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Der (erste?) Rocky-Film ohne Rocky: Filmkritik zu "Creed III - Rocky's Legacy"

Einige Jahre nach der Verteidigung seines Weltmeistertitels im Schwergewicht hat Adonis Creed (Michael B. Jordan) seine Karriere als Boxer an den Nagel gehängt. Mittlerweile verbringt er mehr Zeit mit seiner Frau Bianca (Tessa Thompson) und der gemeinsamen Tochter Amara (Mila Davis-Kent) und kümmert sich um die Organisation von Boxkämpfen und den Aufbau neuer, vielversprechender Sportler. Eines Tages tritt mit dem gerade aus dem Gefängnis entlassenen Damian Anderson (Jonathan Majors) ein alter Jugendfreund Creeds wieder zurück in dessen Leben. Dieser möchte sich ebenfalls eine Karriere als Profiboxer aufbauen und sucht deswegen nach der Unterstützung seines alten Freundes. Adonis zögert jedoch, da er Damian für gewaltbereit hält und ihn sogar als eine potenzielle Gefahr für mögliche Gegner im Ring einschätzt. Damian ist mit dieser Entscheidung alles andere als zufrieden... bis doch noch eine Möglichkeit auftaucht, ihm einen Kampf zu bieten.

Für mich war schon "Creed II" eine unnötige Fortführung gewesen: Der erste "Creed"-Film (beziehungsweise der damals siebte Teil der "Rocky"-Saga) war in sich wunderbar geschlossen, während die Fortsetzung der Reihe im Grunde nichts weiter als Altbekanntes in teils neuem Gewand hinzufügte. Dementsprechend hatte ich eigentlich auch keine Lust auf "Creed III", der nicht nur zum ersten Mal ohne die Nebendarsteller-Power von Zugpferd Sylvester Stallone auskommen sollte, sondern anhand der ersten Trailer auch nicht zwingend den Eindruck machte, als würde man das Rad mit diesem Kapitel neu erfinden. Dementsprechend galt die Medienbesprechung hierzulande weniger dem Film an sich als dem Publikum, welches er anlockte und welches sich anschickte, bei diversen Vorführungen den gesamten Kinosaal auseinanderzunehmen, bis die Vorstellung abgebrochen wurde. Kein Wunder also, dass ich mir das Werk im Lichtspielhaus sparte und bis zur Heimkinoveröffentlichung wartete, um mir ein Bild vom insgesamt neunten "Rocky"-Film zu machen. Und im Grunde kam es so, wie ich es zuvor erwartet habe: Es gibt nichts wirklich Neues zu vermelden, auch der dritte "Creed" läuft nach den altbekannten, dramaturgischen Schemata ab und langweilt bisweilen mit arg soapigen und so schon zahlreich gesehenen Konflikten. Allerdings besitzt dieser Film auch Jonathan Majors und das ist sein Glück.
Der großartige Mime, der zuletzt auch schon das Marvel-Abenteuer "Ant-Man and the Wasp: Quantumania" mit seiner grandiosen Präsenz an sich riss, brilliert auch hier als ambivalenter Gegner, der gegen Adonis Creed in den Ring steigen möchte. Majors scheint durchweg zu brodeln und macht seinen Damian Anderson somit auch in leisen, gar freundschaftlichen Dialogszenen zu einer dauerhaft potenziellen Gefahr... und wenn er in den Boxring steigt, gewinnen die Fights durch seine zügellose Kampftechnik, bei welcher er wie ein unkontrollierbarer Zug agiert, eine ganz neue Dynamik, die deutlich brutaler und gnadenloser ist als die vorherigen Fights der Reihe. Das ist jedoch auch das einzige, was man an "Creed III" einigermaßen originell und packend finden kann - die zentralen Boxkämpfe sind durch die Bank weg wuchtig inszeniert und die anfängliche Nutzung von seltsamen, sehr billig aussehenden Superzeitlupen wird später zum Glück weggesperrt. Michael B. Jordan, der hiermit sein Regiedebüt gibt, liefert eine starke Inszenierung mit einigen knallharten Treffern. Dabei fallen die Momente zwischen den Fights (wie gehabt gibt es einen am Anfang, einen in der Mitte und einen finalen Schlagabtausch zum Schluss) aber immer wieder ziemlich lang aus, da dem Autorenteam ganz offensichtlich wenig eingefallen ist, um die bekannten Charaktere irgendwie noch im Spiel zu halten oder ihnen weitere Entwicklungen zuzugestehen.
Das führt dann zum Beispiel dazu, dass die von "Selma"-Star Tessa Thompson gespielte Bianca im Grunde nur noch als am Rande wartende Ehefrau gebraucht wird, während Sylvester Stallone diesmal vollständig mit Abwesenheit glänzt... obwohl sein Rollenname noch überdeutlich im Titel zu lesen sind, was wahrscheinlich vorrangig Vermarktungsgründe haben dürfte. Wieso Rocky Balboa in einem eigenen Film seines Franchise nun fehlt, wird auch nicht klar, denn Platz hätte es für ihn im Drehbuch sicherlich gegeben und sein Name wird auch eher peinlich berührt möglichst lange vermieden. Am interessantesten ist "Creed III" dann, wenn die kriselnde Beziehung der beiden alten Jugendfreunde im Vordergrund steht. Allerdings erzählt der Film auch hier nichts Neues mehr und schiebt notgedrungen eine zuvor niemals erwähnte, für eine Fortsetzungsgeschichte aber nun benötigte Figur nach. Innerhalb der Reihe hat das keine richtige Dynamik und uns wäre rein dramaturgisch auch nichts entgangen, wenn dieser Film nun nie erschienen wäre. Er ist es aber natürlich noch und für alle Fans der "Creed"-Filme, die auch den zweiten Teil noch sehr gern betrachtet haben, ist das dementsprechend natürlich eine klare Empfehlung. Wer mit der erneut hochgekochten Formel, die ohne große Variationen einfach erneut abgespult wird und dabei die zahlreichen Must-Haves für die Reihe (Trainingssequenzen, Boxfights, Familiendramen etc) wie auf einer Checkliste abhakt, aber ohnehin schon nichts mehr anfangen konnte, wird auch hier nicht eines Besseren belehrt.

Fazit: Wie immer ist auch dieser "Creed"-Film wuchtig inszeniert und wird von der energetischen Performance von Jonathan Majors erheblich aufgewertet. Darüber hinaus werden die altbekannten und mittlerweile reichlich platten Schemata der Reihe aber reichlich uninspiriert per Checkliste abgearbeitet.

Note: 3-



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