Im Mai 1996 kamen während einer Besteigung des Mount Everest von mehreren Teams acht Menschen ums Leben. Eine vergleichsweise kleine Zahl, wenn man bedenkt, dass bereits weit über zweihundert Menschen auf und um den Everest herum zu Tode kamen... dennoch waren es noch nie so viele an einem Tag, weshalb diese Katastrophe in der Geschichte klar hervorsticht. Der Spielfilm "Everest" widmet sich diesen Ereignissen und versucht dabei, ein intensiver Abenteuer-Thriller und moralisches Charakter-Drama zugleich zu sein, was ihm leider zu selten gelingt...
EVEREST
Rob Hall (Jason Clarke) führt bereits seit langer Zeit Kunden auf den Mount Everest, um den Traum für sie wahrzumachen. Im letzten Jahr hat es jedoch wegen schweren Wetterbedingungen keines der Teams auf den Gipfel geschafft. Dies soll sich nun ändern, als sich vier Teams im Basislager einfinden, welche alle pünktlich am zehnten Mai auf dem Gipfel des höchsten Berges der Welt stehen möchten. Dabei geraten die Menschen jedoch in einen Sturm...
"Everest" bringt so einige Schwierigkeiten mit sich, die ein wirklich zufriedenstellendes Filmerlebnis verhindern. Zum einen wird dem Film seine überbordende Menge an Charakteren mit fortschreitender Dauer immer mehr zum Verhängnis. Über dreißig Menschen tummeln sich da im Basiscamp und auch wenn sich Regisseur Baltasar Kormakur redlich Mühe gibt, ihnen allen ein Gesicht zu geben, so fällt der Überblick spätestens ab dem Moment, wenn die Katastrophen auf dem Berg ihren Lauf nehmen, ziemlich schwer. Ausgestattet mit augenverdeckenden Schneebrillen und dick eingepackt ist es ohnehin schwer genug, auch die bekannten Gesichter zu erkennen, wenn sich im Chaos jedoch die Wege trennen, wird es schnell so gut wie unmöglich, zu erkennen, wer sich nun gerade wo in welcher Gefahr befindet. Nützlich ist es sicherlich, dabei viele bekannte Schauspieler am Start zu haben, damit die Orientierung zumindest etwas leichter fällt. Dabei ist es natürlich schade, dass renommierte Top-Stars wie Jake Gyllenhaal, Robin Wright und Elizabeth Debicki recht wenig zu tun bekommen, dafür macht das Spiel von den in weitaus größeren Rollen agierenden Jason Clarke, Josh Brolin, John Hawkes, Sam Worthington, Emily Watson und Michael Kelly jede Menge Freude, auch wenn im Grunde nur Brolin und Clarke so richtig gefordert werden. Eine Schlüsselrolle nimmt zudem noch "Fluch der Karibik"-Star Keira Knightley ein, die vor allem gegen Ende als zitternde, sorgenvolle Ehefrau zuhause für einige der emotionalsten Momente sorgt. Dies ist dann auch einer der wenigen Momente in einem recht hektischen und unausgegorenen letzten Akt, der so wirklich funktioniert: Denn nachdem man sich mit einer sehr langen, aber funktionierenden und atmosphärisch gelungenen Exposition aller Handlungsträger und der allgemeinen Bergsteiger-Situation, welche über die Hälfte des Films hinausgeht, von einer filmisch guten Seite zeigt, beginnt das Ding genau da zu bröckeln, wo es eigentlich losgehen sollte. Es ist zwar löblich, dass sich "Everest" nicht als krachender Actionfilm versteht, sondern die Gefahr, so wie es eben in der Realität auch geschah, eher durch die Kälte, die Hoffnungslosigkeit und das vergebliche Warten auf Rettung definiert. Leider versteht es der Film aber nicht, dabei das richtige Maß an emotionaler Involvierung und optischen Schauwerten zu finden. Richtig spektakuläre Bilder des Mount Everest bekommen wir kaum zu sehen (obwohl unter anderem an den originalen Schauplätzen gedreht wurde, weshalb solche Möglichkeiten bestanden hätten). Auch vermag der Film es nach der starken ersten Hälfte nicht mehr, das Interesse an den Figuren hochzuhalten, da die meisten von ihnen ohne großes Aufsehen einfach aus dem Film getilgt werden, was etwas schade ist. Zwar wird die Spannung bis zum etwas flott abgehandelten Finale ständig hochgehalten, da "Everest" jedoch recht willkürlich zwischen den einzelnen Teilnehmern hin und her switcht und die Übersicht dabei verloren geht, möchte sich die Intensivität nicht mehr ganz einstellen. Fazit: "Everest" beginnt sehr stark, um dann später nachzulassen. Das Abenteuer-Drama fernab der Popcorn-Unterhaltung bleibt zwar durchgehend spannend und hat jede Menge Top-Stars in kleinen und großen Rollen zu bieten, auf emotionaler Ebene bleibt er dabei jedoch unter seinen Möglichkeiten.
Note: 3
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