Ihre kriminelle Vergangenheit hat Edie (Samara Weaving), die in ihrer Jugend mehrere erfolgreiche Bankräube und Überfälle als Fluchtwagenfahrerin bestritt, eigentlich hinter sich gelassen. Als sie ihren Ex-Freund John (Karl Glusman) aufsucht, um von ihrer plötzlichen Schwangerschaft zu berichten, wird sie jedoch wieder in den gefährlichen Strudel hineingezogen, denn John wird just in diesem Moment von einigen Verbrechern aufgemischt. Tatsächlich steht John bei Edie's ehemaligem Auftraggeber Nico (Andy Garcia) über mehrere Ecken mit drei Millionen Dollar in der Kreide - und ohne Edie's Hilfe würde er diese Geldmenge wohl nicht auftreiben können und deswegen mit seinem Leben bezahlen müssen. Um John rauszuboxen, nimmt Edie den Auftrag an, das nötige Geld während eines Pokerspiels zu stehlen. Doch der Coup bringt ganz eigene Gefahren mit sich...
"Eenie Meanie", der gerade gestern auf dem Streamingdienst von Disney erschienen ist, hat eine Menge Probleme und es wird ein wenig Arbeit, diese aufzudröseln. Einerseits steht da die tonale Unentschlossenheit eines Films, der offensichtlich nicht weiß, was er denn nun konrekt sein möchte. Die erste halbe Stunde führt die beiden Hauptfiguren Edie und John in einem schier irrwitzigen Tempo von einer absurden Situation in die andere - hier gestaltet sich der Film ganz offensichtlich als leicht schrille Gangster-Komödie, an deren Höhepunkt ein halsbrecherischer Heist stehen soll. Die leicht frotzeligen Dialoge und manch eine skurille Situation tun ihr übriges und tatsächlich kommen dabei auch einige Lacher rum. Später wechselt "Eenie Meanie" aber mit voller Wucht seine Tonart, wird in der zweiten Hälfte schier durchweg düster, brutal und ziemlich deprimierend, was so gar nicht zu der heiteren ersten Dreiviertelstunde passen will. Die großen, dramatischen Schübe nimmt man dem Film dann nicht mehr so wirklich ab, wenn Charaktere sich auf einmal unter Tränen große Fehler eingestehen und die Handlung später einen ordentlichen Blutzoll betreibt.
Diese zweite Hälfte offenbart jedoch weitere, strukturelle Probleme. Da wir zu Beginn quasi einfach in den Plot hineingeworfen werden und allerhöchstens kleine Brotkrumen zugeworfen bekommen, welche die einzelnen Figuren als lose Schablonen aufzeigen, können wir mit den Charakteren anfangs noch nicht wirklich mitfiebern. Wir ahnen höchstens, was sie umtreibt, bräuchten aber Zeit, um sie kennenzulernen. Diese verpassten Chancen holt "Eenie Meanie" zwar nach, wenn er nach rund fünfzig Minuten damit beginnt, von beinahe allen Figuren noch irgendwelche düsteren Dilemmata ans Tageslicht zu holen - da werden dann zahlreiche Beziehungen (unter anderem die zwischen Edie und ihrem Ex-Freund, zwischen Edie und ihrem früheren Boss oder auch zwischen Edie und ihrem Vater) in langwierigen Dialogen ausdiskutiert. An und für sich respektabel, allerdings kommt dieser Versuch, uns die Figuren näherzubringen, viel zu spät und sorgt darüber hinaus auch für Tempoprobleme. Denn um diese langwierigen Beichten der Charaktere auszuerzählen, muss sich "Eenie Meanie", der zuvor ziemlich rasant vonstatten ging, plötzlich ausruhen und all diese Seelsorgen am Stück abarbeiten. Und das ist dann eine ziemlich zähe, vollgepackte Angelegenheit, die aufgrund der nur auf der Behauptungsebene funktionierenden Dramen nicht wirklich zündet.
Aufgrund dieser plötzlichen Düsternis, die zudem reichlich forciert daherkommt, macht dann sogar der finale Coup, auf den die ganze Zeit hingearbeitet wird, keinen Spaß mehr, sondern verkommt zu einer bierernsten und zudem reichlich kurzen Angelegenheit. Die zahlreichen Probleme, die zuvor aufgrund des Heists thematisiert wurden, spielen in der nachfolgenden Action-Schlacht keine Rolle mehr. Immerhin wartet der Film noch mit einigen knackigen Auto-Stunts auf, doch darüber hinaus mag keine echte Energie mehr aufkommen. Da ist es dann auch kein Wunder, dass die Besetzung mit diesen ziemlich unwirsch geschriebenen Charakteren ordentlich hadert. "The Babysitter"-Star Samara Weaving müht sich scheinbar redlich, ihrer Edie Gewicht zu verleihen, wirkt als eiskalte Kriminelle aber ebenso wenig glaubwürdig wie der in wenigen Szenen auftretende und dabei reichlich müde wirkende Andy Garcia als klischeehafter Auftraggeber. Immerhin sorgt Weaving in der ersten Hälfte des Films, wenn noch eine recht skurille Komödie vorgegaukelt wird, mit erfrischendem Timing und einigen netten Dialogspitzen für Feuer, anschließend wirkt sie durch das wirre Drehbuch, welches seine Figuren in allerlei Tonarten wild durcheinanderwirft, aber ebenfalls reichlich verloren.
Fazit: Uninspiriert tänzelt "Eenie Meanie" zwischen einer wilden Gangster-Komödie und einem bierernsten, bleihaltigen Blutrausch und setzt sich dabei zwischen alle Stühle. Die Figuren bleiben überdramatisierte Abziehbilder, Spannung tritt aufgrund der Tempoprobleme höchstens zwischendurch auf. Trotz einiger spaßiger und manch eines treffsicheren Moments ist dabei verständlich, dass dieser tonal unentschlossene Thriller lieber zum Streamer abgeschoben wurde als es auf die Kinoleinwände zu schaffen.
Note: 4+
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