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Joker: Folie a Deux

Nach seinen schrecklichen Bluttaten sitzt Arthur Fleck (Joaquin Phoenix) in der Psychiatrischen Anstalt von Arkham und wartet auf seine Gerichtsverhandlung. Dabei wird er von seinen Mitgefangenen respektiert und bekommt aufgrund guter Führung sogar die Möglichkeit, in einem anderen Block an einer alltäglichen Gesangsgruppe teilzunehmen. Bei dieser trifft er die ebenfalls eingewiesene Harleen Quinzel (Lady Gaga), die ein großer Fan von den Taten des "Jokers" ist. Fleck verliebt sich in die Gefangene und gemeinsam verbringen sie viel Zeit miteinander, wobei sie ihm auch Hoffnung für seine baldige Verhandlung macht. In dieser möchte Flecks Anwältin Maryanne Stewart (Catherine Keener) vor allem aufgrund seiner erschaffenen Kunstfigur auf Unzurechnungsfähigkeit plädieren, um ihren Mandanten vor einem Todesurteil zu bewahren. Doch die Anwesenheit von Harleen scheint Arthur wieder in eine gänzlich andere Richtung zu treiben...

Es war einer der sehnlichst erwartetsten Filme des vergangenen Jahres... und letztendlich auch einer der allergrößten Flops. Nachdem der erste "Joker"-Film mehrere Oscars einheimste, an den Kinokassen die Milliardengrenze knackte und vom Gros der Kritiker lobend besprochen wurde (von den völlig begeisterten Fans ganz zu schweigen), zeigte fünf Jahre später bei der unvermeidlichen Fortsetzung alles in die andere Richtung. Und man kann zumindest leise behaupten, dass die Macher selbst Schuld daran sind, wenn sie ein eigentlich sehr langsam inszeniertes Drama ohne große Actionszenen schon wieder mit einem Budget jenseits der 200 Millionen Dollar ausstatten - ein Risiko, welches keins hätte sein müssen, wenn man das Geld nicht einfach so aus dem Fenster geworfen und sich auf das deutlich kleinere Budget des Vorgängers fokussiert hätte. Und angesichts der Pläne, die Regisseur Todd Phillips von Anfang an für seine Fortsetzung hatte, war im Grunde klar, dass "Folie a Deux" völlig am Mainstream-Publikum vorbei plante und dementsprechend einen schweren Stand haben würde. Das alles fixte mich aber weiterhin an, denn ich war kein großer Fan des Erstlings, empfand ihn als zu simpel, zu plakativ, zu bemüht. All das kann man über den zweiten Teil nun nicht mehr sagen, denn Phillips unterwandert die Erwartungen der Zuschauer an eine Comic-Verfilmung so genial, dass er mit seinem Vorgänger nur noch schwer zu vergleichen ist.
Was er aber in jedem Fall ist: Er ist besser als "Joker", und zwar in beinahe jeder Hinsicht. Das gilt einerseits für die Inszenierung, die so stilsicher ist, dass trotz der langsamen Erzählweise, bei der auch ein paar kleine Längen nicht ausbleiben, im Grunde keine Langeweile auftritt. Die Bildkompositionen sind auch abseits der leidenschaftlich diskutierten Musical-Einlagen ein wahrer Augenschmaus, Kostüme, Settings und Make-Up bewegen sich auf höchstem Niveau. Joaquin Phoenix, mit dessen Darstellung ich im ersten Teil noch ein wenig fremdelte, agiert hier so überhöht wie eh und je, kann in kleineren, feineren Momenten aber auch eine glaubwürdigere Version seiner Figur fassen. Zwar war mir seine Darstellung in vielen Szenen immer noch etwas zu drüber, etwas zu "gespielt", doch wurde die Figur greifbarer... gerade auch, weil das Drehbuch mit ihr so konsequent umspringt und sowohl Fleck selbst als auch dem erwartungsfreudigen Publikum, welches sehen will, wie hier erneut ein Psychopath von der Leine gelassen wird, ein Spiegel vorgehalten wird. Mit Lady Gaga hat man zudem eine Idealbesetzung für die Kultrolle der Harleen Quinn gefunden, die sich erheblich von der Inkarnation unterscheidet, die Margot Robbie in "The Suicide Squad" dargeboten hat - nicht nur gesanglich, sondern auch dank ihrer bemerkenswert zurückhaltenden Darstellung einer Figur, die deutlich schwieriger zu lesen ist als der von vornherein recht klar als psychisch krank dargestellte Arthur Fleck.
Da Todd Phillips die Erwartungen der Zuschauer an einen Mainstream-Film enttäuscht, fühlen sich alle, denen "Joker" im Jahr 2019 (trotz einiger mutiger Ideen) noch zu vorhersehbar und wie eine aktuelle, recht plakative Kopie von "Taxi Driver" vorkam, hier nun abgeholt. Denn hier hat man die zuvor aufgebauten Figuren wirklich intelligent weitergedacht, sie nicht nur aufs nächste Level gehoben, sondern sie dekonstruiert, durchleuchtet und auseinandergenommen. Natürlich ist das nicht immer zufriedenstellend, doch es wirkt durchdacht, emotional wagemutig und bis zum ziemlich überraschenden Finale auch frisch... ganz im Gegensatz zur leidlich fahrigen Psycho-Nummer des ersten Films. Das Publikum straft solch neue Ideen, obwohl sie nach solcherlei ja eigentlich immer wieder fragen, dann leider mit Ablehnung - dabei ist "Folie a Deux" durchaus kreativ und wagt mehrheitlich Neuerungen. Ein solches Experiment geht dann natürlich nicht immer glatt und so sind es ausgerechnet die eingestreuten Musical-Nummern, die zwar ein wenig filmischen Prunk bieten, den Film aber auch unnötig aufblähen und bisweilen das Tempo der Handlung untergraben. Auch sind sie darüber hinaus zu bieder inszeniert, um wirklich im Gedächtnis zu bleiben - man versteht, warum sie drin sind, hätte sich aber auch darauf einigen können, diese bis auf wenige Nummern zu streichen. Macht aber nichts, denn seinen Vorgänger überflügelt "Folie a Deux" auch mit diesen Schwächen. Er bleibt zwar ein wenig unrund, ein wenig lang, ein wenig konstruiert und künstlich überhöht (was sollen schon wieder diese ständigen Wechsel des Bildformats?), ist dafür aber mutig, clever und hat einiges auszusagen über den Joker und seine Anhänger. Und das wird durchgezogen bis zur allerletzten Einstellung, die so dermaßen genial ist und Comic-Fans sowie Fans der Joker-Figur völlig wegpusten wird.

Fazit: "Folie a Deux" ist ein spannendes Experiment - und bei einem solchen gehen manche Ideen, wie der Einsatz mancher Musical-Einlagen oder die reichlich aufgeplusterte Handlung, auch schief. Darüber hinaus untergräbt der Film aber so clever sämtliche Erwartungen und entwickelt seine Hauptfigur so packend weiter, ohne dabei auf Mainstream-Zuschauer Rücksicht zu nehmen, dass man bisweilen sehr gebannt ist von dem, was Todd Phillips aus seinem ursprünglichen, plakativen Milliarden-Erfolg macht. 

Note: 3+



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