Na, das war ja schon mal keine üble Werbekampagne, mit der man "Blair Witch", das wirkliche, offizielle Sequel zum Mega-Horror-Hit "The Blair Witch Project" aus dem Jahr 1999, ankündigte. Denn der Streifen war monatelang nur als "The Woods" beworben, als wohl stinknormaler Found-Footage-Horror, nach welchem alle nach dem ersten Trailer aber schon ziemlich scharf waren. Erst während der US-Premiere enthüllte man das wahre Geheimnis des Films. Und auch wenn das natürlich keine qualitativen Pluspunkte garantiert, kreativ ist diese Herangehensweise ja wohl allemal...
BLAIR WITCH
Der Student James Donahue (James Allen McCune) entdeckt im Internet eine Aufnahme seiner vor vierzehn Jahren im Wald verloren gegangenen Schwester Heather und beschließt, in die Wälder, in der sich der Legende nach eine Hexe aufhalten soll, zu ziehen, um sie zu finden. Begleitet von einigen Freunden, die ihre Erlebnisse mit Kameras dokumentieren wollen, brechen sie in die Wälder auf und erleben schon bald einen grausamen Schrecken: Aus Stöcken gebastelte Männchen hängen über den Zelten, grauenvolle Geräusche durchbrechen die Nacht und dann verschwindet sogar einer der Gruppe zwischen den Bäumen...
Ich bin kein großer Fan des Originals, welches damals Ende der Neunziger die Massen schockte. Als ich "The Balir Witch Project" damals zum ersten Mal sah, habe ich mich zwar auch sehr gegruselt, heute ist dasd Found-Footage-Werk (das erste überhaupt) allerdings in der Masse auch nicht mehr viel Wert und trotz einer netten Atmosphäre passiert einfach viel zu wenig. Den vollkommen schwachsinnigen zweiten Teil habe ich, zur Vorbereitung auf "Blair Witch", nach der Hälfte abgebrochen und mir nur noch die Wikipedia-Zusammenfassung durchgelesen, um auf der Höhe zu sein, falls der neue Film tatsächlich noch auf dieses grausame Werk anspielen möchte... das hat er aber nicht getan und ist somit (zum Glück) ein reines Sequel des ersten Teils, welches die Geschehnisse rund um Heather und die Blair-Hexe wieder aufgreift.
Und als reine Fortsetzung schlägt sich der Film dann tatsächlich mehr als ordentlich, da er das Beste aus beiden Welten aufgreift und zu einem Päckchen zusammenschnürt. Die unwohle Atmosphäre des Originals hat es mit herübergeschafft, um mit dem Zeitgeist zu gehen, haben die Macher jedoch zum Glück erkannt, dass es 2016 nicht mehr reicht, eine Gruppe Jugendlicher durch Wälder zu schicken und sie bei jedem Geräusch herumschreien zu lassen. Dementsprechend passiert hier besonders in der zweiten Filmhälfte viel mehr, während die ersten gut vierzig Minuten im wesentlichen dazu dienen, die sechs Charaktere vorzustellen und sie schon mal über einige kleine Hinweise stolpern zu lassen. Dass man nicht sofort nach den ersten Minuten mit dem Schrecken durch die Tür fällt, ist der Atmosphäre dabei sehr dienlich. So werden die Schocks erst sehr langsam und mit fortschreitender Dauer größer und der Schrecken während der letzten halben Stunde lässt uns dann doch ordentlich schwitzen... was nur gelingt, da man das Konstrukt vorher sehr solide aufgebaut hat.
Inszenatorisch ist "Blair Witch" ebenfalls gelungen, durch mehrere Kameras und nette Ideen wie dem Einbauen einer Drohne können einige atmospärische Schauer-Szenen gestaltet werden, der Ton kracht wie sich das in einem guten Horrorfilm gehört und sogar die Darsteller wissen zu überzeugen, wirken stellenweise verdammt nah wie am echten Leben. Hier ist man qualitativ meilenweit entfernt von den quälenden, sehr anstrengenden Dauerkonflikten des Vorgängers. Natürlich werden hier keine tiefgründigen Figuren erschaffen und man greift dafür gerne auch mal tiefer in die Klischee-Schublade, innerhalb des Genres ist das aber dennoch alles sehr ordentlich.
Was man "Blair Witch" jedoch trotz gelungener Atmosphäre, heftigen Schockeffekten und einem hochspannenden Herzschlag-Finale vorwerfen muss, ist, dass eigene Ideen sträflich vermisst werden. Stellenweise wähnt man sich hier anhand des Story-Aufbaus schon in einem Remake des ersten Teils, dementsprechend bleiben Überraschungen aus und man beugt sich den Bekanntheiten des Genres, inklusive eines eher mauen Endes, welches einige enttäuschte Gesichter zurücklassen wird. Hätte man den letzten Kick in Form einiger neuer Ideen geliefert und nicht so sträflich an Altbekanntem festgehalten, wäre hier sicherlich auch noch eine bessere Note bei herumgekommen.
Fazit: "Blair Witch" ist ein atmosphärisch dichter Horrorschocker, der zwar nur Altbekanntes liefert und dem es an eigenen Ideen fehlt, der aber dennoch dank gut platzierter Schocker und überzeugender Darsteller wirklich nette Grusel-Unterhaltung liefert.
Note: 3+
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