Der ehemalige Profi-Wrestler Jack Adkisson (Holt McCallany) hat seine Söhne nicht nur zu absolutem Gehorsam erzogen, sondern ihnen auch seinen persönlichen Traum, der ausschließlich im Ring stattfindet, eingetrichtert. Drei von vier Söhnen folgen diesem Traum, darunter auch Kevin (Zac Efron), der im Ring bereits erste Erfolge verbuchen konnte. Trotzdem muss er immer wieder aus dem Schatten seiner Brüder David (Harris Dickinson) und Kerry (Jeremy Allen White) hervortreten, da Jack ihnen auch einen gewissen Konkurrenz-Kampf beigebracht hat. In dem ständigen Zwist zwischen ehrlicher Geschwisterliebe und dem enormen Druck, den dieser Sport mit sich bringt, kommt es bisweilen zu herben Konflikten, die besonders der herrisch agierende Familienvater brutal antreibt...
Es gibt einige Schauspieler, denen zahlreiche Konsumenten ihrer Werke weiterhin ein Talent absprechen, weil sie zuvor durch eine erfolgreiche, wenn auch wenig dankbare Rolle geprägt wurden. So gibt es da draußen weiterhin viele (scheinbar völlig blinde) Menschen, die der Meinung sind, dass Kristen Stewart und Robert Pattinson furchtbare Mimen seien, weil sie ja in den "Twilight"-Filmen nicht wirklich glänzten - dass beide davor und danach mit zahlreichen, großartigen Performances aufwarteten, wird aufgrund der Strahlkraft der Vampir-Schmonzette gerne ignoriert. Auch Zac Efron musste sich aus seinem Image als jugendlicher, singender Charmebolzen, welches ihm seit seinem Durchbruch mit der "High School Musical"-Trilogie anhaftete, erstmal freikämpfen und dass er anschließend vordergründig in mal mehr, mal weniger harmlosen Komödien zu sehen war, half da auch nur bedingt. Seit einigen Jahren ist Efron jedoch auf dem Vormarsch und wer ihn nun in "The Iron Claw" gesehen hat, dürfte keinerlei Argumente mehr gegen sein mehr als sichtbares Schauspieltalent zur Verfügung haben. Efron, wenn auch mimisch limitiert, bringt hier eine erstaunliche Bandbreite emotionaler Ausbrüche mit, die nur noch von seinem beinahe unrealistisch breiten Körperbau übertroffen werden.
Auch neben Efron zeigt sich "The Iron Claw" weniger als Sport- denn als Schauspielerkino. So wie die ungleichen Brüder hier ohnehin stets als Konkurrenten gezeichnet werden, so scheinen sich auch die Schauspieler gegenseitig angefeuert zu haben, immer noch ein bisschen intensiver zu sein. Da ist "The Bear"-Star Jeremy Allen White mal wieder eine echte Bank, dessen psychisch aufgeregte Performance schon fast Angst machen kann - im direkten Kontrast funktioniert Harris Dickinson als das schnippische und deswegen auch so sympathische und wichtige Moralzentrum. In den Rollen der Eltern, die solcherlei Konflikte durch ihre unterkühlten Erziehungsmethoden befeuern, glänzen Holt McCallany und eine grandiose Maura Tierney. Es gibt jedoch auch eine ziemlich eklatante Fehlbesetzung zu beklagen, denn was Lily James in dieser Runde macht, ist völlig unzureichend. James, normalerweise eine viel bewunderte, ausdrucksstarke Schauspielerin, scheint sich vorgenommen zu haben, in direkten Kontrast zu den sehr nuancierten und deswegen so treffsicheren Performances ihrer zumeist männlichen Kollegen zu treten und überzeichnet deswegen mit affektiertem Spiel so unangenehm, dass sie im Grunde einfach alles macht... außer auch nur annähernd glaubwürdig zu sein.
Über den Sport, um den es in dieser wahren, sehr dramatischen Geschichte geht, wurde bis hierhin fast noch gar nicht gesprochen. Dieser steht hier zwar im Vordergrund, ist aber eigentlich auch nur ein handelnder Anker, durch welchen die eigentliche Familiengeschichte erzählt wird. Dabei sind die (in dieser Form wenig beeindruckenden) Wrestling-Szenen dann auch nicht so wichtig wie die vielen leisen, bisweilen arg unangenehmen Szenen innerhalb der Familie. Dabei ist es beeindruckend, dass "The Nest"-Regisseur Sean Durkin zwar eine allgemein düstere und ziemlich trostlose innerhalb dieser arg kaputten Familie aufzeigt, aber durchweg auch das Auge für schöne Momente besitzt. So sehr die verschiedenen Brüder hier in direkte Konkurrenz zueinandertreten, so sehr genießen sie auch die Momente, in denen sie ihre Freude teilen und sich gegenseitig aufziehen können. Und so sehr der Familienvater auch maßregelt, bis er seine Söhne psychisch schier bricht und ihnen jegliche Tränen in den schmerzhaftesten Momenten untersagt, so sehr wird trotzdem deutlich, dass er seine Familie liebt und für sie kämpft. Diese Mixtur aus sehr unterschiedlichen und dennoch nachvollziehbaren Gefühlen geht nicht ganz ohne Längen einher und auf die moralische Kitschkeule gegen Ende hätte man ebenfalls verzichten können. Dennoch ist es ein intensiver Sportfilm, der vor allem durch beeindruckende Darstellerleistungen und weniger durch ein verzichtbares Wiederkäuen der Wrestling-Thematik in Erinnerung bleiben wird.
Fazit: In "The Iron Claw" geht es weniger ums Wrestling, sondern viel mehr um eine Familie, die dem Sport so verfallen ist, dass sie den Rest um sich herum zu vergraulen drohen. Stark gespielt, mit Sensibilität inszeniert, dabei aber nicht ohne einige Längen und unnötige Kitsch-Momente, ist dies ein Sportfilm, der immer wieder auch unter die Haut geht.
Note: 3+
Kommentare
Kommentar veröffentlichen