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Gangs of New York

Martin Scorsese und Leonardo DiCaprio... die beiden können wohl einfach nicht mehr ohne einander. Ist ja auch kein Problem, wenn dabei immer wieder so meisterhafte Filme herauskommen. Ihre erste Zusammenarbeit war das Historien-Epos "Gangs of New York" aus dem Jahr 2002, seit diesem Film drehte Scorsese jeden seiner Filme (mit Ausnahme des Familien-Abenteuers "Hugo Cabret") gemeinsam mit dem "Titanic"-Star. Und es tut ihnen gut, denn die beiden harmonieren nun mal einfach prächtig zusammen...

GANGS OF NEW YORK


New York, 1846: Während eines Bürgerkrieges treten die beiden verfeindeten Gangs "The Natives" und "Dead Rabbits" gegeneinander an. Dabei tötet William Cutting (Daniel Day-Lewis), Anführer der "Natives", Priest Vallon (Liam Neeson), Anführer der "Dead Rabbits", die sich für die Armen und Ausländer einsetzen. 16 Jahre später hat Cutting das Kommando über die Stadt übernommen. Zu diesem Zeitpunkt kehrt Vallons Sohn Amsterdam (Leonardo DiCaprio) aus einer langen Gefangenschaft in seine Heimat zurück. Sein Ziel: Rache für den Tod seines Vaters nehmen. Um dies zu bewerkstelligen, erschleicht er sich Cuttings Vertrauen...

"Gangs of New York" hatte eine bewegte Produktionsgeschichte. Das Budget explodierte, die Kinostarts wurden immer wieder verschoben und schließlich waren sogar die ersten Kritiken mies, da man das glorreiche Amerika hier von seiner dreckigsten Seite zeigt. Dafür ist Scorsese mit seinen Mafia-Dramen ja ohnehin bekannt, doch hier ermöglicht er uns einen neuen Blick auf das frühe Amerika... und dies erneut mit einem überbordenden Detailreichtum. Die Sets, die Kostüme, die Ausstattung, Scorsese hat sich redlich Mühe gegeben, das Amerika der 1860er wieder zum Leben zu erwecken und diese Mühe hat sich gelohnt: Es hört sich nicht nur so an wie die bürgerkriegsähnlichen Zustände, es sieht auch so aus, es fühlt sich sogar glatt so an. Dank dieser Detailverliebtheit wird man schnell in den Film hineingezogen und angesichts der herausragenden Optik und der grandiosen Arbeit von Kameramann Michael Ballhaus den Film kaum abwenden. Da hält die Geschichte dann leider nicht ganz mit: Im Kern handelt es sich da eben doch nur um eine recht simple Rache-Story, die hier eben auf satte 165 Minuten aufgeplustert wird. Trotz der gigantischen Schauwerte bleiben einige Längen da leider nicht aus, wenn sich Scorsese bisweilen in Wiederholungen und einigen Dialogen zu viel verzettelt. Langweilen tut er uns zwar nie, denn dafür gießt er zu viel Feuer ins Öl und lässt die Konflikte stets schön lodern, aber er braucht auch sehr lange, um seine Geschichte so zu erzählen. Da tut sich dann besonders der Romantik-Plot rund um Amsterdam und die Taschendiebin Jenny Everdeane etwas schwer, denn der wirkt im Gegensatz zu der packenden Rache-Geschichte doch ein wenig herzlos. Auf den Nebenschauplätzen spielen sich dabei die interessanteren Storys ab und auch der Hauptplot rund um den grausamen Diktator Bill "The Butcher" alias William Cutting ist stark vorgetragen, wenn er sich auch ab und zu etwas verzettelt und schließlich zu einem seltsam hastigen Schluss kommt, während eines zwar spektakulären, aber doch recht flotten Showdowns... bei all dem Vorgeplänkel hatte man da still und heimlich auf etwas Größeres gehofft. Dass die Schlachtengemälde bei aller Brutalität und Schonungslosigkeit dennoch meisterhaft eingefangen sind, steht jedoch außer Frage. Für die Schauspieler bleibt da natürlich auch abseits des Getümmels und des ständigen Totschlags Zeit zu glänzen. Cameron Diaz und Leonardo DiCaprio spielen weit mehr als souverän, auch wenn DiCaprio damals noch nicht die Klasse seiner heutigen Performances erreicht hatte. Sie stehen jedoch klar im Schatten eines schauerig-brillanten Daniel Day-Lewis, der seinen Bösewicht mit einer solchen Extravaganz, Undurchsichtigkeit, Grausamkeit und List spielt, dass es nur so eine Freude ist, ihm dabei zuzusehen. Jede Geste sitzt, jeder Blick hat Feuer... das ist wirklich großes Schauspiel. Für die Nebenrollen bleibt da leider weniger Platz, was gerade im Falle eines Brendan Gleeson schade ist, der hier viel zu wenig zu tun hat. Fazit: Reich bebildertes Epos mit einer starken Besetzung und wunderbarer Detailverliebtheit. Die Story verzettelt sich manchmal, aber in seinen besten Momenten ist es dann doch großes Kino, auch wenn Längen nicht ausbleiben.

Note: 3+


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