Es klingt eigentlich unglaublich, aber das hatten wir tatsächlich noch nicht: In der Filmgeschichte fehlte bislang tatsächlich ein Biopic über den Mann, der als erster den Mond betrat. Die vielleicht berühmteste Mission in der amerikanischen Geschichte fand zwar auch bereits seinen Stand in der Filmhistorie, aber Armstrongs Leben hat noch niemand auf die Leinwand gebracht... und das hat Damien Chazelle nun nachgeholt. Nach dem Oscarregen im Jahr 2017 hat er sich erneut mit seinem "La La Land"-Hauptdarsteller Ryan Gosling zusammengetan, um erneut die Kritiker aufjauchzen zu lassen. Diesmal ist ihm dies jedoch nicht so wirklich gelungen... obwohl er absolut das Beste aus seinen Möglichkeiten macht.
AUFBRUCH ZUM MOND
Besonders der Konkurrenzkampf gegen Russland spornt die USA dazu an, ihr Weltraumprogramm auf Vordermann zu bringen - Amerika will das Land sein, welches als erstes einen Mann auf den Mond schickt. Dies ist jedoch mit technischen Gefahren verbunden und Janet Armstrong (Claire Foy) wird genau deswegen schlichtweg wahnsinnig: Ihr Mann Neil (Ryan Gosling) könnte schon bald auf den Mond fliegen und macht ein ungemein gefährliches Training durch. Ihre Ehe leidet unter dem waghalsigen Perfektionismus, den Astronaut Neil anstrebt... selbst als Freunde von ihm auf der Arbeit ums Leben kommen, lässt er nicht locker. Das bringt ihn schließlich auch selbst in Gefahr und das nicht erst, als die Mondmission endlich an Fahrt gewinnt.
Es ist tatsächlich ein etwas schwieriges Thema und nach 140 Minuten, die man im Kinosessel verbringt und in denen man sich "Aufbruch zum Mond" ansieht, versteht man auch, warum andere Filmemacher bislang verzichteten, die Lebensgeschichte des wohl berühmtesten Astronauten aller Zeiten auf Film zu bannen. An Spektakel für einen Kinofilm mangelt es trotz des bekannten Ausgangs zwar nicht, doch die zwangsläufige Hauptfigur ist ein Problem - eines, welches man aufgrund der wahren Begebenheiten und mit dem Ziel, möglichst nah dran an der echten Geschichte zu bleiben, somit auch kaum umgehen kann.
Denn Armstrong war zu Lebzeiten ein Mensch, der nicht in sich hineinblicken ließ, der sich dem Presserummel entzog und im Grunde keine Gefühlsregungen beisteuerte. Ein Mann ohne Innenleben, so sah es von außen aus. Diesen nun zum Protagonisten und damit auch zum emotionalen Zentrum einer Geschichte zu machen, ist ebenso mutig wie schwierig und allein für den Versuch, dieser Aufgabe gerecht zu werden, hat Damien Chazelle unseren Respekt verdient - dass es ihm nicht gelungen ist, daraus einen guten Film zu machen, ist dementsprechend keine Überraschung. Denn so kühl und emotionslos Armstrong sich in der Öffentlichkeit zeigte, genauso ist auch "Aufbruch zum Mond" geworden: Ein tonal durchgehend gleichbleibendes Erlebnis, welches immer ganz nah an seinem Protagonisten dranbleibt, ohne diesen jedoch aufbrechen zu können.
Es gibt nur wenige Momente, in denen man Armstrong tatsächlich etwas fühlen sieht und diese sind rasch wieder vorbei - wir erfahren nur wenig mehr über den Mann, als wir bereits vorher wussten. Für die emotionaleren Momente ist daher dann auch "Unsane"-Star Claire Foy zuständig, trotzdem ist die nicht der Gefühlskern und das stellt den ganzen Film vor einige Probleme. Da Chazelle, und auch das muss man ihm hoch anrechnen, sich absolut dem Realismus verschrieben hat, schrieb er die Figuren nicht zugunsten eines besseren Gefühls für die Zuschauer um und belässt es bei der Wahrheit. Dementsprechend sind manche Momente spektakulär, doch Humor muss man beinahe mit der Lupe suchen und trotz dieser unglaublichen Mission gibt es keine Heldenmomente. Die Stimmung bleibt ruhig, beinahe depressiv und erlebt keine wirklichen Höhepunkte.
Chazelle inszeniert seinen Film gewohnt großartig, mit einer beweglichen Handkamera und einem ebenso simplen wie treffsicheren Soundtrack (erneut von "La La Land"-Komponist Justin Horwitz), doch der Geschichte muss er sich beugen. Dass ein Ryan Gosling natürlich die Idealbesetzung für einen Mann ist, der unter der Oberfläche brodelt, aber darüber hinaus nichts durchscheinen lässt, ist ebenfalls klar: Dementsprechend macht der "The Nice Guys"-Star dann auch einen herausragenden Job, der ihn aber wohl zum wiederholten Mal nicht zum Oscar führen wird, denn selbst für die Academy dürfte das wohl eine Spur zu nuanciert sein. Am Ende bleibt die Erkenntnis, dass Damien Chazelle wohl den besten Film gemacht hat, den man mit seiner Vision und seinem Ziel aus dem Material machen kann - es ist eben keine Geschichte für das große Kino, zumindest nicht auf diese Art und wird die Zuschauer genau deswegen sicherlich spalten. Selbst ich bin noch immer irgendwie zwiegespalten.
Fazit: "Aufbruch zum Mond" ist Neil Armstrong. Unterkühlt, tonal gleichbleibend, ohne herausstechende Merkmale, ein Mysterium. Grandios inszeniert und gespielt, emotional jedoch selten wirklich packend - somit das perfekte Ebenbild der Geschichte und absolut wahrheitsgetreu, aber natürlich kein wirklich guter Film.
Note: 3
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