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Das geheime Fenster

Ich habe so einiges von dem gelesen, was Stephen King verfasst hat, nur mit seinen Kurzgeschichten bin ich selten in Berührung gekommen. Mich fesselte sein Schrieb, wenn er in beinahe schon epischer Breite schrieb, mit Novellen kann ich jedoch weniger anfangen, sind sie mir doch zu schnell vorbei. Sicherlich sind diese auch großartig, trotzdem hat es mich bislang nicht gereizt, mich in eine seiner Kurzgeschichten erneut zu vertiefen. Aber ich sollte dem wohl doch mal eine Chance geben, denn manch eine Verfilmung deutet daraufhin, dass King auch in Kurzform packende Ware liefert - "Das geheime Fenster" beispielsweise ist kein perfekter Film, trifft atmosphärisch aber immer wieder voll ins Ziel.

DAS GEHEIME FENSTER


Sechs Monate ist es her, dass Schriftsteller Mort Rainey (Johnny Depp) seine Frau Amy (Maria Bello) in flagranti mit einem anderen Mann erwischte. Die beiden trennten sich, Mort zog in ein Haus abseits der Stadt, um dort an seinen neuesten Werken zu arbeiten. Noch immer gestresst von den privaten Unzulänglichkeiten und der bevorstehenden Scheidung kommt er jedoch nicht richtig voran... und als eines Tages ein Mann namens John Shooter (John Turturro) vor seiner Tür steht und ihn des Plagiats beschuldigt, ist das Chaos perfekt. Mort will den Mann zurückweisen, doch der gibt nicht so leicht auf und beginnt einen Psychoterror der sadistischen Art und Weise.

Für die Regie dieser Verfilmung einer Stephen-King-Novelle zeichnete hier David Koepp verantwortlich, der zuvor vordergründig als Drehbuchautor in Erscheinung getreten war (er lieferte unter anderem die Skripts zu Sam Raimis "Spider-Man" und zu Steven Spielbergs Abenteuer-Klassiker "Jurassic Park"), anschließend aber auch noch mehrere Male auf dem Regiestuhl Platz nahm, so elf Jahre später auch erneut an der Seite von Johnny Depp in der verhunzten Gauner-Komödie "Mortdecai"
Koepp schafft es dann auch, durch eine ebenso gemächliche wie treffsichere Inszenierung, das leise Grauen, welches hier erst langsam und dann mit voller Breitseite in die Geschichte einhält, eine schier schneidende Atmosphäre zu erschaffen. Er lässt sich Zeit, im Mittelteil auch zu viel Zeit, um seinen Hauptcharakter und dessen Konflikte aufzubauen und schließlich in langsamen Schritten ein Mysterium zu entfalten, bei welchem es durchaus Spaß macht, mitzurätseln. Getragen wird dieses durch einen perfekt besetzten Hauptdarsteller: Johnny Depp ringt einer Figur, die leicht in Klischee-Abgründe hätte abdriften können, immer wieder faszinierende Details ab und macht diesen Mort Rainey so zu einem komplexen Charakter, abseits der Genre-Konventionen und mit interessanten Eigenarten. Depp bewies hier nur ein Jahr nach dem Mega-Erfolg von "Fluch der Karibik", wie breit er im Charakterfach aufgestellt ist - die Komplexität seiner schwierig zu beleuchtenden Figur gleitet ihm nie aus den Händen. 
Den Gegenpart nimmt "The Big Lebowski"-Star John Turturro ein, der mit ungewohnter Diabolik agiert - der Rest des Casts, über Maria Bello als besorgte Ehefrau, "Alien"-Star Charles S. Dutton als nicht immer hilfreicher Anwalt und Timothy Hutton als neuer Freund von Morts Frau haben im direkten Vergleich wesentlich weniger zu tun. Depp stiehlt hier also allen die Schau, ohne die Bühne aber aufzufressen und das tut der ohnehin durchgehend angespannten und dennoch ruhigen Atmosphäre auch sehr gut. Nach einem starken Anfang lässt der Film aber dennoch nach, was besonders mit der einen, prägnanten Wendung zu tun hat, die die Handlung bestimmt. 
Nicht nur alte Filmhasen werden diese schon lange vor der Enthüllung enträtselt haben, da "Das geheime Fenster" aber bis zum Finale ein riesiges Geheimnis daraus macht, nimmt die Spannung mit der Zeit redlich ab. Es ist nicht schwer, die oftmals überdeutlichen Hinweise zu entschlüsseln, die man uns doch etwas zu stark entgegenschleudert, dementsprechend dürften nur wenigen die Kinnladen herunterfallen, wenn Koepp uns am Ende zeigt, was sich hier denn nun abgespielt hat - in Konkurrenz mit "The Sixth Sense" und Konsorten kann dieser Thriller dabei also keinesfalls treten. Immerhin sorgt er am Ende mit einer recht beachtlichen Konsequenz dafür, dass man das Werk auch nach dem Abspann noch nicht abgefertigt hat - an manch einem Handlungsumstand wird man sicherlich noch etwas länger kauen und das ist durchaus positiv gemeint. Aber auch genau das ist ja irgendwie genau im Stil von Stephen King, der es seinen Lesern eben auch nicht immer einfach machen will.

Fazit: Atmosphärischer Mystery-Thriller, dessen markante Wendung leider viel zu früh erraten werden wird, was viel Spannung kostet. Johnny Depp trägt den Film derweil mit einer nuancierten Performance, über manch eine Länge kann er aber nicht immer hinwegtrösten.

Note: 3




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