"Martyrs" gilt als einer der krassesten und kontroversesten Horrorfilme der neueren Filmgeschichte. Eine Wertung kann ich, da ich den Film bis heute nicht gesehen habe (was ich aber dringend nachholen will), nicht abgeben, generell muss da aber ja irgendwie was dran sein... nur so lässt sich erklären, warum die Fangemeinde völlig aus dem Häuschen war, als man Pascal Laugiers neuesten Terrorschocker namens "Ghostland" 2018 in die Kinos brachte. Die Meinung war anschließend einstimmig: Der Film ist gut, aber nicht so gut wie erhofft. Dieser Meinung kann ich mich leider nicht anschließen, entpuppte sich "Ghostland" für mich doch als recht grobe Enttäuschung...
GHOSTLAND
Die zweifache Mutter Colleen (Mylene Farmer) bezieht mit ihren beiden Töchtern Beth (Crystal Reed) und Vera (Anastasia Phillips) das Haus ihrer verstorbenen Tante, irgendwo in der Einöde. Zwischen Beth und Vera herrscht Streit, da letztere ihrer Schwester aufgrund ihrer Vorliebe für harte Gruselgeschichten als Freak ansieht. Schon bald müssen die beiden jedoch zusammenhalten, als das finstere Haus noch in der Nacht des Einzugs von zwei entstellten Männern überfallen wird. Für die Familie beginnt ein Kampf ums Überleben...
Das ist eine sehr oberflächliche Beschreibung eines im Kern aber eben doch so simplen Plots, der dann nur durch einige Ideen von Regisseur Pascal Laugier auf Spielfilmlänge ausgewalzt wird. Wie der Hase hier läuft, ist nicht immer erkennbar und generell fährt man am besten, wenn man manch einen inszenatorischen und plottechnischen Kniff vor dem Ansehen des Films nicht kennt. Natürlich werde ich hier keine Wendungen verraten, wer dennoch vollkommen unvoreingenommen in das Werk eintauchen will, sollte die Kritik vielleicht später lesen, denn auf manch ein Detail sollte man doch eingehen... wenn auch so schwach wie möglich.
Macht man das so, so kann "Ghostland" zumindest auf inszenatorischer Ebene einiges an Kraft entfalten - der "Martyrs"-Regisseur lässt eine ganze Palette von vornehmlich psychischer Grausamkeit los, entfesselt kein Splatter-Fest, sondern eine reine Terror-Armada. Nichts für Zartbesaitete also, aber das dürfte schon vorab klar sein, weswegen man genauer hinschauen sollte, warum "Ghostland" denn darüber hinaus nicht wirklich überzeugt. Laugier verwirrt sein Publikum gerne, sodass eine Orientierung in der ersten Hälfte nicht immer leichtfällt - er spielt mit Schein und Sein und traut sich besonders im Hinblick auf manch ein recht heftiges, psychisches Getreibe der Antagonisten so einiges. Die FSK hat das wohl nur ab 16 Jahren durchgewunken, weil generell recht wenig Blut fließt, trotzdem schockt das hier manchmal mehr als ein gewöhnlicher Splatter, der mit viel Gedärm, aber wenig Terror aufwartet.
Doch am Ende ist auch das nicht alles und Laugiers Werk gleitet ihm später immer mehr aus den Händen. Er verliert die Charakterzeichnung seiner zuvor interessant gestalteten Figuren aus den Augen, für die Antagonisten hat er letztendlich nicht mehr als Geschreie und Gespuke übrig. Die Bösewichte sollen nur für Grauen sorgen, weil sie furchtbar aussehen und furchtbare Dinge tun, ihr Antrieb bleibt jedoch unklar. Das sorgt gegen Ende für ein wenig Spannung, aber wenig Schocks, da der Psychoterror doch eher oberflächlicher Natur bleibt: Die Inszenierung schießt aus allen Rohren, der Plot hält dabei kaum Schritt. Da kann Laugier noch so viele falsche Fährten legen, am Ende ist es eben doch ein recht geradliniger und einfacher Terror-Thriller nach altbekannte Muster, wobei auch viele Klischees mitgenommen werden. Verfolgungsjagden durchs Haus, Alpträume, Jumpscares, hässliche Fratzen, falsche Rettungen, gruselige Dinge, die letztendlich nicht gefährlich sind... ist alles drin, vieles davon sogar doppelt und dreifach. Für jemanden, der das Horrorgenre einst beinahe revolutioniert hat, ist das hier schon nah dran am altbekannten Genrestandard und geht einzig und allein in der psychischen Härte darüber hinaus.
Vielleicht wollte Laugier aber auch nur recht simpel provozieren, wie es zuletzt der harte Thriller "Knock Knock" tat... doch um das zu tun, muss man eben auch mal die Genre-Manirismen außer Kraft setzen und das gelingt nicht mit der Manipulation des Zuschauers, sondern mit Mut. Diesen beweist er in den wichtigen Ecken kaum und liefert dementsprechend nicht ab. Das ist schade, aber vielleicht klappt es ja beim nächsten Mal. Bis dahin schreibe ich mir also lieber zum fünften Mal "Martyrs" auf die Liste und hoffe, dass dieser mich nicht enttäuscht.
Fazit: Harter Terror-Thriller, der jedoch nur mit oberflächlichen Psycho-Elementen spielt und sich schließlich in den Klischees des Horrors verfängt. Inszenatorisch stark, aber in Sachen Plot merkwürdig schwach auf der Brust - so versiegt die Spannung und wird zu einem hektischen Treiben mit viel Boshaftigkeit und Lärm.
Note: 4
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