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Lady Bird

"Lady Bird" gilt als einer der besten Filme des Jahres 2017 und stand auf Kritikerlisten stets sehr weit oben. Bei der Oscarverleihung im Jahr 2018 war er jedoch einer der Verlierer und konnte bei fünf Nominierungen keinen der begehrten Preise gewinnen. Das schmälert natürlich nicht die Qualität des Films, der in sich perfektes Oscarmaterial abgibt: Ein Schauspielerfilm, eine Charaktergeschichte, ruhig und einfühlsam, ohne zu verkitschen. Tatsächlich hat Regisseurin Greta Gerwig tatsächlich ein beeindruckendes Werk gezaubert, welches sich dem Mainstream weitestgehend verweigert und somit nicht bei jedem auf Anklang stoßen wird...

LADY BIRD


Die siebzehnjährige Christine McPherson (Saoirse Ronan), die sich selbst "Lady Bird" nennt, lebt im Jahr 2002 in Sacramento und steckt mitten in der pubertären Selbstfindungsphase. Dabei rebelliert sie besonders gegen ihre strenge Mutter Marion (Laurie Metcalf), welche ihre Tochter aus Angst vor Übergriffen auf ein katholisches Mädchen-College brachte - dort fühlt sich Christine trotz der Nähe zu ihrer besten Freundin Julie (Beanie Feldstein) sehr unwohl. Mit der Zeit versucht sie, sich anders zu geben und aus den Konventionen auszubrechen, sammelt sexuelle Erfahrungen... und stößt die Menschen um sich herum mit ihrem Drang, sich beweisen zu müssen, mehr als einmal vor den Kopf.

Alles dreht sich um sie: Greta Gerwig selbst sagte in ihrem Debüt als Autorin und Regisseurin, dass es sich nicht um ein autobiografisches Werk handelt, dennoch fühlt sich "Lady Bird", der anderthalb Stunden lang beinahe pausenlos um seine titelgebende Protagonistin kreist, enorm persönlich an. Gerwig begeht nicht den Fehler, Christine als eine Art Sympathiefigur durch die Handlung stolpern zu lassen, sondern zeichnet sie menschlich, mit allen Fehlern, Idiotien und manchmal auch Bösartigkeiten, die ein junges Mädchen in der Selbstfindungsphase mit sich bringt. Sie ist sich selbst am nächsten und manchmal möchte man dieses intelligente, aber eben auch ziemlich gemeine Mädchen nur hassen. Und genau das steht diesem Film gut zu Gesicht, denn es vermenschlicht die Figur, lässt sie nicht wie eine stille Heldin ihres eigenen Werks stolzieren. Ebenso unaufgeregt und ohne Plattitüden erzählt Gerwig dann auch ihren ganzen Film - eine Handlung erfolgt nur durch Lady Bird selbst, der rote Faden ist damit ihre Selbstfindung. Einige Figuren verbringen Zeit mit ihr, sind jedoch nicht für immer da... so, wie es im echten Leben ebenfalls der Fall ist. Das beugt sich also nicht den Konventionen einer Mainstream-Erzählung und dementsprechend ist "Lady Bird" in seinem Plot auch nicht rund, will und soll das aber auch gar nicht sein. Man sollte den Film weniger als eine punktgenaue Erzählung als viel mehr ein Eintauchen in ein Leben sehen - vollgepackt mit Eindrücken, Erfahrungen, Konflikten, Trennungen und Herzschmerz. Christines Erlebnisse sind nicht besonders: Sie verliebt sich, streitet sich, sucht Anschluss, rebelliert, kämpft... und das alles so, wie es jedem von uns auch im echten Leben passieren könnte. Viele werden das langweilig finden, auf einen großen Knall (vergeblich) warten, aber diese haben dann auch die Essenz des Films nicht verstanden - eine trotz ihrer Ruhe temporeiche Aneinanderreihung von Lebensumständen. Ein zentraler Konflikt ist dabei der zwischen Mutter und Tochter, der ebenso klassisch wie unterhaltsam und bewegend daherkommt und ganz besonders von seinen beiden Darstellerinnen lebt. Saoirse Ronan erhielt mit gerade einmal dreiundzwanzig Jahren ihre bereits dritte Oscarnominierung (weitere Nominierungen gab es für ihre grandiose Nebenrolle in "Abbitte" und für den doch deutlich schwächeren "Brooklyn") - und das vollkommen zurecht, beherrscht sie den Film doch so ungekünstelt und echt, dass es eine wahre Freude ist, ihr in jedem Moment, ganz gleich ob komisch, anrührend oder gar poetisch, zuzusehen. Gegenüber steht dann die ebenfalls oscarnominierte Laurie Metcalf, die vergleichsweise weniger Leinwandzeit hat, diese aber dennoch kräftig und niemals effekthascherisch nutzt... und ihre letzte Szene ist schlichtweg ein Ausbund an emotionaler Macht, die tief ins Herz trifft. Aber auch die Männer machen in einem Film, der weitestgehend den herausragend aufspielenden Damen gehört, eine gute Figur: Timothee Chalamet hatte neben "Call Me By Your Name" hiermit gleich den zweiten Oscar-Film in einem Jahr im Gepäck, Lucas Hedges zeigt wiederholt, dass er zu den interessantesten und vielversprechendsten Jungdarstellern seiner Generation zählt... und "Homeland"-Star Tracy Letts hat als Vater der Protagonistin einige so wunderbar herzerwärmende und dennoch sehr ruhige und unaufgeregte Momente, dass man kaum den Blick von ihm wenden kann. Letzten Endes ist "Lady Bird" aber kein herausragender Film, dafür ist er schlichtweg zu sperrig und ein ganz besonderer Moment bleibt auch nicht hängen, ein etwas abruptes Ende fällt negativ auf. Trotzdem ist es ein Film, an den man sich erinnert... vor allem wegen der herausragenden Darsteller und einer Regie, die ihre Figuren respektiert und achtet, was man zu jeder Minute merkt.

Fazit: Herausragend gespielt und mit einer famosen Regie ausgestattet, die sich um Charaktere kümmert und diese nicht in einer Filmhandlung, sondern wie im echten Leben inszeniert. Nicht immer leichtfüßig, aber durchgehend echt und herzlich. Keine ganz leichte Kost, aber ein beachtenswertes Werk abseits der Konventionen.

Note: 2-


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