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Leider zu oberflächlich: Filmkritik zu "Enthüllung" (1994)

Ein aufregender Tag scheint für Tom Sanders (Michael Douglas) anzustehen: Der Produktionsleiter des Technologie-Unternehmens "DigiCom" rechnet mit seiner Beförderung zum Vizepräsidenten seiner Abteilung... muss jedoch überrascht mitansehen, wie dieser Posten nicht an ihn, sondern an seine ehemalige Geliebte Meredith Johnson (Demi Moore) geht. Noch dazu wirft sich diese ihm während eines beruflichen Meetings an den Hals, obwohl Sanders ihre Avancen immer wieder ablehnt. Am nächsten Tag ist der Albtraum perfekt: Meredith beschuldigt Sanders der sexuellen Belästigung, was den Verlust seines Jobs zufolge haben könnte. Doch Sanders denkt nicht daran, klein beizugeben und möchte die Wahrheit in einem Rechtsstreit ans Licht bringen. Dabei hat er die Rechnung jedoch ohne Merediths Kalkül gemacht...

Kommen wir zu einem weiteren Film in der Kategorie "Filme, die so heute nicht mehr gemacht werden würden". Und das liegt nicht daran, dass es hier eine Frau ist, die sich der sexuellen Belästigung schuldig macht, sondern eher daran, dass ausgerechnet dieser Aspekt innerhalb der Handlung sehr oberflächlich behandelt wird. Regisseur Barry Levinson hatte bezüglich der Inszenierung dieser Straftat wohl eher einen hochstylisch gefilmten Erotikthriller im Sinn und weniger ein Drama über einen Mann, der damit fertigwerden muss, zu einem Opfer zu werden. Auch darüber hinaus interessiert sich der Film weniger für die psychischen Auswirkungen einer solchen Tat als viel mehr Toms Bemühen, seinen Namen reinzuwaschen, da er darüber hinaus plötzlich als Täter angeprangert wird. Was ein finsteres und intensives Psychogramm zweier Menschen hätte werden können, wird zu einem ziemlich wirr erzählten Mainstream-Thriller, der an jeder Front noch irgendwie Konflikte und Subplots mitnehmen will, über diese aber keinen Hut gestülpt bekommt.
Tom bekommt aufgrund der Geschehnisse Krach mit seiner Frau; die Firma droht ihren Namen zu verlieren und das groß angelegte, neue Technikprojekt läuft nicht ganz fehlerfrei; Toms Kollegen sind nicht glücklich über den Vorfall; und dann gibt es auch noch eine Anwältin, die sich mit dem Fall eine neue Medienpräsenz erhofft. All das greift "Enthüllung" auf, ohne es jedoch weiter zu vertiefen, was den Film schon früh sehr sprunghaft wirken lässt. Die Charaktere bleiben dabei erstaunlich flach, was ganz besonders für Meredith Johnson geht - diese ist im Endprodukt nur noch ein kaltherziges Miststück ohne jede Ambivalenz, was sogar die Gründe für ihre Taten allenfalls schwammig werden lässt. Ähnlich sieht es bei den Nebenfiguren aus - nur selten wird klar, warum sie tun, was sie tun und das Drehbuch muss sich immer wieder banale Erklärungen aus dem Hut zaubern, um diese irgendwie im Ring zu halten. Letztendlich funktioniert einzig Tom Sanders selbst als Sympathieträger, der aber auch viel zu glatt und perfekt herüberkommt, um wirklich glaubwürdig zu sein... auch weil sich der Film nicht für sein Innenleben (erst recht nach dem traumatischen Vorfall) interessiert.
Rein inszenatorisch beweist Regisseur Levinson dabei zwar Qualität - sein Film sieht durch die Bank sehr schick aus, ist solide gefilmt und von allen Beteiligten mit Verve gespielt. Neben einem gewohnt guten Michael Douglas erweist sich dabei "Pretty Little Liars"-Star Roma Maffia als echte Szenendiebin, die als listige Anwältin mehr als einmal in der Lage ist, Zusammenhänge festzustellen und ihr Gegenüber damit zu überraschen. Dass "Enthüllung" aber eben auch so schick aussieht, ist ein Problem - die finsteren Abgründe einer (hier kaum moralisch hinterfragten) Firma können so kaum dargestellt werden. Viel zu oft verlässt sich Levinson auf klinisch-reine Bilder, die zwar durchaus Finesse aufweisen können, an denen aber auch nichts haften bleibt. Und das gilt natürlich auch für die Story: Abgründige Themen werden angesprochen, aber letztendlich auch nur als Aufhänger für einen etwas müde erzählten Büro-Thriller genutzt. An der Oberfläche mag das alles schick wirken, aber darunter findet sich nicht viel. Würde dieser Film heute entstehen, würde aber allein schon der Versuch, eine weibliche Täterin in solch einem Fall zu nutzen, einen ziemlichen Aufschrei verursachen - das könnte dann schon wieder interessant werden und sogar zu einem elektrisierenden, polarisierenden Werk gereichen.

Fazit: Reichlich trockener und oft an der Oberfläche haftender Thriller, der zwar mit einer feinen Inszenierung und einem guten Cast aufwartet, aber auch viel zu glatt und poliert wirkt, um seinem düsteren Thema gerecht zu werden.

Note: 4+



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