Direkt zum Hauptbereich

Nach Schema F: Filmkritik zu "The Postcard Killings"

Der ehemalige NYPD-Polizist Jacob Kanon (Jeffrey Dean Morgan) ist am Boden zerstört, als seine Tochter tot aufgefunden wird - brutal ermordet in den Armen ihres ebenfalls getöteten Mannes. Seine Ex-Frau Valerie (Famke Janssen) macht Jacob schwere Vorwürfe, die schließlich dazu führen, dass er sich selbst in die in eine Sackgasse geratenen Ermittlungen der Polizei einschalten will. Dafür reist er schließlich nach London, da der Mord Jacobs Tochter zu einer Serie von Tötungsdelikten zu gehören scheint, bei denen die Opfer stets blutleer und morbide kunstvoll zur Schau gestellt werden. Von Trauer zerfressen ist Jacob entschlossen, den Täter ausfindig zu machen, welcher derzeit seine Kreise in Europa zieht und nach neuen Opfern sucht...

Prinzipiell gibt es über diesen Thriller, der in Deutschland direkt für den Heimkinomarkt veröffentlicht wurde, wenig mehr zu sagen als über etliche andere Filme des Genres, die nach den stetig gleichen Schemata vorgehen. Wirklich absetzen möchte sich "The Postcard Killings" von diesen nicht und nutzt die persönlichen Antriebe des Protagonisten kaum, um dem müde aufgezogenen Plot mehr Schwung zu verleihen. Dazu passt auch die antriebslose Inszenierung von Regisseur Danis Tanovic, der hier streng nach Lehrbuch filmt und nicht dazu in der Lage scheint, die tristen Dialoge noch irgendwie ansprechend in Szene zu setzen. Dementsprechend schlagen wir uns durch einen recht düsteren Krimi, der zwar niemals so richtig langweilig wirkt, dem jegliche Überraschung aber ebenfalls fern ist - allenfalls das Hadern des Protagonisten mit den europäischen Gesetzeshütern und deren sehr eng ausgelegten Ermittlungsprozedere bringt hin und wieder ein wenig Schwung in die Sache.
Das maue Drehbuch zeigt schon früh, dass es nicht den Sinn dafür hat, das Publikum wirklich da zu erwischen, wo es wehtut. Über eine weite Strecke nutzt "The Postcard Killings" das Hinlaufen auf eine Wendung, die am Knackpunkt für eine ganz große Überraschung sorgen soll. Diese bleibt jedoch aus, da schon sehr früh klar ist, wer eigentlich für die blutigen Taten in Europa verantwortlich ist - die falschen Fährten, die ausgelegt werden, um uns von der Wahrheit abzulenken, sind jedenfalls so offensichtlich, dass es kaum möglich ist, auf diese hereinzufallen. Anschließend wandelt sich der Film von einem Thriller, der irgendwie auf den Spuren der großen Meisterwerke wie "Sieben" wandeln will, dafür aber gar nicht die Vision und die inszenatorische Finesse besitzt, zu einem Cop-Krimi. Dieser ist dann, da auch einige Nebenfiguren noch ansprechendes Profil besitzen, nie wirklich schlecht, doch gibt es auch nichts, was dabei irgendwie hervorsticht - alles bleibt mutlos und so, wie wir es schon aus dutzenden Filmen kennen. Das Finale in einer weißen Schneelandschaft wirkt dabei ebenso konfus wie zurechtgerückt und mag dabei auch nicht mehr wirklich überzeugen.
Überzeugend wirkt hingegen "The Walking Dead"-Star Jeffrey Dean Morgan, der hier zwar keine oscarverdächtige Leistung abruft, aber die tiefistzende Trauer, den Schock und letztlich den Zorn seiner Figur solide übertragen kann. Seine stoische Ruhe ist dabei recht angenehm und setzt sich von den zahlreichen Hollywood-Haudraufs, die auf einen blutigen Rachetrip sinnen, passend ab. Für das deutsche Publikum ist es zudem eine Freude, den wunderbaren Joachim Krol an der Seite Morgans zu sehen - beide haben jedenfalls eine stimmige Chemie zueinander, welche die gemeinsamen Szenen der zwei Schauspieler durchaus sehenswert macht. Und dann ist auch "96 Hours"-Star Famke Janssen mit dabei, deren Rolle hier aber so vernachlässigbar ist, dass man sie womöglich auch ersatzlos aus dem Film hätte streichen können, ohne irgendeinen Substanzverlust zu befürchten. Die Schauspielerin scheint darüber hinaus auch nicht mehr in der Lage, großartige Emotionen über ihr Gesicht zu übertragen, da einige extrem offensichtliche Schönheitsoperationen ihre Mimik deutlich einschränken, was ihre Szenen mit Morgan oftmals zu einer sehr faden Angelegenheit macht.

Fazit: Ein Thriller, der sich kaum von anderen Filmen des Genres abhebt und seiner inszenatorischen Müdigkeit kaum fähig ist, einen kohärenten Spannungsbogen zu erschaffen. Nie wirklich langweilig und dank Morgans solider Leistung durchaus ansehbar, aber ohne jeglichen Mehrwert.

Note: 4+



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se