Direkt zum Hauptbereich

Like Crazy

Viele Schauspieler sterben jung, viel zu jung. Sie stehen gerade am Anfang einer grandiosen Karriere und werden plötzlich aus dem Leben gerissen... in vielen Fällen führt der Ruhm sie in einen Abgrund, aus dem sie nicht mehr entkommen können. Im Fall von Anton Yelchin, unter anderem bekannt aus den "Star Trek"-Reboots, ist es aber etwas anderes, fiel dieser im Jahr 2016 doch einem skurillen Unfall zum Opfer, dessen Wahrscheinlichkeit eigentlich gegen Null gehen müsste. Geschehen ist es dennoch und Hollywood verlor ein großes Talent, welches nicht nur in großen Blockbustern unterhielt, sondern gerade im kleinen Kino mit energetischen Leistungen zu begeistern wusste...

LIKE CRAZY


Anna (Felicity Jones) und Jacob (Anton Yelchin) lernen sich in Los Angeles am College kennen und verlieben sich schon während ihres ersten Dates ineinander. Ihre Beziehung erfährt kurz darauf mehr Höhen als Tiefen und es scheint, als wären die beiden füreinander geschaffen. Der Schock lauert jedoch in nächster Nähe: Als Anna von einem Urlaub aus London zurückgekehrt, wird ihr die Einreise in die Vereinigten Staaten verwehrt, da sie ihr Studentenvisum überschritten hat. Sie muss in England bleiben, was die Beziehung zu Jacob erschwert. Dieser besucht sie zwar so oft es ihm möglich ist, dennoch steht die junge Liebe nun vor einigen enormen Hürden...

"Like Crazy" ist kein Film fürs erste Date, kein romantischer Kitschstreifen, keine Ode an die unsterbliche, unbesiegbare Liebe. Generell geht der Film mit der Liebe, mit Beziehungen und mit dem Zusammensein zwischen Mann und Frau ebenso hart wie ehrlich ins Gericht und beschönigt nichts... und das, obwohl sich hier kaum angeschrien wird und manch ein Loch, in welches die Protagonisten hier mit der Zeit fallen, durch intime Ruhe und Leere ausgestrahlt wird. Es wäre zu viel, den Film in irgendeiner Art depressiv zu nennen, dennoch widersteht Regisseur Drake Doremus der Versuchung, dieses charmante und äußerst intelligente Pärchen in irgendeiner Art und Weise zu glorifizieren. 
Sie haben beide ihre unübersehbaren, stellenweise sogar ziemlich nervigen Macken, sie sind nicht perfekt... und ihre Beziehung ist es auch nicht. Gerade das macht aber den Charme dieses kleinen Indie-Films, der es in Deutschland nur zu einer Veröffentlichung auf dem Heimkinomarkt brachte, aus. Alles andere als perfekt und gerade deswegen so anziehend sind auch die Dialoge, welche die Protagonisten hier führen - diese sind nämlich über weite Strecken improvisiert, was ihnen viel Leben verleiht. Oftmals reden die Charaktere durcheinander, sie stottern, setzen neu an oder beenden ihre Sätze nicht konkret. Daran muss man sich erst einmal gewöhnen, trotzdem gewinnen diese ungeleckten, absolut ungeschliffenen Gespräche enorm an Schwung, sind sie doch menschlich und echt. 
Gewinnbringend ist dabei natürlich, dass die Chemie zwischen den Hauptdarstellern stimmt: Zwischen Anton Yelchin und "Star Wars"-Star Felicity Jones sprühen die Funken, ohne dass sie es genau darauf anlegen würden. Man könnte fast meinen, die beiden hätten sich vielleicht vor der Kamera wirklich ineinander verknallt, so echt und gleichzeitig unaufdringlich wirkt ihr Spiel. In einer prägnanten Nebenrolle ist übrigens auch die spätere Oscargewinnerin und "Tribute von Panem"-Star Jennifer Lawrence zu sehen und obwohl ihre Leinwandzeit absolut begrenzt ist, zeigt sie auch hier schon in kleinen Momenten, was für ein unfassbares Talent in ihr schlummert. 
All diese wunderbaren Einzelteile haben für mich aber noch keinen rundum überzeugenden Film gemacht, obwohl ich "Like Crazy" in seiner Gesamtheit gemocht habe. Die Unaufgeregtheit, die Stille, Ruhe und das Vermeiden von irgendwelchen überhöhten Konfliktsituationen, all das sorgt eben doch auch für ein paar kleine Längen und ab und an wünscht man sich, dass hier doch einmal jemand mit der Faust auf den Tisch schlagen würde. Besonders deswegen, da sich einige der Hürden hier doch im Kreis drehen und mit etwas mehr Stringenz schon früher aus der Welt zu schaffen gewesen wären. Aber vielleicht ist eben auch das menschlich - wir irren und wirren herum, mit der Lösung vor der Nase, aber dem Kopf in den Wolken. Das ist irgendwie süß, aber auch nicht immer zweckdienlich.

Fazit: Charmanter und ungemein ruhiger Film, der durch seine Protagonisten, die ungezwungenen Dialoge und das unaufgeregte Schauspiel lebt. In manchen Momenten vielleicht etwas zu entspannt, dafür aber ehrlich und menschlich. Kein Film der großen Worte, dafür aber der kleinen Gesten. 

Note: 3+




Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se