte. Vince Vaughn bleibt als zu pathetisch auftretender FBI-Held aber ziemlich blass und es fällt zudem schwer, diesen ernsten Part von seiner ansonsten vorwiegend aus (sympathischen) Komödien bestehenden Vita zu trennen. Und dann wäre da natürlich noch "Jurassic World"-Star Vincent D'Onofrio zu erwähnen, der hier immerhin den psychopathischen Killer mimen darf. Ganz passend zu den teils überzeichneten, skurrilen Bildern dreht der hier auch mächtig auf. Wie man seine ziemlich groteske Performance bewerten möchte, liegt natürlich bei jedem selbst... ich hätte hier etwas mehr Mut zur Stille hin und wieder aber auch ganz schön gefunden. So wirkt sein im Skript noch ambivalenter gezeichneter Killer bisweilen etwas zu harsch wie ein typisches Horror-Monster.

Fazit: Die ästhetischen, bisweilen sehr erinnerungswürdigen Bilder können die Vorhersehbarkeit der mauen Killer-Geschichte leider nur teilweise ausgleichen. Die Figuren bleiben eher blass, der Spannungsbogen schlägt nicht aus. Für Adrenalin sorgen da nur einige visuelle Highlights, die nicht immer für schwache Mägen geeignet sind.

Note: 4+



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