"Der Richter" war ein Film, auf den ich lange gewartet habe. Nicht, weil er besonders aufsehenerregend oder gehypt worden war, sondern schlichtweg, weil mich das Gesamtpaket irgendwie angefixt hat, was heute nur noch recht selten in der Filmlandschaft passiert: Ich mag Justizthriller mit dramatischem Unterbau, ich mag im Grunde jeden Namen in der beeindruckenden Besetzung, ich mochte den vielversprechenden Trailer sehr, ich mag Kameramann Janusz Kaminski und Komponist Thomas Newman. Ich versprach mir also eine ganze Menge von diesem Justiz-Drama... und ich bin froh, dass der Film diesen Erwartungen locker standhalten konnte.
DER RICHTER
Als seine Mutter überraschend stirbt, lässt der egomanische Anwalt Hank Palmer (Robert Downey jr.) alles stehen und liegen und fährt zu seiner Familie. Zu keinem von ihnen hat er mittlerweile noch ein gutes Verhältnis, die meisten in dem Ort hat er seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen. Ganz besonders verkracht hat er sich mit seinem Vater Joseph Palmer (Robert Duvall), einem seit über vierzig Jahren arbeitenden Richter. Nach der Beerdigung kann Hank es also eigentlich kaum noch erwarten, sich wieder in den Flieger Richtung Heimat zu setzen. Doch dann ruft die Polizei an: Joseph wird des Mordes beschuldigt und ihm droht wegen erdrückender Beweislast womöglich eine lange Gefängnisstrafe. Hank bleibt, um das Schlimmste vielleicht noch zu verhindern...
Sicherlich könnte man "Der Richter" schon recht schnell eine gewisse Klischeehaftigkeit vorwerfen. Gerade die Nebenfiguren entstammen klar dem Baukasten für Klischees und es wird ebenso schnell klar, dass der Film versucht, mit recht einfachen und durchschaubaren Mitteln beim Zuschauer Emotionen hervorzurufen. Das sollte man ihm jedoch wirklich nicht zu dick ankreiden, denn lässt man sich ersteinmal auf dieses Spiel ein, wird man merken, wie gelungen er eigentlich ist. Auch wenn einige Figuren zuerst ein wenig vorhersehbar geschrieben wirken, lässt sich nicht verhehlen, dass ihnen im weiteren Verlauf so einiges an Tiefe zugestanden wird. Im Mittelpunkt steht dabei natürlich die komplizierte Beziehung zwischen Vater und Sohn, doch auch die Subplots, in welchen noch andere Charaktere zum Zuge kommen, sind wunderbar ausgearbeitet. Glatt so wunderbar, dass sogar die Nebenhandlung rund um eine alte Flamme Hanks, welcher er in seiner Heimat wiedertrifft, sehr passend und keinesfalls aufgesetzt wirkt, obwohl der Film diese Geschichte im Grunde gar nicht gebraucht hätte, um in seiner Handlung voranzuschreiten. Der clevere Mix aus hartem Drama, recht lockerer Komödie und intensivem Justiz-Thriller mag dem ein oder anderen dabei ein wenig seltsam erscheinen, aber Regisseur David Dobkin schafft es, all diese Gefühlspartien zu einem rundum gelungenen Gesamtwerk zu verbinden. Die heiteren Gags, die natürlich besonders in der ersten Hälfte ein mal wieder famos sprücheklopfender und egozentrischer, dabei immer wieder an seine Rolle Tony "Iron Man" Stark erinnernder Robert Downey Jr. hier an den Tag legen darf, laden mehrfach zum Schmunzeln und auch mal zum lauteren Lachen ein, die dramatischen Episoden, in welcher auch mal heftigere Wortgefechte fallen, werden davon jedoch niemals beeinträchtigt und verlieren nichts an Wirkung. Und auch die Szenen im Gericht sind, auch wenn sie natürlich ein wenig unrealistisch überdramatisiert werden, so hochspannend und in den starken Dialogen von so nervenzerfetzender Intensität, dass man seinen Blick kaum abwenden kann (was sicherlich auch an den wunderschön eingefangenen Bildern von Kameramann Janusz Kaminski liegt). Bis zum Ende entstehen dabei im Mittelteil zwar immer wieder ein paar kleine Längen, was für einen Film mit rund 140 Minuten aber auch keine Schande ist. Dafür lässt "Der Richter" sich angenehm viel Zeit, um seinen Charakteren in bewegenden Dialogszenen nahe zu kommen und hetzt nicht, wie viele andere Dramen, atemlos zu seinem Ziel, um den Zuschauer bloß nicht zu langweilen. Für die Star-Besetzung ist solch ein Film natürlich die perfekte Gelegenheit, um eine großartige Leistung zu vollbringen, also ist es nicht verwunderlich, dass alle Beteiligten diese zu nutzen wissen. Robert Duvall und Robert Downey Jr. sind in den Hauptrollen beide absolut grandios, schenken sich sowohl in den Wortgefechten als auch in den sentimental-aufrührenden Szenen nichts. Ebenfalls herausstechen können der große Billy Bob Thornton als Anwalt der Kläger-Seite, der in einigen Monologen auftrumpft, Vera Farmiga als gar nicht mal so einseitige Jugendliebe Hanks und Vincent D'onofrio als Hanks Bruder Glen. Fazit: "Der Richter" ist ein bewegendes, amüsierendes und hochspannendes Drama mit einer großartigen Besetzung und einer klugen, emotionalen Geschichte. Einigen kleinen Längen zum Trotz haben wir hier einen ganz starken Film, der verschiedene Genres zu einem stimmigen Ganzen verbinden und jegliche Emotionen ansprechen kann, wobei Lachen und Weinen nahe beieinander liegen.
Note: 2
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