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Das Wunderkind Tate

Schon in der Grundschule gilt Fred Tate (Adam Hann-Byrd) als hochbegabt - er kann komplizierte Gedichte rezitieren, höhere Mathematik bewältigen, wie ein Profi Klavier spielen und versteht sogar etwas von Quantenphysik. In einer normalen Schule kann sein Intellekt jedoch kaum gefördert werden und aufgrund seiner zurückhaltenden Art wird er schnell zum Außenseiter. Auch seine Mutter Dede (Jodie Foster) ist mit seinem Wissen überfordert, möchte sich dies jedoch nicht eingestehen. Als Fred die Chance erhält, dem Förderprogramm der Wissenschaftlerin Jane Grierson (Dianne Wiest), die sich auf hochbegabte Kinder spezialisiert hat, beizutreten, lehnt Dede erst ab, da sie befürchtet, ihr Sohn könnte noch mehr den Anschluss an das soziale Leben verlieren. Als Jane ihr einredet, dass Fred jedoch genau diese Interaktion braucht und dringend herausgefordert werden muss, gibt Dede nach...

Jodie Foster trat hier nicht nur in einer der drei Hauptrollen auf, sondern gab auch ein durchaus solides Regie-Debüt ab. Die Geschichte eines in der Schule unterforderten und deswegen in seinem Leben unzufriedenen, jungen Genies arbeitet im Grunde alle bekannten Stationen einer solchen Story ab, ohne großartig zu überraschen. Dafür überzeugt der Film mit einigen Konflikten, die sehr intim und ohne Effekthascherei sowie mit einer kleinen Portion Humor dargeboten werden. Im Zentrum hätte dabei gerne der Konflikt zwischen Mutter und Sohn stehen können - die überfürsorgliche Mutter auf der einen Seite, welche sich vorrangig ein normales Leben für Fred wünscht; und Fred auf der anderen, der sich seiner enormen Fähigkeiten bewusst ist und diese ausarbeiten möchte. Leider bewegt sich "Das Wunderkind Tate" nach einer Weile weg von dieser Geschichte und webt andere Nebenplots ein, die mal mehr, mal weniger gelungen sind.
Für ordentlich Zündstoff sorgt noch der Auftritt von Dianne Wiest als hochprofessionelle, aber auch emotional unterkühlte Wissenschaftlerin, die Freds Potenzial ausschöpfen möchte, an ihm aber an genau der gegenteiligen Stelle seiner Mutter versagt: Sie vergisst, dass Fred immer noch ein Kind ist und neben seinem Wissen auch soziale Interaktion benötigt. Auch wenn sich gerade dieser Plot zum Ende hin viel zu schnell und ohne echten Klimax in simples Wohlgefallen auflöst, weiß dieser Handlungsstrang aufgrund der Tatsache, dass er hier das Scheinwerferlicht auf eine erwachsene Figur richtet, die auch nicht alles richtig macht, zu überzeugen. Ein Plot rund um einen neuen Freund, den Fred findet, hätte man sich zugunsten einer tieferen Ausarbeitung der anderen Handlungen aber durchaus sparen können, da daraus nicht wirklich etwas resultiert.
Adam Hann-Byrd weiß in der Hauptrolle durchaus zu gefallen und verkörpert das junge Genie, welches in seiner sozialen Interaktion eingeschränkt ist, sehr glaubhaft - schade, dass er nur wenige Jahre später praktisch aus Hollywood verschwand und seine Schauspielkarriere (wenn auch nicht offiziell) an den Nagel hängte. Ganz stark agiert auch "Der Biber"-Star Jodie Foster, die hier angenehm rotzig daherkommt und für einen starken Kontrast gegenüber den anderen Figuren sorgt - sympathischer Humor inbegriffen. Dianne Wiest sorgt hingegen für den intensivsten Konflikt des Films, auch wenn ich mir mehr Szenen mit ihr und Foster gewünscht hätte, da sich die beiden Stars in den wenigen gemeinsamen Momenten ganz wunderbar die Bälle zuspielen. Insgesamt kommt das Ensemble frisch daher und kann sich in einer bisweilen etwas simplen Inszenierung durchaus behaupten. Am Ende ist "Das Wunderkind Tate" ein Film, der zwar wichtige Themen anspricht, diese aber leider nicht immer stimmig ausformuliert und deswegen zu rasch in ein austauschbares Ende abdriftet.

Fazit: Obwohl der Film wichtige Themen anspricht, die durchaus bewegen können (was auch dem starken Cast zu verdanken ist), macht er es sich in einigen Dingen leider etwas zu einfach, weswegen das Gefühl bleibt, dass man aus der Geschichte mit etwas mehr Mut und Genauigkeit noch mehr hätte machen können.

Note: 3-



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