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Bohemian Rhapsody

Es scheint ein neuer Trend durch Hollywood zu gehen. Natürlich bleiben uns ständige Fortsetzungen, Remakes und Reboots zu bekannten Stoffen erhalten, aber mittlerweile geht der Wink auch hin zu Biopics von großen Musiklegenden. Sicher, auch die gabs schon immer, aber die gute alte Musikzeit im Kino wieder aufleben zu lassen, scheint mittlerweile vielen zu gefallen. Nächstes Jahr gibts ein Biopic zu Elton John, "Mamma Mia" ging in diesem Jahr erfolgreich in die zweite Hit-Runde... und auch "Bohemian Rhapsody" ist allerorts bereits jetzt ein unglaublicher Hit. Dieser erzählt die Geschichte rund um die Bildung der Popband Queen und auch das ereignisreiche Leben des umstrittenen Freddie Mercury...

BOHEMIAN RHAPSODY


Farrokh Bulsara (Rami Malek), der sich später Freddie Mercury nennen soll, arbeitet als Packer am Flughafen, als er eines abends in London die Wege von Roger Taylor (Ben Hardy), Brian May (Gwilym Lee) und John Deacon (John Mazzello) kreuzt. Deren zumeist in kleinen Pubs spielende Band sucht derzeit nach einem neuen Leadsänger... und findet diesen in Farrokh. Der Erfolg lässt, nachdem sich die drei Musiker auf die eigene Art ihres Neuzugangs einlassen konnten, nicht mehr lange auf sich warten und die vier erfinden sich unter den Namen "Queen" neu. Doch der Ruhm steigt insbesondere Freddie schon bald zu Kopf: Drogen, Alkohol, eine hochtrabende Persönlichkeit und besonders die Wirrungen durch seine eigene Sexualität lassen ihn kaputtgehen und gefährden dadurch nicht nur die Band, sondern gar sein eigenes Leben...

In den ersten Sekunden zeigt "Bohemian Rhapsody" schon einmal, wohin die Reise geht. Wir sehen die gigantische Bühne des Charity-Events "Live Aid", wir hören den Jubel, fühlen die Spannung eines bevorstehenden, gigantischen Auftritts... bevor es fünfzehn Jahre zurückgeht. An diesem Punkt folgt der Film dann den Regeln eines recht herkömmlichen Biopics, ohne in zu viele der gewohnten Fettnäpfchen zu treten. Viele Künstler-Biopics leiden ja besonders darunter, dass die Macher in der komprimierten Laufzeit möglichst viele Ecken und Stationen des Lebens mitnehmen wollen - oftmals wirkt die Geschichte dadurch sprunghaft, kann sich nicht richtig entfalten, wird faktisch. Dieses Problem besitzt "Bohemian Rhapsody" nicht, denn auch hier werden natürlich teils enorme Zeitsprünge vollführt, die man optisch nicht immer sieht (allenfalls an den veränderten Haarschnitten der Musiker), doch man nimmt sich dennoch genug Zeit für die Emotionen. 
Der Film konzentriert sich beinahe ausschließlich auf Mercury als Bezugsperson und nimmt dabei auch nicht alle Schlagzeilen mit, welche die Musiker-Legende in seinen fünfundvierzig Jahren Lebenszeit hervorbrachte. Stattdessen wirft man genaue Blicke in seine sexuelle Ausrichtung und seine enormen Beziehungskrisen sowie auf die Beziehung zu seinen Band-Kollegen, mit kleineren Ausflügen in seine Familiengeschichte. Das reicht dann auch schon für 140 Minuten, soll schließlich auch noch der Aufstieg der Band erzählt werden, Hintergründe über das Entstehen von Klassikern wie "We Will Rock You" oder eben "Bohemian Rhapsody" sowie einige schmissige Auftritte. 
Der Spagat zwischen leisem Charakterdrama und pompösem Rock-Kino gelingt dabei spielend, da man sich mit Mercury einen perfekten Zugang schafft. Er wird von "Mr. Robot"-Star Rami Malek nicht nur absolut herausragend gespielt (das könnte vielleicht sogar schon nach einem Oscar rufen, wenn auch nur mit Außenseiterchancen), sondern auch mit Gefühl geschrieben. Man spart die düsteren Seiten seiner Figur nicht aus, lässt ihn zu keinem bloßen Sympathen verkommen... und auch wenn man manch einen wirklich heftigen Ausbruch zugunsten des besseren Feelings ausgespart hat, entsteht der Eindruck, dass man Mercury hier zumindest teilweise auf die Schliche kommt. Es entsteht eine packende Atmosphäre, niemals kitschig, sondern stets genau auf den Punkt getroffen und trotz ein paar kleinerer Längen lebt der Film durch das intelligente Zusammenspiel seiner Figuren, geleitet durch ein Stück Musikgeschichte, welches hier entblättert wird. 
Großen Queen-Fans wird der Film dabei nichts wirklich Neues erzählen, dafür tut er das auf solch eine charmante, gefühlvolle und in den letzten Minuten schier aus allen Bahnen brechende Art und Weise, dass man nicht anders kann, als sich mitreißen zu lassen. Und für Fans der Musik gibt es genügend Schmankerl: Die Einblicke in die Tonstudios lassen nicht nur die Hits erklingen, sondern bringen auch humorvolle Einblicke in die Arbeit der Musiker, die ja sicherlich nicht gerade konventionell war. Und in den letzten zwanzig Minuten, wenn wir einem kompletten Konzert beiwohnen, ist Gänsehaut vorprogrammiert: Alle Handlungen kommen durch die Musik zu ihrem Klimax, Malek spielt und singt sich ein letztes Mal die Seele aus dem Leib und inszenatorisch ist das Konzert so episch, so allumfassend hervorragend dargestellt, dass es mir gar die Tränen in die Augen trieb... auch dank einer wahnsinnigen Vorarbeit, die diese Emotionen letztendlich erst möglich machten.

Fazit: Ganz starkes Biopic, von Rami Malek herausragend gespielt, mit Wucht, Gefühl und Witz inszeniert. Neue Informationen warten nicht, dafür aber ein intensiver und menschlicher Blick hinter die Kulissen, mit allen Formeln des Genres... nur eben mit mehr Zeit und weniger Hektik.

Note: 2







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