Nachdem Ben Affleck sich mit mehreren Filmen zu Beginn der Jahrtausendwende bei den Kritikern lächerlich gemacht hatte, zog er sich für einige Jahre aus dem Filmgeschäft zurück, um 2007 dann zum ersten Mal seinen eigenen, inszenierten Film zu präsentieren: "Gone Baby Gone" kam dann auch ganz gut an und ermöglichte es Affleck, einen gewissen Ruf als Regisseur zu erhalten, der sich bis heute mehr als positiv entwickelt hat. Immerhin entstanden unter ihm klare Top-Werke wie "The Town" und Oscar-Preisträger "Argo"...
GONE BABY GONE
Patrick Kenzie (Casey Aflleck) und seine Freundin Angela Gennaro (Michelle Monaghan) arbeiten in Boston als Privatdetektive und beschäftigen sich dabei hauptsächlich mit Vermisstenfällen. Nun werden sie mit dem plötzlichen Verschwinden der vierjährigen Amanda McCready (Madeline O'Brien) beauftragt und arbeiten dabei mit der Polizei zusammen, wohnen den Ermittlungen bei. Die Spur führt sie schnell zu einem Verdächtigen, doch kurz darauf denkt Patrick um und erhält eine völlig neue Sichtweise auf den Fall. Wenig später passiert jedoch ein schreckliches Unglück und alle Hoffnung scheint verloren...
Als Regie-Debüt von Ben Affleck ist "Gone Baby Gone" sicherlich beeindruckend, denn mit einer überraschenden Konsequenz, Ernsthaftigkeit und einem starken Gespür für düstere Bilder zeigt sich, dass Affleck gerade hinter der Kamera einiges zu geben hat. Für den Film an sich gilt das jedoch nur teilweise, da dieser nicht nur bei genauerem Hinsehen mehrere Schwächen offenbart. Positiv zu benennen ist dabei sicherlich die an sich spannende Grundgeschichte, die auf dem Roman "Kein Kinderspiel" von Dennis Lehane beruht. Auch die namhafte Besetzung sticht mit einigen großen Namen positiv heraus und besonders Ed Harris, "Lost"-Bösewicht Titus Welliver und besonders die für diese Rolle oscarnominierte Amy Ryan als hilflose, fehlgeleitete Horror-Mutter sorgen mit ihren emotional kräftigen Performances für Gänsehaut. Im Gegensatz werden Michelle Monaghan und Morgan Freeman leider recht wenig gefordert, während sich Casey Affleck als Fehlbesetzung erweist: Bens jüngerer Bruder ist sicherlich ein guter Schauspieler, den knallharten Ermittler nimmt man dem durchgehend zu jung und zu brav aussehenden Mimen aber niemals ab, weswegen er immer so aussieht, als täte er ganz hart, ohne dies zu sein. Dies kann sogar ab und an für unfreiwillige Lacher sorgen, wenn Milchbubi Patrick sogar einen knallharten Gangster, der bereits die Waffe gezückt hat, zum Schweigen bringt. Hier beginnen dann auch die Schwächen des Films: Zuerst einmal fällt "Gone Baby Gone" nach einem flotten, spannenden Beginn im Mittelteil in ein recht langatmiges Loch und scheint die Kontrolle über seine recht vielschichtige, dabei aber auch hoffnungslos überfrachtete Story zu verlieren. Unglaublich viele Subplots werden aufgemacht, die gegen Ende für eine überraschende Wendung nach der anderen herhalten müssen. Diese sind wirklich clever konstruiert und sorgen dafür, dass die Zuschauer emotional, intellektuell und besonders moralisch gefordert werden und gewisse Dinge hinterfragen sollen. Dabei geraten viele der Charaktere jedoch auch auf unpassende, willkürliche Art und Weise extrem mehrdimensional, was für einige Fragezeichen und die Vermutung sorgt, dass einige der Wendungen nur um der Überraschung, nicht jedoch des Sinns wegen in den Film übertragen wurden. Denn nur durch dieses Hin und Her schafft es "Gone Baby Gone" auf seine beinahe zwei Stunden, obwohl der Film mit einem weitaus kräftigeren Ende auch schon nach 90 Minuten hätte zu Ende sein können, wobei gewisse Längen nicht ausgespart werden. Das ist etwas schade, denn so rudert dieser dramatische Thriller von Pontius zu Pilatus, überlädt seine emotionale Geschichte mit viel zu viel Wirrwarr und kann so nicht seine ganze Kraft entfalten. Fazit: Spannender und zum Nachdenken anregender Thriller, der jedoch durch zu viele Wendungen überfrachtet wird und dabei im Mittelteil einige böse Hänger hat. Hier wäre mit etwas weniger willkürlichem Hin und Her in der Erzählung noch mehr drin gewesen.
Note: 3-
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